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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Stegemeier auf die Liste gesetzt, weil er den Akten zufolge bei den Verhören die Bibel zitiert hatte.
    Lydia fand eine Parklücke und lenkte den Wagen hinein. Sie war immer noch wütend auf Salomon. Wie war er nur auf die idiotische Idee gekommen, sie könne etwas mit Hackmann haben? Eigentlich müsste doch dem letzten Schwachkopf klar sein, dass sie dieses Großmaul nicht ausstehen konnte. Okay, der Typ sah nicht übel aus, und normalerweise interessierte sie sich für den Charakter eines Mannes nicht, wenn sie mit ihm ins Bett wollte. Aber Hackmanns Arroganz fand sie abstoßend. Da half auch das attraktive Äußere nicht mehr. Außerdem war er ein Kollege, und Kollegen waren absolut tabu. Wie kam Salomon also auf diesen Blödsinn? Ein Gedanke durchzuckte sie. Was war mit Hackmann selbst? Hatte er sich etwa mit seiner angeblichen Eroberung gebrüstet? Zuzutrauen wäre es ihm.
    Lydia stieg aus. Salomon wartete bereits neben dem Wagen. Er sah sie fragend an, doch sie ignorierte ihn. Daniel Stegemeier wohnte in einem schicken Zweifamilienhaus. Er war Schriftsteller und verfasste Biographien auf Bestellung. Deshalb gingen sie davon aus, dass sie ihn um diese Tageszeit zu Hause antreffen würden. Er empfing sie in Jeans und schwarzem T-Shirt. Seine Haare wirkten fettig, waren aber wohl nur mit Unmengen von Gel eingeschmiert, sein Gesicht sah aufgedunsen aus.
    »Ja?«
    »Kriminalpolizei. Wir würden uns gern mit Ihnen unterhalten.«
    Er studierte die Ausweise wie das Kleingedruckte eines Versicherungsvertrags, dann bat er sie herein.
    »Meine Erfahrungen mit der Polizei sind nicht die besten, müssen Sie wissen«, erklärte er ungefragt, als er voran in ein Wohnzimmer ging, das die gesamte Längsseite des Hauses einzunehmen schien.
    »Das Geschäft mit den Biographien läuft offenbar gut«, bemerkte Chris.
    »Ich kann nicht klagen«, antwortete Stegemeier. »Jeder will sich heutzutage der Welt mitteilen. Manche treten in dämlichen Fernsehshows auf oder machen sich im Internet zum Affen, und manche glauben, dass die Welt auf die Geschichte ihres Lebens gewartet hat.«
    »Viel Hochachtung haben Sie wohl nicht vor Ihren Kunden?«
    Stegemeier zuckte mit den Schultern. »Manche haben echt interessante Dinge erlebt. Aber irgendwie wiederholt sich alles. Es gibt nichts, was man nicht irgendwo schon mal gehört oder gelesen hat.«
    »Dann haben Sie es ja leicht, Sie können die gleichen Passagen immer wieder verwenden.«
    Stegemeier schnaubte. »Haha. Dürfte ich jetzt vielleicht erfahren, was Sie zu mir führt?«
    »Sie haben ein, sagen wir, angespanntes Verhältnis zu Frauen?«, begann Chris.
    Lydia hielt sich im Hintergrund. Sie beobachtete, wie sich Stegemeiers Gesichtszüge verhärteten.
    »Hat mich etwa wieder eine von den Schlampen angezeigt?«
    »Hätte denn eine von ihnen Grund dazu?«
    »Natürlich nicht!«
    »Sie sind sehr bibelfest, habe ich mir sagen lassen.«
    »Ist das jetzt auch schon ein Verbrechen?«
    »Natürlich nicht, Herr Stegemeier. Sagt Ihnen folgende Stelle etwas? ›Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren.‹«
    »Was wird das hier? Ein Bibelquiz?«
    »Beantworten Sie doch bitte meine Frage.«
    »Erster Korintherbrief.«
    »Beeindruckend.«
    »Mein Vater war Pfarrer.«
    Lydia trat vor. »Wo waren Sie letzte Woche in der Nacht von Montag auf Dienstag, sagen wir, zwischen vier und fünf Uhr morgens, Herr Stegemeier?«
    »Wurde da jemand mit einer Bibel erschlagen?«
    »Das ist nicht witzig.«
    »Ich war hier zu Hause. In meinem Bett.«
    »Gibt es dafür Zeugen?«
    Er grinste. »Leider nicht.« Dann runzelte er die Stirn. »Letzte Woche Montag, sagen Sie? Da war ich gar nicht hier, da war ich in Frankfurt, habe mich mit meiner Lektorin getroffen. Wir haben ziemlich lange an meinem Manuskript gearbeitet.« Er sah Lydia aufreizend an. »Falls Sie verstehen, was ich meine.«
    »Wie lange genau haben Sie … am Manuskript ge-arbeitet?«, fragte sie scharf.
    »So lange, dass wir am Dienstag gemeinsam gefrühstückt haben.«
    Salomon übernahm. »Wir werden das überprüfen. Geben Sie uns bitte Namen und Adresse Ihrer Lektorin.«
    Stegemeier ging zu einem Schreibtisch, der direkt vor der großen Fensterfront stand, und wühlte in den Papieren, die dort überall verstreut herumlagen. Schließlich kam er mit einer Visitenkarte zurück und reichte sie Chris mit einem vertraulichen Grinsen. »Kann ich nur empfehlen«, sagte er. »Ich meine, falls Sie auch mal daran denken, Ihre Biographie zu

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