Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
Vom Netzwerk:
Eurer Waffenknechte ums Leben kamen, Graf“, wandte er sich erneut an den Saurauer. „Dennoch, denke ich, werdet Ihr mir Eure Zustimmung nicht verweigern, wenn ich Euch darum ersuche, eine gut bewaffnete Truppe zum Schutz des Transportes zusammenzustellen.“
    „Selbstverständlich werde ich Eurer Bitte entsprechen, Signor Polo. Und ich werde mich persönlich um die Auswahl der Leute kümmern“, entgegnete er entgegenkommend.
    „Ich danke Euch, Graf.“ Polo wandte sich an Wolf. „Würdet Ihr zusammen mit mir die Führung des Transportes übernehmen, Herr von der Klause? Eure Erfahrung und Umsicht kämen uns … Herr von der Klause? … Ist Euch nicht gut?“
    Keine Antwort!
    Seltsam in sich zusammengesunken, den Kopf nach vorne geneigt, vollkommen regungslos, saß Wolf da und starrte vor sich hin.
    Verständnislos und verblüfft betrachtete ihn die versammelte Runde. Nur Katharina wusste, dass dieses außergewöhnliche Verhalten der Ausdruck einer ungeheuren inneren Erregung war. Zweimal bereits hatte sie miterlebt, wie diese eigenartige Metamorphose Besitz von ihm ergriff. Eine Verwandlung, die ihn immer dann überfiel, wenn er etwas Spektakuläres entdeckt zu haben glaubte. Ein Rückzug seines Bewusstseins in einen Kosmos aus Gedanken und Gefühlen, aus dem er stets erst dann wieder aufzutauchen pflegte, wenn er seine Schlussfolgerungen gezogen hatte und ihrer sicher war.
    Irgendetwas war geschehen. Entweder in diesem Moment oder aber vor einigen Augenblicken.
    Es war dieser Satz. Nur dieser eine Satz.
    Doch er war über ihn gekommen, wie der Adler über die Lämmerherde.
    Wie paralysiert starrte Wolf auf das Tischtuch.
    Und auf den Flecken darauf.
    Der Rotweinfleck – die Folge der unbeherrschten Geste des Saurauers, die den Pokal hatte überschwappen lassen. Blitzschnell war die Flüssigkeit in das Tischtuch gedrungen und hatte dem jungfräulichen Leinen die makellos weiße Unschuld geraubt.
    Tief drang das schreiende Rot in seine Augen – und der Satz, den er erst kurz zuvor vernommen hatte, in sein Gehirn.
    Mit einem Mal begann das Gefühl eines unbeschreiblichen Triumphes in ihm hochzusteigen.
    Doch mit dem Triumph kam auch der Zorn.
    Eine kalte Wut auf die Person, die es über einen so langen Zeitraum hinweg verstanden hatte, sich als genauso makellos rein darzustellen wie das Tischtuch und sich den Anschein höchster Ehrbarkeit geben hatte.
    Bis jetzt, da Wolf mit einem Mal, urplötzlich, und ohne dass er darauf vorbereitet gewesen war, den riesigen, hässlichen Flecken an ihr wahrgenommen hatte.
    Ein einziger Satz hatte genügt, um ihn zu entdecken.
    Blitzartig war er in sein Bewusstsein gedrungen und hatte ihn an die Gesprächsrunde des Tages erinnert, als die Steyrer auf Gallenstein erschienen waren – und damit an jene Äußerung, von der er zwar wusste, dass sie gefallen war, die er aber die ganze Zeit über nie zu greifen vermocht hatte.
    Bis zu diesem Augenblick, in dem es ihm wie Schuppen von den Augen fiel und er klar sah.
    Glasklar!
    Er spürte einen Rempler in der Seite und fuhr hoch.
    „Was ist mit Euch? Wollt Ihr denn nicht antworten?“, raunte ihm der Saurauer zu, peinlich berührt über sein seltsames Verhalten.
    Vage erinnerte sich Wolf, dass ihn der Venezianer angesprochen hatte.
    „Verzeiht, Signor Polo … Ich war gerade in Gedanken … Würdet Ihr die Güte haben, Eure Frage zu wiederholen?“, bat er.
    Irritiert ob der geistigen Abwesenheit, die jetzt erst zu enden schien, zog Polo die Brauen hoch. „Nun, ich fragte Euch, ob Ihr mit mir zusammen die Überführung des Lösegeldes übernehmen wollt“, wiederholte er.
    „Das vermag ich Euch noch nicht zu sagen … Ich habe noch andere Aufgaben wahrzunehmen, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordern … Ich bin dem Dienst des officium inquisitionis verpflichtet worden … Wie Ihr vielleicht wisst, ist Heinrich von Olmütz gerade in der Gegend.“
    Erneut zog Polo die Brauen hoch, erstaunt diesmal, fast ungläubig. „Man hat Euch verpflichtet, Ketzer zu fangen?“
    „Ihr sagt es … In den nächsten Tagen steht eine Expedition diesbezüglich an“, gab Wolf zurück, wobei ihm die Sätze irgendwie abgehackt und gepresst über die Lippen kamen. Einzig Katharina merkte, dass die seltsame Erregung, die ihn ergriffen hatte, noch immer in ihm nachwirkte.
    Wolfs Hinweis auf den angeblichen Ketzerfeldzug war rein taktischer Natur und diente lediglich dazu, die Aktivitäten des übernächsten Tages zu tarnen, an dem man in die

Weitere Kostenlose Bücher