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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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als er London hinter sich gelassen hatte, erlaubte er sich, darüber nachzudenken, was passiert war. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Warum war er mit Diana Essen gegangen? Und vor allem, warum hatte er so träge der Versuchung nachgegeben, sie mit ins Hotel und in sein Bett zu nehmen? So hatten sie es früher immer gehandhabt, und er hatte sich so mühsam davon freigekämpft. Er verwünschte sich und fluchte weiter, fuhr immer schneller. Dann verdrängte er Diana und alles, was in London passiert war, aus seinem Kopf und dachte an Ed Sleightholme.
    Nach einer Stunde Fahrt musste er tanken und kaufte in der Tankstelle Zeitungen und Kaffee. Er bezahlte gerade, als sein Handy klingelte.
    »Liebling?«
    »Entschuldige, kann ich dich zurückrufen?«
    »Ich wollte nur deine Stimme hören. Ich wünschte, du hättest bleiben können.«
    Während er sich mit seiner Tasse durch den engen Spalt zwischen den Tischen hindurchmanövrierte, fiel Simon das Handy aus der Hand und schlitterte über den Boden. Bis er es wiedergefunden hatte und sich setzte, war die Leitung tot.
    Er rief auf dem Revier an, überprüfte, ob Nathan weitere Neuigkeiten hatte, und teilte ihm mit, er werde das Handy bis zu seiner Ankunft ausschalten.
    »In Ordnung, Chef, denn eigentlich haben Sie ja Urlaub.«
    »Ich möchte nachdenken. Es wird ja nichts geben, das nicht warten kann.«
    In den Zeitungen stand nichts Neues. Das passte ihm gut. Er überflog die restlichen Nachrichten und trank seinen Kaffee aus. Vom Auto rief er bei der Kripo von Yorkshire an, aber Jim Chapman war nicht im Haus.
    Simons Gedanken kreisten um den Fall. Sie hatten eine Lösung. Sie hatten die Mörderin und die Beweise, um sie in mindestens zwei Fällen anzuklagen. Er hätte erfreut sein sollen, empfand aber keinerlei Freude, nur eine grimmige Befriedigung darüber, dass die kleine, dunkelhaarige Frau, die er über den Klippenpfad verfolgt und mit der er auf dem schmalen Felsvorsprung über dem Meer gehockt hatte, lebenslang ins Gefängnis gehen würde. Aber da musste noch mehr sein. Er musste das Warum begreifen. Was für eine Art Mensch war sie, was war ihr Leben lang in ihr vorgegangen? Sie würde als verrückt abgestempelt werden, doch so hatte Ed Sleightholme nicht auf ihn gewirkt. Simon war Verrückten begegnet und hatte sie bedauert, wobei es ihm nicht gelungen war, auf irgendeiner Ebene, die sie begriffen, mit einem von ihnen Verbindung aufzunehmen. »Verrückt« war eine einfache Erklärung, und es war die falsche. Aber was war an einer Frau wie Ed geistig gesund?
    Er versuchte das Rätsel zu lösen, wälzte es auf dem größten Teil der Heimfahrt im Kopf hin und her. Konzentrierte sich darauf. Auf diese Weise vermied er, an Diana zu denken.

    Die Einsatzzentrale summte, als er hereinkam, um nach Nathan zu suchen. Die Atmosphäre hatte sich verändert. Erleichterung lag in der Luft. Sie hatten ein Ergebnis.
    »Ist Nathan nicht da?«
    »Nein, Chef, der DI wollte ihn bei einem Einsatz in Starly haben … Irgend so ein Irrer, der Drohungen aufhängt.«
    »Aufhängt?«
    »Ja, an Anschlagtafeln, Schaufenstern … ziemlich ätzend. Übrigens, haben Sie diese Woche nicht Urlaub, Chef?«
    »Sie haben mich nicht gesehen.«
    Er ging in sein Büro. Das Team schien mit neuen Fällen beschäftigt zu sein, war zu anderem übergegangen. Was hatte er erwartet? Warum war er überhaupt zurückgekommen?
    Er setzte sich an seinen Schreibtisch, las den Bericht der Spurensicherung und blickte dann mehrere Minuten lang aus dem Fenster. Die Gesichter der ermordeten Kinder, wie sie überall auf Plakaten zu sehen gewesen waren, brannten sich in sein Hirn. Kleine Körper, kleine Leben, ausgelöscht, um den Drang einer Frau zu befriedigen, die völlig normal aussah, wie jeder andere sprach, in keiner Menschenmenge auffallen würde, eine Frau, die in einem ordentlichen Haus lebte und Nachbarn hatte, einschließlich eines kleinen Mädchens, das sie gerne besuchen kam. Er war oft genug psychopathischen Mördern begegnet und wusste, dass sie irgendwo in sich selbst keine Verbindung hatten zu anderen menschlichen Wesen, für andere Menschen nicht erkennbar waren, in der Art ihrer Begierde und ohne Hemmung, diese zu befriedigen, in ihrer Konzentration und Egozentrik, ihrer Gerissenheit und Hinterhältigkeit, ihrem Mangel an Gewissen, Emotion, Mitgefühl, Vorstellungskraft. Aber die Ed Sleightholmes dieser Welt waren nicht verrückt, nicht in dem Sinne, dass sie nicht zurechtkamen, keinen Beruf

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