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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Habt Ihr nicht den Hallstatter für die vierte Wache eingeteilt?“
    „Ja, aber jetzt werde ich sie selbst übernehmen, nachdem ich schon einmal wach bin. Also, geh, leg dich nieder. Du hast deine Sache gut gemacht.“
    Burkhart ging zum Lager zurück, während Wolf es sich hinter dem breiten Stamm so bequem wie möglich machte. Er dachte nach. Der Fremde, der sich in den „Bären“ begeben hatte, war sehr früh gekommen. Vorausgesetzt, es handelte sich bei ihm tatsächlich um einen der Männer, die sie erwarteten, stellte sich die Frage, wann nun die anderen erscheinen würden.
    Wolf blickte zum Himmel und prüfte nochmals den Stand der Sonne; noch etwas weniger als drei Stunden bis zur Sext – eine lange Zeit, wenn man warten musste.
    Die Sext war längst vorüber, als er unruhig zu werden begann. Heiß und hell brannte die Sonne inzwischen vom Himmel, aber mindestens drei von den vieren, die sie erwarteten, waren noch immer nicht aufgetaucht. Wolf begann eine eigenartige Spannung zu verspüren, die nicht ganz frei von gewissen Zweifeln war. Würden die Männer kommen – oder hatten sie ihren Plan geändert? Er musste es herausfinden. Es war an der Zeit, zu handeln und sich endlich Klarheit zu verschaffen. Er würde zur Herberge reiten und sich den Mann ansehen.
    Ein Rascheln in seinem Rücken unterbrach seine Überlegungen. „Nun, Wolf, wie steht’s? Was glaubt Ihr, wie lange müssen wir denn noch warten?“, fragte der Graf, der sich durchs Dickicht zu ihm durchschlug.
    „Ich weiß es genauso wenig wie Ihr“, entgegnete Wolf ein wenig unwirsch und unterbreitete dem Saurauer seinen Plan.
    Der Graf runzelte bedenklich die Stirn. „Ihr wollt hinüber und Euch den Mann ansehen? Wird das nicht seinen Verdacht wecken?“
    „Nein, warum sollte es das. Der Mann kennt mich nicht, und der Wirt ebenso wenig. Schließlich ist das dort drüben ein öffentliches Wirtshaus. Der Wirt lebt von Fremden, die bei ihm einkehren, und eine Plauderei zwischen Gästen ist das Normalste der Welt.“
    „So gesehen habt Ihr natürlich Recht“, räumte der Saurauer ein.
    „Also denn. Ich werde jetzt mein Pferd holen. Ihr müsst mit den Männern weiter auf Posten bleiben und das Gelände beobachten. Dürfte ich Euch bitten, während meiner Abwesenheit das Kommando zu übernehmen?“
    „Natürlich. Aber was machen wir, wenn die Schurken auftauchen? Vor allem, woran erkennen wir sie?“
    „Das kann ich Euch auch nicht sagen. Ich würde vorschlagen, ihr beschränkt euch vorerst nur aufs Beobachten. Sobald sich weitere Personen der Herberge nähern, haltet Ihr Euch mit den Männern bereit, um mir sofort zu Hilfe eilen zu können. Ich werde versuchen, Euch rechtzeitig zu signalisieren, wenn ich Euren Beistand brauche. Seht Ihr die Pflöcke dort neben der Eiche?“
    Der Graf spähte zur Herberge hinüber. „Ihr meint wohl die, an denen die Reittiere festgemacht werden?“
    „Ja. Ich werde meinen Rappen dort festmachen. Wenn ich aus dem Haus trete und ihn wieder losbinde, ist das für Euch das Zeichen, sofort loszureiten.“
    Der Graf nickte. „Nun gut. Wie Ihr meint. Ich wünsche Euch viel Glück. Wartet, ich hole Euer Pferd.“
    Der Graf begab sich durch das Dickicht ins Lager zurück und kehrte kurze Zeit darauf mit dem Rappen wieder. Vorsichtig vergewisserte sich Wolf, dass die Luft rein war, dann trat er aus dem Wald hinaus, saß auf und trabte gemächlich in Richtung Wirtshaus.
    Dämmriges Zwielicht empfing ihn, als er in den Schankraum trat. Außer der Türöffnung erhellte nur noch ein winziges Giebelfenster, das sich im rückwärtigen Teil des Hauses befand, und zwar in der Wand, die gegen den dunklen Steilhang hin lag, die Herberge. Im Raum selbst war es stickig und heiß, und im Eingangsbereich stank es erbärmlich nach Urin und Kot. Schuld daran war ein Abtritt, der sich gleich neben der Tür befand.
    Wolfs Augen benötigten eine Weile, bis sie sich an das schummrige Dunkel gewöhnt hatten. Er sah sich um. Gleich neben dem Abtritt wand sich eine schmale Stiege nach oben. Sie mündete in eine viereckige dunkle Öffnung, die in die Holzdecke eingelassen war und offensichtlich in eine Dachkammer führte. Die Mitte des Schankraumes nahm eine kniehoch gemauerte Herdstelle ein, über der sich ein gewaltiger Rauchfang erhob. Offenbar war sie für die schwarze Decke und die verrußten Wände verantwortlich. Rechts daneben standen zwei Bänke und ein Tisch. Ein Mann saß dort; offenbar der Reiter, den sie vor Stunden schon in

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