Der Seelenfänger
drehte den Kopf, um den Bildschirm wenigstens von der Seite sehen zu können. Auf dem Rasen des Sugar Bowl Stadions herrschte wildes Getümmel. »Ein schönes Bild«, sagte Willard. »Sind die Wege des Herrn nicht wunderbar?«
»Allerdings«, erwiderte Joe. »Kann ich Dr. Talbot anrufen und sagen, daß alles okay ist?«
»Tun Sie das«, sagte Willard, ohne die Augen vom Bildschirm zu wenden. »Das Telefon ist in der Küche. Sie können meine Frau ja bitten, Ihnen eine Tasse Kaffee zu machen.«
Mrs. Willard stand auf, als Joe durch die Tür kam. »Bruder Washington«, sagte sie mit ihrer weichen Südstaaten-Stimme.
»Ich möchte Sie nicht stören, Mrs. Willard«, sagte Joe rasch. »Ich möchte nur geschwind telefonieren.«
Sie zeigte zur Wand. »Das Telefon ist da drüben. Möchten Sie einen Kaffee? Ich mache rasch einen.«
»Das wäre sehr nett, Schwester Willard«, sagte Joe, als er den Hörer abnahm und wählte. Während er durchgestellt wurde, beobachtete er seine Gastgeberin. Mrs. Willard war ein schlankes, hochgewachsenes Mädchen, fast einen ganzen Kopf größer als ihr Mann. Ihre Hautfarbe war heller als seine, aber ihre krausen Haare hatten sich nicht glätten lassen. Joe entging nicht, wie sich ihre Brüste und Schenkel unter dem dünnen Baumwollkleid wölbten.
Ihr Körper war ganz anders als der von Beverly. Die Chinesin war zierlich und schlank, aber Mrs. Willards weibliche Fülle war nicht ohne Reiz. Eine typische Pfarrersfrau war sie bestimmt nicht. Allmählich wurde Joe unruhig, Preacher war nicht an seinem Schreibtisch, und niemand schien zu wissen, wo er sich aufhielt. »Sagen Sie ihm, daß alles okay ist«, bat Joe die Sekretärin. Dann hängte er auf. Als er sich umdrehte, stellte Mrs. Willard gerade den Kaffee auf den Tisch.
»Dr. Talbot war nicht da«, sagte Joe und setzte sich hin.
»Das tut mir leid«, sagte Mrs. Willard, blieb aber stehen.
»Das macht weiter nichts. Ich habe ihm alles ausrichten lassen«, sagte Joe und lächelte. »Warum setzen Sie sich nicht einen Augenblick zu mir, Schwester Willard?«
Schweigend setzte sie sich an den Tisch. Joe nippte vorsichtig an seiner Tasse. »Sie kochen einen sehr guten Kaffee, Schwester Willard.«
»Vielen Dank«, sagte sie.
»Der Gottesdienst läuft sehr gut«, sagte Joe. »Wenn das so bleibt, brauchen Sie bald nicht mehr arbeiten zu gehen.«
»Ich arbeite gern«, sagte sie.
»Auch wenn Sie nicht müssen?«
Sie nickte. »Beim Arbeiten kommt man nicht auf Gedanken.«
Er nahm einen weiteren Schluck. »Was für Gedanken?«
Das Mädchen zögerte und senkte den Blick. »Schmutzige Dinge«, sagte sie leise. »Gedanken des Teufels.«
»Wir alle denken manchmal Gedanken der Sünde«, sagte Joe.
Ihre Augen blieben starr auf die Mitte des Tisches gerichtet. »Manchmal, das wäre nicht schlimm«, sagte sie. »Aber ich denke sie ununterbrochen. Pastor Willard ist so ein guter Mensch. Ich war nicht gerade, was man ein braves Mädchen nennt, aber ich dachte, die schlimmen Gedanken würden verschwinden, wenn ich ihn heirate. Aber sie sind nicht verschwunden.«
»Hast du Jesus um Hilfe gebeten?«
»Jeden Tag. Ich bitte ihn jeden Tag, daß er mir hilft«, sagte sie und sah Joe aufrichtig an. »Aber der Teufel in mir ist zu stark. Sogar als Sie vorhin telefoniert haben, habe ich auf Ihre Hose geschaut. Ich habe mir eingebildet.«
»Das war keine Einbildung«, sagte Joe und stellte seine Tasse zurück auf den Tisch. »Auch in mir war der Teufel.«
Sie starrte ihn großäugig an. »Was sollen wir tun, Bruder Washington?«
»Wir knien uns hier auf den Boden und beten zusammen. Wir bitten Jesus gemeinsam, daß er uns hilft.«
Joe kniete sich hin. Sarah Willard stand auf, kam um den Tisch herum und kniete sich neben ihn auf den Boden. Als sich ihre Schultern berührten, stöhnte sie verhalten. Joe faltete die
Hände. »Jesus, erbarme dich unserer Sünden! Befiehl dem Teufel der Lust, uns in Ruhe zu lassen.«
Sarah hob den Kopf von ihren gefalteten Händen. »Und was ist, wenn er unser Gebet nicht erhört?«
Joe packte sie im Genick und streichelte zugleich ihre Brüste. »Es gibt mehr als einen Weg, den Teufel der Lust auszutreiben«, sagte er leise.
Sechstes Kapitel
»Nigger!« schnaubte Randle verächtlich. »Erst hab ich gedacht, diese Idee mit dem Franchising wäre wirklich phantastisch. Aber eintausendvierhundert Niggerkirchen gegen fünfhundertdreißig normale Gemeinden ist wirklich zuviel. Es wird nicht mehr lange dauern, da kriechen
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