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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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War abzusehen, dass das nicht gut enden würde.«
    »Zu wild getrieben?«
    »Von Blüte zu Blüte gehüpft. Sie verstehen schon.«
    Halverstett zog die Brauen hoch. »Ich fürchte, ich verstehe nicht. Seine Mutter hatte den Verdacht, dass er eine verheiratete Geliebte hatte. Meinen Sie das?«
    »Rainer und eine Frau?« Karlowski lachte. »Im Leben nicht. Natürlich hat seine Mutter das gedacht. Was hätte sie sonst denken sollen, die gute Frau? Ich fürchte, sie hat bei ihrem Sohn nur das gesehen, was sie sehen wollte.« Er seufzte. »Waren ja auch andere Zeiten damals. Keine schwulen Bürgermeister oder Außenminister. Heute gehört es ja quasi zum guten Ton, sich zu outen.«
    »Rainer Kästner war also schwul?«
    »Worauf du dich verlassen kannst, mein Täubchen.« Er schlug theatralisch die Hand vor den Mund. »Die Macht der Gewohnheit, Herr Kommissar, verzeihen Sie.«
    Halverstett verzog keine Miene. »Waren Sie beide ein Paar?«
    »Eine Zeitlang.« Sein Gesicht wurde ernst. »Aber der Rainer war keiner für eine feste Beziehung. Er brauchte das wilde Leben. Ich bin da eher solide.«
    »Sicherlich waren Sie wütend und verletzt, als er mit Ihnen Schluss gemacht hat?«
    Karlowskis Gesicht zuckte. Seine Augen wurden groß. »Sie glauben, ich hätte was mit seinem Tod zu tun?«, fragte er.
    Halverstett antwortete nicht.
    Der Wirt schüttelte den Kopf. »Das ist nicht mein Stil. Ich sage immer, wer nicht bleiben will, den soll man nicht halten.«
    »Das ist manchmal leichter gesagt als getan.«
    »Stimmt.« Karlowski zog seinen Schal zurecht. »Natürlich ist es nie schön, verlassen zu werden. Aber das heißt nicht, dass man gleich gewalttätig werden muss. Außerdem war das mit uns schon über ein halbes Jahr zu Ende, als er verschwand. Da hatte ich mich längst … anderweitig getröstet.«
    Halverstett nickte, er glaubte dem Mann. Im Laufe der Jahre hatte er gelernt, auf die kleinen Anzeichen zu achten, die Nervosität oder Lügen verrieten. Auch wenn er sich natürlich nie allein darauf verließ. »Irgendeine Idee, was mit Rainer Kästner geschehen sein könnte?«
    »Wie gesagt, er war nicht besonders wählerisch. Er hat genommen, was sich ihm bot. Und wenn ihm danach war, dann ist er auch mal eben nach Himmelgeist raus. Warum auch nicht?«
    »Nach Himmelgeist?«
    »Netter inoffizieller FKK-Strand, viele Gebüsche, anonymer Sex ohne Fragen oder Verpflichtungen. Ich nehme an, dass er dabei irgendwie an den Falschen geraten ist, einen Perversen, der seine Spielchen übertrieben hat. Vielleicht war es auch ein Raubmord. Oder so ein verrückter Homophober hat ihn umgebracht. Er hat gelebt wie auf der Achterbahn, der Rainer. Für solche Leute fällt oft früh der Vorhang.« Er seufzte, wandte sich ab und nahm eine Flasche aus dem Regal. »Jetzt brauch ich aber ein Gläschen«, erklärte er. »Dieses Thema schlägt mir aufs Gemüt. Auch einen?«
    Halverstett winkte ab. »Nein, danke.«
    Karlowski nippte an dem Likör, den er sich eingegossen hatte. »Ihren Job möchte ich nicht haben«, sagte er. »All die Leichen und das viele Blut und diese Gewalt.« Er schüttelte sich. »Da muss man ja depressiv werden.«
    Als Halverstett wieder auf die Straße trat, war die Sonne hinter einer Wand aus Wolken verschwunden. Es war merklich kälter geworden. Genauso, dachte er, wie die Spuren in diesem Fall. Er hatte zwar einiges über Rainer Kästner in Erfahrung gebracht, hatte herausgefunden, warum dieser seiner Mutter gegenüber seine Liebschaften verschwiegen hatte und warum sein feiner Arztfreund auf Abstand gegangen war. Aber in Bezug auf sein Verschwinden warf das nur neue Fragen auf: War Kästner Opfer eines Überfalls oder seines zügellosen Lebenswandels geworden? Und falls er tatsächlich in Himmelgeist von einem Raubmörder getötet wurde, wie waren seine Gebeine am anderen Ende von Düsseldorf im Aaper Wald gelandet? Das ergab keinen Sinn. Eine Dreiecksgeschichte erschien Halverstett ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich. Natürlich wäre es möglich, dass Kästner nach Karlowski noch jemanden verführt und verlassen hatte und dass dieser Jemand weniger gelassen damit umgegangen war als der Gastwirt. Aber Halverstett mochte nicht recht daran glauben.
    Nein. Vermutlich handelte es sich bei den Gebeinen aus dem Aaper Wald um die sterblichen Überreste eines anderen Mannes. Das Ergebnis des DNA-Abgleichs müsste im Laufe der Woche eintreffen. Vielleicht wussten sie dann mehr. Zumindest über die Knochen. Danach war Rainer

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