Der Seelenhändler
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Fröhlich vor sich hin pfeifend bog er soeben in den Weg ein, der zu seinem Anwesen führte, als eines der beiden Karrenräder, das in eine tiefe Furche gerutscht war, plötzlich blockierte. Das Gefährt geriet in eine bedenkliche Schieflage, und ohne dass Moritz Prechtel das Geringste dagegen unternehmen konnte, kippte der Karren mitsamt der Ladung schließlich um. Der Holzpfropf, der das Zapfloch des Mostfasses verschlossen hielt, sprang heraus, und ehe sich’s der Bauer versah, ergoss sich der kostbare honiggelbe Inhalt in den trockenen Sand. Moritz Prechtel blieb zunächst einmal nichts anderes übrig, als kräftig zu fluchen. Zornig stapfte er um den verunglückten Karren herum und versetzte dem Klepper einen kräftigen Hieb, obwohl das Tier noch am wenigsten für das Malheur konnte.
Mittlerweile war der Hallstatter ein gutes Stück näher gekommen. Er hatte gesehen, was passiert war, und begann schallend zu lachen.
„Das hast du ja geschickt angestellt“, begann er, immer noch lachend. „Komm, ich werde dir helfen. Kümmern wir uns zuerst um das Fass.“ Es gehörte zu den unbestreitbar guten Eigenschaften des Ritters, dass er, sobald Not am Mann war, sofort zupackte und half. War er auch sonst immer sehr auf seinen Stand bedacht, ignorierte er ihn in einem solchen Fall, was ihm von seiner Umgebung stets hoch angerechnet wurde.
Er sprang vom Pferd.
Jetzt erst erkannte Moritz, wen er vor sich hatte.
„Oh, Ihr seid es, Herr Ritter. Habt untertänigsten Dank.“ Der Bauer verneigte sich. Dabei entdeckte er den Holzpfropf, der das Zapfloch verschlossen gehalten hatte. Rasch hob er ihn auf und steckte ihn wieder ins Fass hinein, um wenigstens den Rest des kostbaren Inhalts zu retten. Dann stellte er zusammen mit Arnim das Fass wieder aufrecht.
„So, und jetzt den Karren“, sagte der Hallstatter.
Sie bückten sich und griffen unter das Rad.
„Eins, zwei, drei – jetzt!“, gab der Ritter Befehl. Mit einem kräftigen Ruck gelang es ihnen, das Fuhrwerk wieder aufzurichten. Anschließend wuchteten sie das inzwischen nur noch halb volle Fass wieder auf den Wagen.
Artig verbeugte sich der Prechtel erneut und wischte mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. „Nochmals meinen untertänigsten Dank, gnädiger Herr. Ich weiß nicht, was ich ohne Eure gütige Hilfe getan hätte. Dafür werde ich Euch einen großen Topf meines besten Honigs zukommen lassen.“
„Ist schon gut“, grinste Arnim. „Das nächste Mal pass besser auf, wo du mit deiner Karre hingerätst!“
„Ja, natürlich, Herr Ritter. Das werde ich“, beteuerte Moritz und verbeugte sich gleich mehrere Male.
Der Hallstatter hatte sich seinem Rappen zugewendet und war gerade im Begriff, wieder in den Sattel zu steigen, als sein Blick auf die Spuren im feucht gewordenen Sand fielen. Prechtel und er hat-ten sie hinterlassen, während sie den Karren wiederaufrichteten. Zuerst wollte er nicht wahrhaben, was ihm da ins Auge stach. Doch es ließ sich nicht leugnen: Unübersehbar prangten gleich mehrfach die markanten Abdrücke einer Stiefelsohle mit halbmondförmiger Kerbe im Bereich der Ferse im vom Most durchtränkten Sand.
Die Spur des Schnapphahns!
Arnim von Hallstatt ließ den Sattelknopf, den er bereits ergriffen hatte wieder los und zog den Fuß aus dem Steigbügel.
Die Hand an den Knauf seines Schwertes gelegt, wandte er sich langsam um und fixierte den Bauern ungläubig. Dann brachten ihn ein, zwei rasche Schritte hart an Prechtel heran.
„D-u-u-u-? – Du also bist das Schwein!“, zischte er. Die Verblüffung in seiner Miene war kalter Wut gewichen.
Moritz wusste nicht, wie ihm geschah.
„Aber … aber … Herr … Euer … Euer Gnaden … wa…was ist denn?“, stammelte er und starrte den Hallstatter aus weit aufgerissenen Augen verblüfft an.
„Das wagst du noch zu fragen? Du Dreckskerl? Warte, du Bastard!“
Arnim ballte die Faust, holte aus und schlug blitzschnell zu. Er traf den Bauern am Kinn. Ohne einen Laut von sich zu geben, sackte Moritz bewusstlos in sich zusammen. Suchend blickte der Hallstatter sich um. Da entdeckte er die Seile, mit denen das Pferd an den Karren geschirrt war. Rasch schirrte er das Tier ab, nahm eines der Seile und band dem Bauern damit die Hände auf den Rücken. Dann schleppte er ihn nahe an den Wagen heran, sodass er mit dem Kopf neben das Fass zu liegen kam, und zog den Pfropfen aus dem Zapfloch heraus. Ein Schwall des im Fass verbliebenen Mostes ergoss sich über das
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