Der Seelenhändler
genießt! Seit Jahren schon treiben diese Banditen hier ihr Unwesen, ohne dass man von Eurer Seite etwas dagegen unternommen hat. In Venedig hat man leider zu spät davon erfahren. Ausgerechnet jetzt, nachdem mein Vetter und seine beiden Begleiter entführt wurden, glaubt Ihr, einschreiten zu müssen, und gefährdet damit ihr Leben! Man hätte die Finger davon lassen sollen, mit Euch ins Geschäft kommen zu wollen. – Übrigens: Dass daraus nichts wird, muss ich wohl nicht extra noch erwähnen. Ich habe dies bereits gestern Herrn von Schmelzer klargemacht. Es sei denn, irgendjemand würde innerhalb weniger Tage das Wunder vollbringen, meinen Vetter und meine beiden Landsleute ohne Lösegeld, und ohne dass ihnen ein Haar gekrümmt wird, freizubekommen. Da diese Hoffnung jedoch vergeblich ist, fordere ich Euch auf, mich wenigstens darin zu unterstützen, meiner Pflicht Folge leisten zu können. Und die kann leider nur noch darin bestehen, den erpresserischen Forderungen der Schnapphähne nachzugeben, um damit wenigstens das Leben der Geiseln zu retten. – Was im Übrigen unsere künftigen Handelsbeziehungen angeht“ – Polo wandte seinen Blick den Steyrern zu – „kann ich den Herren nur raten, dafür Sorge zu tragen, Waren aus Venedig in Zukunft wieder über den Phyrnpass führen zu dürfen. Zu unserer und zu Eurer Sicherheit. Geschieht dies nicht, werde ich in Venedig dafür plädieren, den Handel mit Steyr gänzlich auszusetzen.“
Polo setzte sich wieder.
Sowohl der Prior als auch der Graf waren bei seinen Worten sichtlich blass geworden. Wolf merkte, wie Metschacher erneut zu kochen anfing, während sich in der Miene des Saurauers heiße Wut und kaltes Entsetzen abwechselten. Bei den Steyrer Kaufherren begann sich deutliche Panik breitzumachen. Sie hatten schon viel in die Handelsbeziehungen mit den Venezianern investiert – der nun zu erwartende riesige Verlust würde sie empfindlich treffen.
Die Wertung der Situation durch den Venezianer hatte der Auseinandersetzung eine Richtung gegeben, die es Wolf geraten erscheinen ließ, nun selbst in den Disput einzugreifen. Polo hatte seinen Namen genannt und damit seine Mission ins Spiel gebracht. Dies ließ erwarten, dass die Steyrer ihn über kurz oder lang auffordern würden, einen Rechenschaftsbericht darüber abzugeben, was er in den vergangenen Tagen und Wochen herausgefunden hatte. Genau das aber wollte er unter allen Umständen vermeiden – und er wusste auch schon wie.
Rasch flüsterte er dem Saurauer einige Worte ins Ohr, die dieser an Metschacher weitergab, der den Platz zu seiner Rechten eingenommen hatte. Schließlich nickten beide mit dem Kopf, und Wolf erhob sich.
„Ihr habt vorhin auch meinen Namen genannt, Signor Polo“, begann er; sein Ton war sachlich, er sprach betont langsam und setzte gezielt Pausen. „Und Ihr habt darauf hingewiesen, dass ich mit der Untersuchung und der Spurensuche in diesem bedauerlichen Fall beauftragt bin. Das ist richtig. – Darum halte ich es auch für notwendig, Euch auf einige Dinge aufmerksam zu machen, die ihr noch nicht wisst. – Und auf einiges, das Ihr – mit Verlaub – nicht richtig dargestellt habt. – Uns blieb anfänglich gar nichts anderes übrig, als die Verfolgung von Spuren aufzunehmen, um mehr über die Hintergründe des Überfalls und den Verbleib Eures Vetters und seiner beiden Begleiter zu erfahren. – Doch Ihr sollt wissen, dass ich nicht allein mit dieser Sache beschäftigt war. – Es gilt, noch ein anderes Verbrechen aufzuklären: den Mord an fünf unschuldigen Personen, die ebenfalls ums Leben kamen. Allerdings hat dieser Vorfall, wie ich inzwischen weiß, nichts mit dem Überfall auf Eure Leute zu tun. – Und noch Etwas, Signor Polo. – Die Nachricht, dass sich Eurer Vetter und Eure Landsleute in der Gewalt dieser seltsamen schurkischen Vereinigung, die sich der Orden vom Ring nennt, befinden, erreichte uns am achtundzwanzigsten Juli. Danach, verehrter Signor Polo“, – diesmal legte Wolf eine sehr lange Pause ein, um dem Folgenden die nötige Wirkung zu verleihen, – „danach habe ich in Absprache mit Prior Metschacher und Graf Saurau aufgehört, die Sache weiterzuverfolgen, gerade um das Leben der drei Herren nicht zu gefährden. – Offensichtlich wurden Herr von Schmelzer und die anderen Steyrer Herren darüber nicht informiert, ein bedauerlicher Fehler. – Ihr könnt also beruhigt sein. Wir denken in keiner Weise daran, Euren Bemühungen, den Anweisungen der
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