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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Hauptmanns.
    „Also dann, gehen wir’s an, Graf. – Gott befohlen.“
    Auf Wolfs Geheiß hin verließen sie den ausgetretenen Pfad, nachdem sie zuvor die Fackeln gelöscht hatten, und schlugen sich linker Hand des Pfades in die Büsche, wobei sie das letzte Stück des Weges durch dichtes Unterholz zurücklegten. Zwar bereitete ihnen die Dunkelheit einige Mühe, dennoch hatten sie verhältnismäßig rasch eine kleine Schneise erreicht, eine platte, fast ebene Fläche, die zum größten Teil aus Fels bestand. An ihrem Rand, hinter dem Stamm einer dicken Fichte, hielten sie inne.
    Konzentriert musterten sie die kleine felsige Lichtung, die im Licht des Mondes kahl und silbern schimmerte. Die einer Plattform ähnliche Stelle fiel im Norden, direkt vor ihnen, jäh in eine zerklüftete Schlucht ab. Zu ihrer Rechten konnten sie im fahlen Weiß eines Felsens ein gähnend schwarzes Loch wahrnehmen – den Eingang zu einer Höhle. Links davon stürzte dagegen, aus der schroff bewaldeten Höhe herabkommend, ein wild schäumender Zulauf des Johnsbachs in die Tiefe.
    „Werden wir sie hier erwarten?“, raunte der Saurauer fragend. Das Jagdfieber hatte ihn bereits ergriffen und dämpfte unwillkürlich seine Stimme.
    „Nein!“, raunte Wolf zurück. „Ich denke, sie werden sich bei oder gar in der Höhle treffen. Um sie belauschen zu können, müssen wir näher ran. Kommt, aber möglichst leise!“
    Obwohl es noch längst nicht Mitternacht war, hatte auch ihn die Erregung ergriffen und ließ ihn äußerst vorsichtig agieren.
    Geschickt nutzten sie die Deckung des Unterholzes am Rand der Lichtung und schlichen sich nahe an die dem Wasserfall abgewandte Seite des Felsens heran, wo das Rauschen bedeutend gedämpfter klang. Eng an den kühlen Stein geschmiegt, spähten sie immer wieder in alle Richtungen und drangen schließlich im Schutz des mannshoch wuchernden Dickichts weiter vor, bis sie den Eingang zur Höhle erreicht hatten.
    Vorsichtig spähte Wolf in den dunklen Schlund hinein – und unterdrückte nur mühsam einen Ausruf der Überraschung.
    „Seht Euch das an“, flüsterte er dem Grafen zu, der unmittelbar hinter ihm stand.
    „Warum, was gibt es?“ Neugierig trat der Saurauer an seine Seite.
    Dann sah auch er es: Der spärliche Schimmer, den der Mond in die dunkle Höhle sandte, genügte, um ihn den riesigen Haufen Brennholz erkennen zu lassen, der sich, ordentlich aufgeschichtet, im Eingangsbereich der Höhle stapelte, fast so, als wartete er nur darauf, angezündet zu werden.
    „Da muss wohl schon einer vor uns da gewesen sein“, kommentierte er verblüfft den Anblick, der sich ihnen bot.
    „Ja. Fragt sich nur, wer und wann“, ergänzte Wolf. Misstrauisch suchte er mit den Augen die nähere Umgebung ab. „Aber irgendjemand muss das Holz schließlich aufgeschichtet haben. Deshalb denke ich, dass wir gut daran tun, uns endlich in ein Versteck zu begeben. Ich weiß auch schon wo. Kommt!“
    Unmittelbar neben dem weißen Felsen befand sich eine Menge Gestrüpp, das einen mannshohen, fast quadratischen Steinbrocken verbarg. Vorsichtig tauchten sie in das chaotische Gewirr aus Sträuchern, Ästen und Blattwerk ein und machten es sich dort so gut es ging bequem. Befriedigt stellte Wolf fest, dass sie den Platz gut gewählt hatten – zwischen dem mächtigen Steinquader, hinter dem sie kauerten, und dem Fels, der die Höhle barg, gab es einen breiten Spalt, durch den hindurch sich der Zugang zu dem finsteren Loch hervorragend beobachten ließ.
    „So, nun mögen sie kommen“, raunte der Graf grimmig; zunehmende Erregung bemächtigte sich seiner. Wolf bemerkte es mit Sorge und beschloss, den Saurauer über das, was ihn erwartete, endlich genauer zu unterrichten. Schließlich würde ihn die Nacht mit jener Person konfrontieren, die sein Vertrauen über Jahre hinweg aufs Schändlichste missbraucht hatte. Wäre er nicht darauf vorbereitet, konnte ein unbeherrschter Ausbruch seinerseits ihr Vorhaben gefährden.
    „Es ist an der Zeit, Graf, Euch von einem besonderen Umstand zu unterrichten, der Eure ganze Selbstbeherrschung erfordern wird“, begann Wolf leise und hielt inne.
    „So? Was heißt das nun schon wieder? Ihr habt mir wohl immer noch nicht alles gesagt! Warum, zum Teufel, rückt Ihr nur stückweise mit der Wahrheit heraus?“, knurrte er voller Misstrauen.
    Wolf vermied es, direkt auf seine Frage einzugehen. Stattdessen begann er, ihm reinen Wein einzuschenken.
    „Ihr werdet heute Nacht den Verräter sehen.

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