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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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was?«
    »Dankerts Wagen. Er war ganz schlammig. So, als wäre er durch die Pampa gefahren.«
    »Oder durch den Wald.«
    »Genau.«
    »Vielleicht hat er seine Frau gesucht«, meinte Lydia.
    »Ja, vielleicht.« Salomon studierte immer noch seine Hände. »Wenn ein Mensch spurlos verschwindet, ist das die Hölle.«
    »Was?« Lydia sah ihn verdutzt an. »Wie meinst du das?«
    »Nur so.« Er winkte ab und blickte aus dem Seitenfenster. »Was hältst du von Dankert?«
    »Er hat uns nicht die ganze Wahrheit erzählt.«
    »Das glaube ich auch. Aber wieso?«
    »Ich habe einen Blick ins Wohnzimmer geworfen. Unter dem Sessel lag eine runde grüne Scherbe. Sah aus wie ein Flaschenboden.«
    »Kann passieren, dass einem eine Flasche unglücklich aus der Hand gleitet.«
    »Ja, kann.«
    Den Rest der Fahrt schwiegen sie.

15

    Sommer 1984
    Er malt mit Kerstin ein Bild. Erst hat er es allein versucht, aber Kerstin hat gelacht, als sie es gesehen hat, und es zerknüllt. »So ein furchtbares Gekrakel. Da kann man ja gar nichts erkennen. Ich zeige dir, wie es geht.«
    Jetzt führt sie sein Händchen. Sie malen eine Sonne, einen Baum und ein Haus. Sie malen Blumen vor das Haus. Eigentlich will er keine Blumen vor dem Haus haben. Blumen sind blöd und langweilig. Er will auch kein Haus und keine Sonne. Er will Monster malen. Riesige gefährliche Monster, die alles verschlingen. Er hat versucht, ein Monster zu malen. Er hat den schwarzen Wachsmalstift zerbrochen, so fest hat er ihn auf das Papier gedrückt. Das Monster war gruselig mit großen Augen und spitzen Zähnen. Und dann hat Kerstin es zerknüllt.
    Sie führt immer sein Händchen beim Malen. Weil er es noch nicht richtig kann. Aber manchmal malt er heimlich. Dort, wo niemand es sieht. Er nimmt den schwarzen Wachsmalstift und kriecht unter die Kommode. Er muss sich richtig darunterquetschen, alles ist voller Staubflocken. Er stellt sich vor, wie er sich durch einen Schneesturm kämpft. Hinten an der Wand hat er alles voller Monster gemalt. Sie brüllen, trampeln und fletschen die Zähne. Sie beschützen ihn. Genau wie in seinem Zimmer hinter dem Schrank. Wenn er sich ganz doll anstrengt, kann er ihn ein Stück zur Seite schieben. Er ist gar nicht so schwer, wie er aussieht. Das Monster hinter dem Schrank ist fast so groß wie er selbst. Es ist das Obermonster. Alle anderen hören auf sein Kommando. Es ist so schrecklich, dass alle Gespenster und Krokodile, die nachts in seinem Zimmer lauern, sofort Reißaus nehmen, wenn sie es sehen.
    Er hat heimlich einen Stift aus dem Kindergarten mitgenommen, weil Mama das Schwarz weggeworfen hat.
    »Das ist keine schöne Farbe«, hat sie gesagt.
    Aber Monster müssen doch schwarz sein.

16

    Chris reckte sich und gähnte. Es war halb acht, und in der Festung wurde es langsam still. Lydia und er hatten die Suche in dem Waldstück koordiniert, von dem ein Großteil auf Erkrather Stadtgebiet lag. Bis vor einer halben Stunde hatte die Hundertschaft alles abgesucht, in jedes Gebüsch geguckt und sogar im Rotthäuser Graben herumgestochert, aber keine Spur von Ellen Dankert gefunden. Chris war erleichtert. Er hatte sich nämlich gegenüber Dankert viel zuversichtlicher gegeben, als er es tatsächlich war. Mehr noch, seiner Ansicht nach war die einzige plausible Erklärung für das spurlose Verschwinden von Ellen Dankert, dass Kristina Kellers Mörder auch ihr etwas angetan hatte. Glücklicherweise schien er sich getäuscht zu haben. Ellen Dankert war wohl doch irgendwo untergeschlüpft, weil sie immer noch sauer auf ihren Mann war.
    Vor zehn Minuten war aus dem LKA das Ergebnis des Drogenscreenings gekommen. Im Körper von Kristina Keller hatten sich tatsächlich Spuren der Vergewaltigungsdroge Flunitrazepam befunden. Deshalb hatte die Frau wahrscheinlich nicht viel von dem mitbekommen, was der Killer mit ihr angestellt hatte. Ein Trost, wenn auch ein schwacher. Das Flunitrazepam bot einen Ermittlungsansatz, allerdings keinen vielversprechenden. Die Tabletten mit dem Wirkstoff kursierten unter den Namen Flunies, Ropys oder Roofies in der Partyszene. Es gab jede Menge Möglichkeiten, an das Zeug heranzukommen. Selbst hier im Präsidium. Erst vor zwei Wochen hatte es Ärger gegeben, weil eine kleine Menge beschlagnahmter Roofies aus der Asservatenkammer verschwunden war. Offiziell wurde natürlich Stillschweigen über diesen unangenehmen Zwischenfall bewahrt, aber der Flurfunk hatte die Meldung schnell im ganzen Haus verbreitet.
    Außerdem hatte man

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