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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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und gerufen haben, war da eine Männerstimme, die uns angebrüllt hat. Ich hab durch den Briefkastenschlitz gerufen … konnte nichts sehen – auf der Rückseite ist einer von diesen Filzstreifen angebracht –, aber er war im Flur. Brüllte, wir sollten gefälligst verschwinden.«
    »Wer ist er?«
    »Sagt er nicht.«
    »Verdammt. Was will er?«
    »Sagt er nicht.«
    »Wird vermutlich high sein, auf Drogen, ein schiefgelaufener Einbruch … Wie klingt er?«
    »Hat ’ne ganz nette Stimme – gebildet.«
    Nathan betrachtete den Bungalow. Gepflegt. Ruhig. Schön gelegen. Er hätte nichts dagegen, am Ende eines Gartens wie diesem zu wohnen, in einer Art blumenreicher Wildnis. Ein idealer Ort für eine Familie mit Kind.
    Das Haus sah leer und tot aus, die Vorhänge waren zugezogen, nichts rührte sich. Bloß war drinnen etwas passiert oder passierte noch. Da könnte ein Ermordeter liegen.
    »Wartet hier. Ich gehe zur Tür.«
    Die beiden Streifenpolizisten und Jenny Lyle blieben stehen, wie er angeordnet hatte. Nathan schlich den Pfad entlang. Die Stille war so tief, dass sie ihn ängstigte. Er sah Freya Graffham vor sich, wie sie auf dem Boden ihres Wohnzimmers gelegen hatte. Er hob den Türklopfer und senkte ihn, ein-, zweimal, nicht zu laut, nur so, wie ein Besucher anklopfen würde. Stille. Er klopfte wieder, hob die Briefkastenklappe und legte sein Ohr daran, hoffte verzweifelt, etwas zu hören, etwas Lebendiges. Nichts.
    Er klopfte erneut und wollte sich gerade abwenden, als eine Männerstimme von innen nahe der Tür sagte: »Verschwinden Sie.«
    »Ich bin DS Nathan Coates, Polizei Lafferton.«
    »Verschwinden Sie.«
    »Ich möchte kurz mit Ihnen sprechen, Sir, wenn ich hereinkommen darf.«
    »Bitte, verschwinden Sie.«
    »Nur um mich zu versichern, dass alles in Ordnung ist.«
    Schweigen.
    »Uns sind ungewöhnliche Geräusche gemeldet worden. Ich bin sicher, dass es nichts zu bedeuten hat. Wenn Sie nur eben mal die Tür öffnen würden.«
    »VERSCHWINDEN SIE. Wenn Sie noch mal anklopfen oder irgendwas anderes machen, werde ich sie umbringen, verstehen Sie? Sagen Sie mir bitte, ob Sie gehört haben, was ich gesagt habe.«
    Schweigen.
    »Ich … habe es gehört.«
    »Dann sagen Sie, ob Sie es verstehen.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich habe gesagt, ich werde sie umbringen. Ich habe ein Messer, ein sehr langes, sehr scharfes Küchenmesser, und ich schneide ihr die Kehle durch. Wenn Sie nicht VERSCHWINDEN.«
    Nathan zog sich von der Tür zurück, drehte sich um und rannte den Gartenpfad entlang zu den anderen.
    »Wir müssen außer Hörweite, kommt.«
    Sie folgten ihm zur Vorderfront des Haupthauses.
    »Er hat ein Messer … und er hat jemanden bei sich, eine Frau.«
    »Sind Sie sicher, Sarge?«
    »Ja, und selbst wenn ich nicht hundertprozentig sicher wäre, dürfen wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir brauchen Verstärkung.«
    Er drückte die Tasten auf seinem Handy.

    Eine Viertelstunde später war der Hof voller Streifenwagen. Der Superintendent von Lafferton hatte das Kommando, Simon Serrailler bereitete sich auf die Verhandlungen vor. Alle anderen waren um sie versammelt.
    »Ich möchte, dass die Sache ohne großes Aufsehen vor sich geht«, sagte der Superintendent, »und hoffentlich können wir es schnell lösen. Wir haben keine Ahnung, was dieser Mann will oder zu erreichen hofft, ob er geistig gesund ist oder unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol steht. Soweit wir wissen, verfügt er nicht über eine Schusswaffe. Wir wissen, dass er eine Frau in seiner Gewalt hat, aber wir wissen nicht, ob noch andere beteiligt sind. In diesem Stadium brauchen wir noch keine Funkgeräte oder Sprechfunkverbindungen. Wir halten uns zurück und bleiben ruhig. Simon? Hoffen wir, dass sich das alles auflöst, bevor es begonnen hat.«
    Simon ging vorsichtig auf den Bungalow zu. Es war ein friedlicher, warmer, sonniger Nachmittag. Bienen summten um das Geißblatt und die Rosen, ein Schmetterling saß auf dem Spalier. Der Kontrast zwischen dem hier und dem stürmischen, dräuenden Yorkshire-Nachmittag am Meer war gewaltig, aber Simon hatte dasselbe Gefühl, wieder mittendrin im Geschehen zu sein, in einem Zustand erhöhter Wachsamkeit. Er hatte eine Ausbildung als Unterhändler gemacht und den einwöchigen Intensivkurs faszinierend gefunden; seither hatte er sich gewünscht, zu einer großangelegten Geiselnahme hinzugerufen zu werden, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Diese Nachmittagsübung erschien

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