Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
machen. Aber dann wird alles neu gemischt, und womit hat man das verdient? Sie verdiente Dougie nicht.
»Ich wünschte mir nur …«
Er senkte die Teetasse. Am Klang ihrer Stimme erkannte er, um was es ihr ging.
»Das braucht Zeit«, sagte er, wie er es immer tat.
»Aber wie viel Zeit? Wenn sie sich die Mühe machten, dich kennenzulernen, wäre alles in Ordnung.«
Er musste es satthaben, sie ständig zu beruhigen, sie immer wieder aufzufordern, es aus der Sicht der Mädchen zu betrachten, es positiv zu sehen, ihnen Zeit zu geben.
»Was möchtest du morgen machen? Einen Ausflug?«
»Du …«
»Nein«, unterbrach Eileen. »Du. Du lässt mir immer die Wahl, jetzt bist du dran.«
Er wandte den Kopf ab und sah hinaus auf die Bucht. Schließlich erwiderte er, wie ein kleiner Junge, der sich etwas wünscht und befürchtet, es nicht zu bekommen: »Dann sag ich dir was.«
»Na los.«
»Ich würde viel dafür geben, mit einem Boot rauszufahren.«
Dreißig
E in Vogel machte ein irritierendes Geräusch direkt vor dem Fenster, kein Gesang, ein regelmäßiges, hohes Geräusch, das keinem Vogel glich, den Serrailler kannte.
Mit einem Ruck wurde er wach, fand zu seinem Schreck jemanden neben sich im Bett liegen, und sein Handy piepte. Der Radiowecker des Hotels zeigte zwanzig nach sieben. »Serrailler.«
»Chef? Ich war mir nicht sicher, um welche Zeit ich Sie wecken könnte …«
Simon setzte sich auf. Diana bewegte sich und drehte sich um. »Ist schon gut. Was gibt’s, Nathan?«
»Ich weiß, dass Sie Urlaub haben, nur wir haben sie. Jetzt ist sie dran.«
Simon pfiff. »Die Spurensicherung?«
»Ja. Kam gestern spätabends durch, ich hab versucht, Sie zu erreichen …«
»Was haben wir?«
»David Angus.«
»O Gott.«
»Zwei Haare.«
»Im dem Haus?«
»Nein, im Auto. Kofferraum.«
Simon verdrängte das Bild, das ihm vor Augen kam. »Ist das alles?«
»Nein. Da ist noch was … Fingernagel … nicht von David, nicht von Scott, nicht von dem kleinen Mädchen … Sie haben noch keine Übereinstimmung.«
»Also noch ein anderes Kind?«
»Sieht so aus.«
»Himmel. O lieber Himmel. War schon jemand bei Marilyn Angus?«
»Bisher nicht.«
»Dann lassen Sie’s. Das ist meine Sache.«
»Geht klar, Chef.«
»Ich bin in zwei Stunden da. Niemand sonst soll das in die Hand nehmen, klar?«
»Verstanden.«
Simon beugte sich vor, Knie angewinkelt, Kopf gesenkt. Das war die beste Nachricht. Genau das, was sie wollten. Wofür sie alle gearbeitet und worum sie gebetet hatten. Damit war Ed Sleightholme dran. Der Rest würde folgen, das wäre nur eine Frage der Zeit. Wie viele da auch sein mochten.
Aber damit erlosch auch der letzte Hoffnungsfunke. Für Marilyn Angus, für andere Eltern, Gott allein wusste, für wie viele, für jeden im Land, der gewacht und gebetet hatte, hoffnungslos und doch immer voller Hoffnung, dass irgendwie, irgendwo David Angus und das andere Kind, oder die anderen Kinder, lebend gefunden werden würden.
Simons Kehle wurde trocken.
»Liebling?« Diana streckte die Hand aus und streichelte seine Schulter.
Er reagierte nicht und schlug nach ein paar Sekunden die Decke zurück. »Ich muss nach Lafferton.«
»Warum? Du hast doch eine Woche Urlaub.«
»Das war mein Sergeant.« Er ging ins Bad, schloss die Tür ab und drehte den Duschstrahl auf hart.
Zehn Minuten später war er angekleidet, hatte das Haar grob trockengerubbelt und packte seine Sachen in die Reisetasche.
Diana saß am Bettrand. »Kommst du heute Abend nach London zurück?«
»Das glaube ich eher nicht.«
»Morgen? Wie lange wird es dauern?«
Er zuckte die Schultern, steckte den Fotoapparat in die Seitentasche.
»Kann ich mitkommen?«
»Nein … tut mir leid, das geht nicht, es kann sein, dass ich gleich wieder los muss.«
»Dann …«
»Muss ich möglicherweise wieder nach Yorkshire hoch.«
»Geht es um die Frau aus der Zeitung? Die mit dem kleinen Mädchen im Kofferraum ihres Wagens?«
»Du brauchst dich nicht zu beeilen, bestell dir Frühstück, lass dir Zeit.«
»Wann sehe ich dich wieder?«
Er wollte sie nicht anschauen, weil er sich schämte und wütend, wütend auf sie war. Wütend. Ihre Hand streckte sich nach ihm aus. Er betrachtete die Hand, berührte sie aber nicht.
»Verstehe«, sagte Diana.
»So ist es nun mal. Das solltest du inzwischen wissen.«
Sie antwortete nicht.
»So ist das Polizistenleben.«
»Nein. So bist du. «
Er griff nach der Reisetasche und ging.
Erst auf der Autobahn,
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