Der Seelenhändler
würden. Bedächtig löste er den Strick, mit dem er das Pferd an einen der Pflöcke angebunden hatte und gab dem Tier einen Klaps. „Komm, beweg dich ein wenig, Schwarzer“, sagte er. Der Rappe trottete zum Hofrand hinüber; dorthin, wo sich bereits das Pferd des Boten befand und der sandige Boden in eine Wiese überging.
Wolf blickte sich um. Die zum Hof hin offen stehende Tür fiel ihm ins Auge. Sie war aus dicken Bohlen gefertigt und ließ sich von außen mittels eines Balkens verriegeln. Er sah sich den Mechanismus genauer an. Der Balken führte durch zwei mächtige Eisenzwingen, die in die Tür eingelassen waren, und durch eine weitere Zwinge hindurch direkt in das Mauerwerk neben der Tür. Unvermittelt kam Wolf eine Idee, die ein grimmiges Lächeln über seine Züge huschen ließ. Rasch ging er um das Haus herum und verbarg sich in dem schmalen Spalt, der zwischen der Hausrückwand und dem Fels klaffte und mit Unrat übersät war. Kurz darauf vernahm er auch schon das Klappern von Hufen. Die Reiter kamen heran. Unter dem Fenster stehend, eng in den Schatten der Mauer geschmiegt, beschloss Wolf, noch zu warten. Als das typische Klopfen verstummte, wusste er, dass die Männer das Ende des steinigen Pfades erreicht hatten und in dem von einer dicken Sandschicht bedeckten Hof angelangt waren. Gleich darauf vernahm er Stimmen; sie hat-ten den Schankraum betreten.
„Oh, da bist du ja. Ich hoffe, du hattest eine gute Reise? Und vor allem, dass du das Dokument mitgebracht hast. Der Schwarze wartet schon darauf“, hörte Wolf eine tiefe Bassstimme sagen. Gleich darauf wandte sich der Bass an den Wirt: „He, Wirt! Vier Humpen von deinem Gebräu, aber schnell, sonst machen wir dir Beine!“
Wolf hatte genug gehört. Er beschloss, seinen Plan unverzüglich in die Tat umzusetzen; was er vorhatte, musste schnell geschehen.
An der Nordwestseite des Hauses schlich er an der Mauer entlang zurück und spähte um die Ecke. Außer den Pferden befand sich niemand im Hof. Er blickte zum Wald hinüber. Wieder nickte er befriedigt. Soeben bogen die Gallensteiner unter Führung des Grafen im Galopp auf den Pfad zur Herberge ein – sie hatten sein Zeichen bemerkt.
Eng an die Mauer geschmiegt, stahl sich Wolf hinter die offen stehende Tür und horchte. Vulgäres Grölen drang aus dem Schankraum. Noch wartete er. Bis abermals Hufgetrommel erklang. Er blickte sich um. Die Gallensteiner kamen. Es war Zeit, zu handeln.
Mit voller Kraft und einem lauten Knall schlug Wolf die Tür zu und verriegelte den Zugang zur Schenke, indem er den Balken nach rechts durch die Zwinge schob.
Das Grölen erstarb. Für einen Moment herrschte verblüfftes Schweigen. Dann aber drangen wütende Schreie und das Geräusch dumpfer Schläge nach draußen – die Eingesperrten droschen gegen die Tür. Doch gegen die massiven Bohlen kamen sie nicht an, und der mächtige Riegel saß unverrückbar fest.
Schon wirbelte Staub auf – die Gallensteiner preschten in den Hof.
Friedrich von Saurau sprang aus dem Sattel.
„Gottlob! Ihr seid wohlauf!“, rief er schon von Weitem.
„Aber ja doch, ich schon – im Gegensatz zu denen da drinnen“, lachte Wolf.
Jetzt erst nahm der Graf das Geschrei und die dumpfen Schläge wahr, die aus dem Innern des Hauses drangen.
„Alle Achtung! Ihr habt sie eingesperrt. Wie ist Euch das gelungen?“, fragte er verblüfft.
„Es war nicht besonders schwierig. Aber davon später. Jetzt gilt es erst einmal die Halunken zu zähmen, sie scheinen da drin alles kurz und klein zu schlagen.“
„So, wie sich das anhört, werden wir damit einige Mühe haben“, wandte sich Arnim von Hallstatt an Wolf.
In der Tat herrschten im Innern der Schenke Panik und Wut. Zum Gebrüll der Schnapphähne gesellte sich mittlerweile auch das trockene Scheppern zu Bruch gehender Tonkrüge und das Bersten von Holz. Auch das laute Jammern des Wirtes war nicht zu überhören.
Wolf griff sich einen Holzpflock, der auf dem Hof herumlag, und ging damit zum Eingang. Mit einigen kräftigen Hieben auf die Tür lenkte er die Aufmerksamkeit der Eingeschlossenen auf sich. Der Lärm erstarb.
„He, ihr da drinnen. Hört genau zu, was ich euch sage“, rief er. „Wir wissen, wer ihr seid. Wir kennen euch sogar mit Namen. Das Spiel ist aus; also, ergebt euch. Auch euer verdammter Orden vom Ring kann euch nicht mehr helfen. Wir werden die Tür nun einen Spalt weit öffnen, dann werdet ihr herauskommen, einer nach dem anderen, mit den Händen über euren
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