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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Jenen Spitzel, der, an Eurer Seite dienend, Euer Vertrauen missbraucht hat. Ich kann mir vorstellen, dass es Euch nicht leichtfallen wird, bei seinem Anblick gelassen zu bleiben. Dennoch bitte ich Euch: Bewahrt die Ruhe. Ich zähle auf Eure Selbstbeherrschung.“
    Verständnislos starrte der Saurauer seinen Begleiter an. Er benötigte einige Augenblicke, um zu begreifen, was Wolf ihm da eben unterbreitet hatte.
    „W-a-a-s-?“, fragte er schließlich völlig konsterniert. „Ich höre wohl nicht recht. Ihr kennt den Verräter bereits? Und das sagt Ihr mir erst jetzt?“
    Wieder dieser Vorwurf. Deutlich waren Ärger und Enttäuschung der Stimme des Saurauers zu entnehmen. Wolf bedauerte, ihn nicht doch schon vorher unterrichtet zu haben. Aber jetzt war der denkbar ungünstigste Moment, ihm den Grund für sein Verhalten erklären zu wollen.
    „Lassen wir das, Graf, es ist jetzt weder die Zeit für Vorhaltungen noch für Rechtfertigungen. Ich hatte meine Gründe dafür – Ihr werdet es später verstehen. Ich bitte Euch nur, wahrt Eure Selbstbeherrschung, wenn Ihr ihn seht. Es macht keinen Sinn, sich sofort auf die Halunken zu stürzen, wenn sie auftauchen. Lasst sie uns erst einmal belauschen, danach sehen wir weiter“, beschwor ihn Wolf.
    „Ja, ja, schon gut“, murrte der Graf grimmig. „Ich bin schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Aber nun spannt mich nicht länger auf die Folter. Sagt mir endlich, wer der Hundesohn ist, damit ich …“
    „Still, da kommt jemand!“, zischte Wolf plötzlich und packte den Grafen beim Arm.
    Erschrocken hielt der Saurauer inne – dann hörte auch er es: das rhythmische Schlagen sich nähernder Hufe.
    Angestrengt starrten sie durch den Spalt auf die mondbeschienene Fläche.
    Aus südwestlicher Richtung näherte sich ein Reiter. Das Gesicht unter einer weit nach vorne gezogenen Kapuze verborgen, trug er unzweifelhaft das Habit eines Mönchs. Soeben hatte er die Schneise erreicht und bewegte sich zielstrebig auf den Höhleneingang zu.
    Gebannt verfolgten Wolf und der Graf sein Näherkommen. Nach wie vor goss der Mond hell und silbern sein Licht vom nachtklaren Himmel und erleuchtete die Szene. Nur wenige Schritte von ihnen entfernt, unmittelbar vor dem Eingang zur Höhle, brachte der Mönch das Pferd plötzlich zum Stehen. Er stieg ab und machte sich eine Weile am Sattel zu schaffen.
    „Ein Mönch! Hat sich der Dreckskerl etwa als Mönch verkleidet?“, wisperte der Graf erregt.
    „Nein. Das ist nicht der Verräter. Er kann es schon der Statur nach nicht sein“, flüsterte Wolf zurück.
    Jetzt sahen sie, wie der Mönch ein Bündel neben sich auf den Boden legte. Erneut nestelte er am Sattel herum. Dann hob er das Bündel auf, nahm das Pferd am Halfter und ging mit ihm in die Höhle hinein.
    Hämisch schien der schwarze Schlund die beiden heimlichen Beobachter anzusehen, nachdem der Mann in ihm verschwunden war.
    „Er ist in der Höhle. Was machen wir jetzt?“, flüsterte der Saurauer fragend.
    „Nichts, wir warten einfach“, antwortete Wolf und sandte einen prüfenden Blick zum Himmel. Gemessen am Stand des Mondes mochte es bis Mitternacht immerhin noch eine gute Stunde sein. Dennoch war der, der die „Anweisungen“ erteilen würde, bereits eingetroffen.
    Der Graf nahm Wolfs Gedankengang auf.
    „Ob der andere wohl auch früher kommt?“, wisperte er.
    „Gut möglich. Warten wir’s ab“, erwiderte Wolf.
    „Wollt Ihr mir nun nicht endlich sagen, wer der verräterische Schweinehu…“
    Aufs Neue wurde der Graf unterbrochen. Plötzliches Knistern und ein verhaltener, rötlicher Schein, der aus der Höhle auf den felsigen Platz davor drang, enthob Wolf auch diesmal einer Antwort – offenbar hatte der Mönch das aufgeschichtete Holz entzündet. Ein Feuer begann zu züngeln, und schnell wurde aus dem anfänglichen Knistern lautes Prasseln. Außerordentlich rasch wuchsen die Flammen empor, verwandelten im Nu den schwarzen Schlund der Höhle in ein hell erleuchtetes Gewölbe.
    Gebannt blickten Wolf und der Graf in die grell zuckende Helle – und erstarrten.
    Neben dem Feuer stand tatsächlich ein Mönch.
    Es war allerdings nicht mehr der Mönch im dunklen Habit, den sie zuvor mit dem Pferd in der Höhle hatten verschwinden sehen.
    Der, der dort stand, schien vielmehr eine groteske Inkarnation des Bösen zu sein, gehüllt in ein scheußliches Ornat des Schreckens. Blutrot die Kutte. Blutrot die Kapuze. Das Gesicht verborgen hinter einem schwarzen, mit einem Paar

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