Der Seelenhändler
Schmelzers, hat mir soeben eine Botschaft überbracht. – Aber da, lest selbst!“ Friedrich von Saurau deutete auf einen auf dem Schreibtisch zusammengerollten Pergamentbogen.
Wolf nahm das Schreiben und entrollte es. Seine Botschaft wies einen äußerst dringlichen Charakter auf:
„Hochverehrter Graf. Es ist so weit. Der Bote aus Venedig ist eingetroffen. Giovanni Polo höchstpersönlich, ein Vetter Lodovicos. Habt bitte die Güte und informiert auch das Stift darüber. Ich bitte Euch, Prior Metschacher, Wolf von der Klause sowie all jene, die der Prior und Ihr selbst für geeignet haltet, am folgenden Montag, dem Tag nach St. Bernhard, zu einer Besprechung zu mir nach Steyr zu kommen. Ich selbst kann derzeit leider nicht reisen; dringende Angelegenheiten erfordern meine Gegenwart in Steyr. Darüber hinaus möchte ich auch dem Gesandten aus Venedig nicht noch eine weitere Reise zumuten; er ist, wie Ihr Euch denken könnt, erschöpft und, gelinde gesagt, über die ganze furchtbare Angelegenheit sehr verärgert. Erweist mir die Ehre, Euch gegen Nachmittag erwarten zu dürfen. Es gilt, schnell zu handeln.
Euer ergebener Diener, Jakob von Schmelzer.“
Wolf rollte das Schreiben wieder zusammen und legte es auf den Tisch zurück.
„Wie der seltsame Orden es angekündigt hat. Jetzt wird es spannend“, murmelte er nachdenklich.
„Ihr sagt es. Ich werde den Prior informieren lassen. Damit er sich rechtzeitig auf die Reise vorbereiten kann. Es macht Sinn, bereits morgen früh aufzubrechen. Damit wir uns nicht hetzen müssen. Wer, meint Ihr, sollte noch mitreiten?“
Wolf zögerte. „Nun, wenn Ihr so fragt: Ich denke, dass Katha…, ich meine Fräulein von Klingfurth und auch Pfarrer Schinopl wieder dabei sein sollten.“
Der Saurauer nickte. „Ja, das sehe ich auch so. Außerdem werden wir mit Geleitschutz reisen. Denkt Ihr, dass fünf Geharnischte reichen werden?“
„Ja, das genügt. Einen Überfall seitens der Schnapphähne brauchen wir nicht zu fürchten. So paradox es klingt: Wir reiten schließlich in ihrem Auftrag. Sie wissen, dass sie uns brauchen, wenn sie ihr Ziel erreichen wollen“, bemerkte er und lächelte ironisch. Gemächlich schlug er die Beine übereinander.
„Euch ist zum Lachen zumute? So leicht nehmt Ihr die Dinge?“, kommentierte der Graf irritiert das Verhalten Wolfs.
Wolf stützte die Arme auf den Schreibtisch und beugte sich vor. „Ihr missversteht da etwas, Graf. Ich nehme die Dinge keineswegs leicht. Doch seit dem vorgestrigen Tag gibt es Gründe, sie gelassener zu sehen. Die Lage hat sich zu unseren Gunsten geändert. Ich konnte etwas in Erfahrung bringen, was uns ein entscheidendes Stück weiterbringen dürfte! Das ist auch der Grund, warum ich hier bin. Ich wollte mit Euch darüber sprechen.“
Erwartungsvoll sah ihn der Saurauer an.
„Was sagt Ihr da? Ihr habt etwas Neues in Erfahrung gebracht? Und das schon vorgestern? Warum, zum Teufel, erfahre ich erst jetzt davon?“, polterte er los.
„Weil ich mit mir selbst erst einmal zu Rate gehen und mir dann einen Plan zurechtlegen musste. Ich wollte Euch diesmal nicht mit einer neuen Erkenntnis behelligen, ohne Euch gleichzeitig einen Vorschlag präsentieren zu können, was das weitere Vorgehen angeht“, entgegnete Wolf. Das klang durchaus plausibel und entsprach sogar den Tatsachen. Den eigentlichen Grund, warum er vorerst geschwiegen hatte, behielt er allerdings für sich.
„Nun spannt mich nicht länger auf die Folter – was habt Ihr herausgefunden?“, hakte der Graf, neugierig geworden, nach.
Wolf beugte sich vor. „Was ich Euch jetzt sage, muss unter uns bleiben“, begann er und dämpfte seine Stimme. „Zwei der Schnapphähne werden sich heute Nacht im Johnsbachtal begegnen. Bei einem von ihnen muss es sich um einen der Anführer handeln. Der andere ist ein …“
„Was sagt Ihr da?“, unterbrach ihn der Saurauer, völlig außer sich. „Es gibt ein Treffen? Zwei von den Schweinehunden wollen sich heute Nacht …“
„Psst! Leise! Man hört Euch ja bis auf den Gang hinaus“, unterbrach Wolf seinerseits den Grafen. „Ich sagte es bereits: Das, was ich Euch sage, muss unter uns bleiben. Der weitere Erfolg unserer Bemühungen hängt davon ab. Niemand sonst darf davon erfahren. Also, ich bitte Euch, hört mich erst einmal in aller Ruhe an.“
Zögernd beruhigte sich der Graf wieder, wenngleich das Wetterleuchten in seiner Miene verriet, dass ihm das weitere Zuhören schwerfiel.
Unbeirrt davon fuhr Wolf
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