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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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und ihnen Lumpen ins Maul gestopft; die schweigen wie ein Grab.“
    „Sehr gut“, raunte Wolf, obwohl ihn das Verhalten Heiners ebenso verblüffte wie erschütterte; sein Ziel war es, so wenig Blut wie möglich zu vergießen. Allerdings musste er zugeben, dass der Schnapphahn seine Loyalität beeindruckend unter Beweis gestellt hatte.
    In diesem Moment frischte plötzlich der Wind wieder auf. Eine kräftige Bö wehte über ihre Köpfe hinweg. Staub wirbelte empor und ließ das Blättermeer des Waldes, der sich zur Linken den steilen Graben hinunterzog, erschauern. Stirnrunzelnd blickte Wolf nach oben, die Wolken hatten sich wieder in Bewegung gesetzt und glitten drohend auf den Mond zu; nicht mehr lange, und undurchdringliche Dunkelheit würde die Sicht erschweren.
    Wolf ging zu Ulrich und Heiner hinüber. Sie standen einige Schritte weiter vorn neben einem mächtigen Spalt. Er trennte zwei Felsmassive voneinander, die etwa zwanzig Klafter hoch aufragen mochten.
    „Gut gemacht“, lobte er die Männer leise. An Heiner gewandt sagte er: „Wenn du so weitermachst, werde ich beim Richter mehr als nur ein gutes Wort für dich einlegen. – Ist das der Eingang zum ,Horst‘?“ Wolf deutete mit dem Kopf in den Spalt hinein.
    „Ja, Herr“, bestätigte Heiner.
    „Wie weit ist es von hier bis zum Plateau, sagtest du?“
    „So ziemlich genau sechshundert Schritt, Herr.“
    „Du erwähntest gestern, dass es außer den Posten am Eingang zum Hohlweg keine weiteren Wachen gibt. Du sprachst von zwei. Nun waren es aber doch drei. Was, wenn wir im Hohlweg überraschend auf weitere deiner Spießgesellen stoßen?“
    „Mit Verlaub, Herr: meiner ehemaligen Spießgesellen“, verbesserte Heiner ungeniert und fuhr fort: „Ihr könnt ohne Sorge sein. Wie ich gestern schon sagte: Alle, außer den Wachen, müssen sich noch vor Mitternacht auf dem Plateau versammelt haben. Keiner darf sich im Hohlweg aufhalten. Auch die Wachen dürfen ihren Posten nicht verlassen, es sei denn, es droht Gefahr.“
    „Hm. – Du sagtest auch, dass die beiden Oberschurken schon vor den anderen da sind?“
    „Ja. Sie müssen ihren Auftritt vorbereiten. Darum kommen sie vorher.“
    „Aber das Plateau – oder den ,Horst‘, wie du euer Versteck nennst – betreten sie erst dann, wenn die gesamte Bande dort versammelt ist?“
    „Ja, Herr.“
    „Von woher kommen sie?“
    „Sie treten aus dem Hohlweg aufs Plateau hinaus.“
    „Das heißt ja wohl, dass sie sich bis dahin irgendwo versteckt halten?“
    „Ja. Es gibt da eine Höhle. Sie befindet sich noch im Hohlweg und führt rechter Hand in den Fels hinein. Noch bevor man auf das Plateau gelangt, kommt man daran vorbei. Sie haben eine schwere Tür davor anbringen lassen, die mit Eisen beschlagen ist und sich absperren lässt. Es ist jedem bei Todesstrafe untersagt, die Höhle zu betreten.“
    Wolf nickte. Was Heiner sagte, bestätigte einmal mehr, dass ihre Entscheidung, mit dem Trupp erst kurz vor Mitternacht hier einzutreffen, richtig gewesen war. So konnten sie einigermaßen sichergehen, auf dem Weg in den „Horst“ niemandem von dem Gesindel zu begegnen; etwas, was ihrem Vorhaben leicht hätte gefährlich werden können.
    Ein Tropfen, der auf seine Nase fiel, veranlasste Wolf, abermals prüfend nach oben zu sehen. Die mittlerweile wild dahintreibenden Wolken hatten sich inzwischen des Mondes bemächtigt und spiel-ten Katz und Maus mit seinem Licht. Wolf nahm es mit einiger Sorge zur Kenntnis. Längst schon hatten auch die Böen an Intensität zugenommen.
    Wolf wandte sich an Heiner. „Was meinst du. Wirst du uns auch führen können, wenn uns der da oben sein Licht verweigert?“
    „Ja, Herr. Ohne Schwierigkeit.“
    „Wie sieht’s aus, wenn wir auf dem Plateau angelangt sind? Du erzähltest, sie entzünden stets einige Feuer. Was ist, wenn es vom Himmel kübelt? Wird der Regen sie nicht löschen?“
    „Keine Sorge, Herr. Wenn Regen droht, machen sie einige Feuer besonders groß. Und über die kleineren hängen sie nasse Decken, die sie an Stangen befestigen.“
    Wolf nickte zufrieden; damit schien auch diese Frage geklärt zu sein. Dann wandte er sich an den Trupp, um den Männern noch einmal mit leiser Stimme die wichtigsten Punkte des nächtlichen Unternehmens zu vergegenwärtigen. Ulrich Hutter würde, unter dem Befehl des Grafen, den Eingang zur Höhle sichern, in der die Venezianer gefangen saßen. Hauptmann Helfrich fiel die Aufgabe zu, mit seinen Männern auszuschwärmen und die

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