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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Spuren von Codein in Kristina Kellers Blut gefunden. Auch diese Substanz wurde gelegentlich als Droge missbraucht, war früher sogar ein beliebtes Ersatzmittel gewesen, das Heroinsüchtigen vom Arzt verschrieben wurde. Andererseits befand es sich als Wirkstoff in einer Reihe von harmlosen Hustenmedikamenten. Das musste also nichts bedeuten. Zumal die Menge in Kristinas Blut offenbar äußerst gering gewesen war.
    Chris warf einen Blick in seinen Becher und stellte fest, dass er schon wieder leer war. Er überlegte, ob es sich lohnte, noch einmal neuen Kaffee aufzusetzen. Eigentlich könnte er sich allmählich auf den Heimweg machen. Aber der Fall hatte ihn wider Erwarten gepackt. Es war nicht nur die Ablenkung, die er ihm verschaffte, die vielen Stunden, in denen er nicht dazu kam, an sein eigenes Leid zu denken. Es war mehr als das. Die Arbeit erfüllte ihn mit Befriedigung, nicht so wie früher, aber mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Sie gab ihm ein Stück seines alten Lebens zurück, seiner Würde und seiner Selbstachtung. Er stand auf, den Kaffeebecher in der Hand.
    In dem Augenblick stieß Lydia die Tür auf und trat ein. Sie war beim Staatsanwalt gewesen, um Bericht zu erstatten. Die Ärmel ihres obligatorischen Strickpullis waren hochgeschoben, ihr Gesicht strahlte einen eigenartig grimmigen Tatendrang aus.
    »Komm mit, Salomon, es gibt Arbeit«, rief sie, schnappte sich ihren Parka und griff nach der Dienstwaffe, die auf dem Schreibtisch lag.
    Verärgert blickte er sie an. Mittlerweile machte er sich nichts mehr aus ihrer ruppigen Art und ihrer nervigen Angewohnheit, ihn immer nur häppchenweise zu informieren. Aber diesmal hatte sie den falschen Zeitpunkt erwischt.
    »Jetzt noch?«, murrte er. »Ich dachte, wir könnten langsam Schluss machen für heute. Ich bin seit sechs Uhr auf den Beinen. Ich kann schon gar nicht mehr richtig geradeaus gucken. Was immer es ist, kann es nicht bis morgen warten?«
    »Ich fürchte, nein.« Lydia verzog das Gesicht. »Du hattest leider recht.«
    »Womit?«
    »Der Serienkiller. Das war doch deine Idee, oder?«
    Erschrocken starrte er sie an. »Es gibt ein weiteres Opfer?«
    »Sieht so aus.«
    Unwillkürlich dachte er an die verschwundene Ellen Dankert. »Ist die Identität bekannt?«
    Lydia zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Fest steht nur, dass unser Steinfetischist wieder zugeschlagen hat. Und zwar im Zoopark.«
    »Im Zoopark?« Chris war jetzt hellwach. »Du meinst, der Kerl hat eine Frau im Zoopark gesteinigt?«
    Lydia nickte. »Sieht ganz so aus.«
    »Das ist ja Wahnsinn! Der Park ist winzig und rund herum stehen Wohnhäuser. Hat irgendwer etwas ge-sehen?«
    Sie knallten die Bürotür hinter sich zu. »Gemeldet hat sich nur der Mann, der die Leiche gefunden hat«, erklärte Lydia, während sie vor Chris die Treppe hinunterrannte.
    »Sonst keine Zeugen?« Chris konnte es nicht fassen. Der Zoopark war kaum größer als ein gewöhnlicher Häuserblock, wenig bewachsen, viel freie Fläche. Und er lag mitten in der Stadt. Es musste Zeugen geben.
    Lydia blieb an der Eingangstür kurz stehen und drehte sich um. »Du kennst doch diese drei Affen.«
    »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen?«
    »Genau die. Eigentlich sind es keine Affen«, sagte sie mit grimmigem Gesicht. »Es sind anständige Bürger.«
    Lydia bretterte wie üblich durch den Stadtverkehr. Die Sonne war bereits hinter den Häusern verschwunden, es war ein kühler Abend.
    »Da haben die anständigen Bürger etwas mit den weniger anständigen gemeinsam«, murmelte Chris nachdenklich.
    »Was?« Lydia warf ihm einen verständnislosen Blick zu.
    »Die drei Affen«, erklärte er. »Die werden durch die drei Punkte symbolisiert, die Häftlinge sich zwischen Daumen und Zeigefinger tätowieren lassen. Die hast du doch bestimmt schon mal gesehen.«
    »Häufiger, als mir lieb ist.«
    »Die Punkte stehen für die drei Affen und bedeuten, dass man sich gegenseitig nicht verpfeift.«
    »Ja, ich weiß. Ist ja auch eine Form von Spießertum und Feigheit. In einer Parallelgesellschaft eben.«
    Chris sah sie überrascht an. »Meinst du wirklich?«
    Lydia schnaubte und knallte den dritten Gang rein. »Ich bin Polizeibeamtin, ich habe keine Meinung. Ich vertrete das Gesetz.«
    Chris lachte auf, doch die Antwort, die ihm auf der Zunge lag, blieb ihm im Hals stecken, als sie in die Graf-Recke-Straße bogen. Hinter der Polizeiabsperrung, mit der ein großer Teil des Zooparks abgeriegelt war, versuchten Schaulustige einen

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