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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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verdreht und wieder reingedrückt. Sie schaffte es, weil sie sich dazu zwang, aber nur so eben.

    Die Ärztin trug die Art Brille, die Ed nicht leiden konnte, randlos und oval, und als sie aufblickte, lächelte sie nicht. Ed hätte sie am liebsten angeschrien. Ich bin in Untersuchungshaft, ich bin nicht verurteilt, lächel mich gefälligst an.
    »Guten Abend.«
    Ed antwortete nicht. Warum sollte sie?
    »Wie ich höre, sind Sie vorhin ohnmächtig geworden.«
    »So ähnlich.«
    »Na ja, man musste Ihnen aufhelfen.«
    »Es war heiß.«
    »Nimmt Sie so was für gewöhnlich mit – Hitze?«
    Ed zuckte die Schultern.
    »Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen?«
    »Teezeit.«
    »Wann waren Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt?«
    »Nie. Ich werde nie krank.«
    »Ah ja. Die Periode normal?«
    »Ja.«
    »Haben Sie im Moment Ihre Tage?«
    »Nein.«
    »Medizinisch war bei Ihrer Einlieferung alles in Ordnung, so wie es aussieht. Sie nehmen keine Medikamente. Gut, dann schauen wir uns das lieber mal an.«
    »Ich hatte den ganzen Tag Kopfschmerzen. Dagegen brauch ich was, sonst nichts.«
    »Ich werde Sie zuerst untersuchen. Starke Kopfschmerzen?«
    Ed zuckte die Schultern.
    »Haben Sie oft Kopfschmerzen?«
    »Nein. Ich sagte doch, es war heiß.«
    »In Ordnung. Gehen Sie hinter den Wandschirm und ziehen Sie sich bis auf BH und Unterhose aus, bitte.«
    »Ich hab gesagt, dass mir nichts fehlt und ich nicht herzukommen brauchte.«
    »Weigern Sie sich, sich auszuziehen?«
    »Ja.«
    Die Frau seufzte. »Na gut, aber ich muss Ihren Blutdruck messen. Niedriger Blutdruck kann zu Ohnmachten führen. Wäre das für Sie akzeptabel? Wenn ja, müssten Sie bitte Ihren Ärmel hochkrempeln.«
    Während sie die Manschette um Eds Arm aufpumpte, blickte die Ärztin aus dem Fenster.
    »Alles in Ordnung. Völlig normal. Legen Sie den Kopf zurück, ich möchte in Ihre Augen schauen.« Das Licht blendete. Der Schmerz im Kreuz war gleichmäßig und anhaltend und glühend heiß. Aber zumindest verdrehte sich der Schürhaken jetzt nicht mehr.
    Sie knipste die Taschenlampe aus. »Gut. Ich kann nichts Auffälliges finden.«
    »Wie gesagt. Es war heiß.«
    »Ja. Ich gebe Ihnen Paracetamol gegen die Kopfschmerzen. Trinken Sie viel Wasser. Dehydrierung nützt weder den Kopfschmerzen noch den Ohnmachtsgefühlen. Wenn es noch mal passiert, machen wir ein Blutbild.«
    Sie drückte an ihrem Schreibtisch auf den Knopf für die Wärterin. Wenigstens hatte die draußen gewartet. Ed folgte ihr hinaus.
    »Schönen Abend«, sagte die Ärztin. Es klang sarkastisch. Ed machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten.
    Der Rückweg war ein erneuter Alptraum. Schon beim ersten Schritt verdrehte sich der Schürhaken und bohrte sich in sie hinein. Die Ärztin hatte ihr vier Paracetamoltabletten gegeben, zwei für jetzt, zwei in vier Stunden, wenn es nötig war. Vier verdammte Tabletten. Sie brauchte vierzig für einen Schmerz wie diesen.
    »Wollen Sie sich den Film anschauen? Es gibt Notting Hill. «
    »Nein.«
    »Toller Film. Ich hab ihn schon dreimal gesehen.«
    Wie kann man bloß so blöd sein, dachte Ed. Sie mochte solche Filme nicht.
    Eine Erinnerung schlüpfte durch eine Seitentür in ihren Kopf, wie sie mit Kyra auf dem Sofa gesessen und sich James und der Riesenpfirsich angeschaut hatte. Den liebten sie beide. Kyra hatte ihn gleich noch mal sehen wollen, aber es war kein Video, daher war das natürlich nicht möglich gewesen. Alles war da, in allen Einzelheiten, in Farbe, das Zimmer, ihre Pflanzen auf der Fensterbank, der Wandschmuck, das Leder des Sofas, die Vorhänge, der Teppich, die Tapete. Kyra.
    »Hier sind Ihre Tabletten, nehmen Sie zwei, trinken Sie Wasser dazu. Und legen Sie sich am besten ein wenig hin.«
    Ed schluckte die weißen Pillen und trank zwei Becher Wasser. Sie schwitzte jetzt vor Schmerzen, und sobald sie die Tabletten geschluckt hatte, wurde ihr übel. Der Schmerz verstärkte sich. Selbst beim Hinlegen hatte sie das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Nach einer halben Stunde ebbte er nur am Rande ab, also nahm sie die dritte Tablette und schlief danach ein, bis jemand um ein Uhr morgens zu hämmern begann, mit irgendetwas Hartem und Schwerem gegen eine Tür, was ihr durch den Schädel und die Wirbelsäule hinunter ins Kreuz drang und dort weiterhämmerte.
    Sie nahm die vierte Tablette, aber zu jeder vollen Stunde wurde die Klappe geöffnet, um nach ihr zu schauen, wovon sie jedes Mal aufwachte. Erst in der Morgendämmerung ließ der Schmerz

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