Der Seelenhändler
erfüllen. Wir, und allen voran ich als Vertreter der Grundherrschaft des Stiftes Admont, bedauern die ungeheuerlichen Umstände, die Euren Vetter und seine beiden Begleiter in die Hände einer Bande von Mördern und Erpressern fallen ließen, außerordentlich. Umso mehr, als die Tat auf dem Territorium des Stiftes geschah. Doch glaubt Ihr wirklich, hochverehrter Signor Polo, dass Eure brüske Art, die Ihr uns gegenüber an den Tag legt, dazu angetan ist, das Problem zu lösen? Ihr seid doch ein Mann von Welt, und Ihr müsstet Kaufmann und Stratege genug sein, um zu erkennen, dass die schwierige Situation von uns allen ein einträchtiges, gemeinschaftliches Verhalten verlangt. Vielleicht versucht Ihr es einmal mit ein wenig mehr Höflichkeit und Anstand. Glaubt mir, nicht nur Ihr und Eure Familien sind daran interessiert, die fatale Angelegenheit zu einem glücklichen Ende zu bringen. Auch uns liegt alles daran. Alles – versteht Ihr?“
Metschacher setzte sich wieder. Obgleich seine Stimme leicht vibrierte, war es ihm dennoch gelungen, einen bewundernswert ruhigen Ton an den Tag zu legen. Und seine geharnischte Rede hatte zumindest die Zustimmung der Admonter gefunden, was sich bei diesen durch bestätigendes Kopfnicken bemerkbar machte. Den Steyrern hingegen war keine Reaktion anzumerken; offenbar zogen sie es vor, sich neutral zu verhalten.
„Das war eine wohlgesetzte Rede, nicht wahr?“, raunte Friedrich von Saurau Wolf zu. In seinen Zügen spiegelte sich deutliche Befriedigung.
„In der Tat. Es war auch notwendig. Man muss sich schließlich nicht alles gefallen lassen“, bestätigte Wolf.
In diesem Moment erhob sich der Venezianer, dessen ohnehin schon mürrische Miene noch um eine Spur grimmiger geworden war.
„Ausgerechnet Ihr wagt es, von Einträchtigkeit und von Gemeinsamkeit zu sprechen, verehrter Prior?“, antwortete er. Es war das erste Mal seit ihrer Begegnung, dass er sich zu einer Entgegnung herabließ. Überraschenderweise sprach er ein völlig akzentfreies Deutsch; seine Stimme war voluminös und dunkel – im Moment allerdings war sie unverkennbar von verhaltener Wut verzerrt. „Es genügt wohl nicht, dass Ihr Eure Pflicht, die Euch anvertrauten Straßen und Wege von verbrecherischem Gesindel frei zu halten, sträflich vernachlässigt habt“, fuhr er fort. „Oh, nein, durch Eure unbedachten Aktivitäten tragt Ihr noch zusätzlich dazu bei, das Leben meines Vetters und seiner Begleiter zu gefährden. Und da sprecht Ihr von Gemeinschaftlichkeit?“ Wütend hieb der Venezianer die Faust auf den Tisch und blickte grimmig in die Runde.
Nun also ist es heraus, dachte Wolf, er macht tatsächlich das Stift für das Desaster in der Buchau verantwortlich. Zugleich fragte er sich, was Polo denn wohl mit den „unbedachten Aktivitäten“ meinte.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
„Würdet Ihr die Güte haben, Euch näher zu erklären? Was versteht Ihr denn unter unbedachten Aktivitäten?“ Metschacher hatte die Frage gestellt.
„Ihr wisst doch ganz genau, was ich damit meine“, antwortete Polo mit kaum verhaltenem Zorn. „Seid Ihr nicht dazu aufgefordert worden, keinesfalls nach der Bande zu suchen, die meinen Vetter und seine Begleiter entführt haben? Ihr wisst, dass für ihr Leben ein Lösegeld gefordert wird. Was, glaubt Ihr, werden die Strauchdiebe mit den Geiseln machen, wenn sie sehen, dass man ihren Plan durchkreuzen will? Und dennoch habt Ihr es gewagt, Wolf von der Klause auf sie anzusetzen, der angeblich in der Lage sein soll, es mit ihnen aufzunehmen – Herr von Schmelzer hat mir davon berichtet. Dass Ihr dadurch das Leben der Geiseln in außerordentlicher Weise gefährdet, kümmert Euch einen Dreck …“
„Signor Polo, mäßigt Euch!“
Der Ruf des Saurauers unterbrach die Rede Polos. Wütend war er aufgesprungen; was der Venezianer an Ungeheuerlichkeiten von sich gab, war einfach zu viel. „Ihr müsst wahnsinnig sein, solche Worte von Euch zu geben“, fuhr er erregt fort. „Zu unterstellen, dass uns am Leben der Geiseln nichts liegt, ist eine Unverschämtheit. Wir sind genauso wie Ihr daran interessiert, Euren Vetter und die beiden anderen Herren frei zu bekommen. Und schließlich …“
„Ach, hört doch auf!“, unterbrach ihn der Venezianer seinerseits und hieb erneut mit seiner Faust auf den Tisch. „Offensichtlich geht es Euch doch nur darum, endlich der Bande habhaft zu werden, um den schlechten Ruf auszubügeln, den Eure Gegend inzwischen
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