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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Wolf auf einmal von nackter Angst gepackt, denn seit dem Massaker in Arnulfs Hütte waren nunmehr viele Wochen vergangen. Längst schon musste der „Eber“ erkannt haben, dass seine Häscher den Falschen erwischt hatten. Schließlich fehlte der Zehe, die ihm überbracht worden war, jenes Merkmal, um dessentwillen er Befehl gegeben hatte, sie abzutrennen und ihm zu überbringen – das Feuermal. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde er daraufhin auch erfahren haben, dass der getötete Knabe nicht über blondes, sondern schwarzes Haar verfügt hatte. Was würde er daher nun unternehmen, um doch noch an den „Richtigen“ heranzukommen? Wahrscheinlich hatte er über viele Jahre hinweg nach ihm suchen lassen. Und jetzt, nachdem es ihm endlich geglückt war, auf die Spur des Knaben zu kommen, würde er sich durch diesen Fehlschlag sicher nicht davon abhalten lassen, sein Ziel doch noch zu erreichen.
    Dies aber bedeutete, dass Bertram in Gefahr war!
    Wolf fühlte sich irgendwie ohnmächtig, rang seine Furcht jedoch nieder. Er durfte sich jetzt nicht von ihr lähmen lassen, nun, da er die Gefahr erkannt hatte und sich gegen sie wappnen konnte.
    Außerdem bildeten die Klostermauern von Admont eine Art Schutzwall um Bertram, den selbst der „Eber“ nicht so schnell würde durchbrechen können.
    Eine Frage allerdings galt es noch zu klären.
    Mercedes musste sie ihm beantworten.
    Er erhob sich und kehrte langsam an die Stelle zurück, an der die Tänzerin, die Hände im Schoß gefaltet, noch immer saß. Sachte berührte er sie an der Schulter. „Mercedes?“
    Mit fragendem Blick drehte sie sich zu ihm.
    „Als Ihr damals das Kind entgegennahmt – wie reagierten Rufus und der Rest der Truppe darauf? Schließlich hat sich das Leben im Lager dadurch doch auch für ihn und die anderen verändert. Zumindest für einige Monate.“
    „Nein, eigentlich nicht. Es gab keine große Veränderung. Ich sagte Euch ja schon, dass eine weitere Tänzerin in der Truppe ebenfalls einen Säugling zu versorgen hatte. Da kam es auf einen mehr oder weniger nicht an. Wir vom fahrenden Volk mögen Kinder sehr gern.“
    „War den anderen bekannt, dass Ihr den Kleinen von Wiltrud erhieltet? Irgendeinen Grund, der Euch bewog, plötzlich ein Kind entgegenzunehmen, musstet Ihr Rufus ja schließlich nennen.“
    „Ja. Alle in der Truppe kannten Wiltrud. Ich sagte Rufus und den anderen, dass es ihr Kind sei – ein Kind der Liebe. Und dass Wiltrud es an ihre Schwester weggeben wolle, weil sie selbst keinen Mann besitze.“
    „Das heißt, der Truppe war bekannt, dass Ihr den Säugling zu Agnes und Arnulf bringen würdet?“
    „Nein. Die Namen verschwieg ich. Auch den genauen Ort nannte ich nicht. Wiltrud wollte es so. Als ich mich damals von der Truppe trennte, um den Kleinen zu Agnes zu bringen, lagerten wir bei Steyr. Niemand wusste, dass ich nach Admont wollte. Auch nachdem ich zur Truppe zurückgekehrt war, habe ich keinem Menschen etwas davon erzählt – bis heute. Ihr seid der Erste, der es erfährt, Herr.“
    Wolf musterte sie nachdenklich, war aber überzeugt davon, dass sie die Wahrheit sagte.
    Er räusperte sich. „Ich denke, es ist Zeit, dass Ihr zu Eurer Truppe zurückkehrt, Mercedes. Rufus wird Euch bestimmt schon erwarten. Im Übrigen danke ich Euch. Ihr seid sehr ehrlich zu mir gewesen, und Eure Aussage hat mir ein gutes Stück weitergeholfen. Bevor Ihr geht, nehmt das als ein Zeichen meiner Wertschätzung entgegen.“ Er überreichte ihr einen kleinen Beutel, der einige Münzen barg. „Es ist nicht viel. Aber Ihr werdet es sicher gebrauchen können.“
    Die Frau erhob sich. Sie wirkte etwas irritiert und nahm den Beutel nur zögernd entgegen.
    „Ich danke Euch, hoher Herr. Heißt das, dass Ihr mich nun gehen lasst? Einfach so?“, fragte sie erstaunt.
    Wolf lächelte. „Ja“, bestätigte er. „Ihr könnt gehen. Einfach so.“
    Doch sie machte überraschenderweise keinerlei Anstalten, aufzubrechen. Stattdessen sah sie ihn fragend an. Irgendetwas beschäftigte sie noch, aber sie schien Hemmungen zu haben, damit herauszurücken.
    Dann aber überwand sie sich. „Hoher Herr … ich weiß nicht, ich kenne Euren Auftrag nicht … es ist alles so seltsam … aber wenn Ihr … wenn Ihr Agnes aufsucht … Ihr werdet doch sicher Agnes aufsuchen wollen … nicht wahr? … Ich meine, jetzt, da Ihr wisst, dass der Knabe dort lebt …“ Sie hielt inne.
    Obwohl sie eine Antwort erwartete, zog Wolf es vor, zu

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