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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler
Autoren: Peter Orontes
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schwere silberne Schließe befand sich daran. Er hielt sie ins Licht. Sofort erkannte er ihren Wert. Die Schließe war äußerst kunstvoll gearbeitet. Das filigrane Muster zeigte einen wunderschön ziselierten Eberkopf, eingefasst von einem Lorbeerkranz. Wolf wusste: Solch einen Gürtel hatte Arnulf nie besessen. Oder etwa doch? Hatte er vielleicht irgendwo, ohne dass sonst jemand davon gewusst hatte, wertvolle Dinge versteckt? Ein absurder Gedanke. Wolf verwarf ihn sofort wieder; ärgerte sich, dass er überhaupt darauf verfallen war. Nein. Der Gürtel musste einem der Täter gehört haben, und der hatte ihn, aus welchem Grund auch immer, hier in der Hütte verloren. Er rollte das kostbare Stück zusammen und steckte es in den Beutel, den er um die Schulter trug.
    Sorgfältig suchte er daraufhin den Boden nach weiteren Spuren ab. Langsam ging er Stück für Stück durch die Behausung, den Blick nach unten gerichtet. Außer Flecken und Spritzern getrockneten Blutes bedeckten kleinere und größere Brocken Erde sowie Gras- und Pflanzenreste den gestampften Lehm; Schmutz, der offensichtlich an den Stiefeln, vielleicht auch an der Kleidung der Mörder haftete, als sie in die Hütte eingedrungen waren.
    Auch dort, wo die Körper von Agnes und Arnulf lagen, inspizierte er gründlich den dunklen Lehmboden. Dabei ließ er einmal mehr seinen Blick über die Leichen gleiten …
    … und stutzte plötzlich. Gleichzeitig wunderte er sich darüber, wie ihm das, was er sah, bisher hatte entgehen können. Arnulfs Arme! Blutunterlaufene Striemen wanden sich um seine Handgelenke.
    Er überlegte. Offensichtlich war Arnulf über einen bestimmten Zeitraum hinweg gefesselt gewesen. Die Stricke hatten Schürfspuren hinterlassen. Doch warum hatten sie ihn gebunden? Und was war der Grund, dass man ihm später die Fesseln wieder abgenommen hatte?
    Sein Blick wanderte den Körper abwärts und fiel erneut auf das wollene Nachthemd von Agnes, das wie zufällig über ihre sowie die Füße ihres Mannes gebreitet lag. Er beugte sich vor, zog es an sich – und stutzte abermals!
    Beider Füße starrten vor Schmutz. Sie waren kohlrabenschwarz! Getrocknete Erde und Lehm, Blätter, Moos und Fichtennadeln hafteten an ihnen. Was hatte das zu bedeuten? Hatten sich die beiden etwa kurz vor ihrem Tod barfuß im Freien aufgehalten? Offensichtlich. Und noch dazu in unbekleidetem oder fast unbekleidetem Zustand. Aber weswegen? Und wo?
    Er brauchte nicht lange zu überlegen, bis er zumindest auf das Wo kam: Sie mussten bei den Meilern gewesen sein! Unweit der Hütte hatte Arnulf schon vor vielen Jahren auf einem natürlichen Plateau eine Fläche in den Wald hineingeschlagen und gerodet. Um an dieser Stelle die Meiler zu graben, in denen Holz zu Kohle wurde. Der Boden bestand hier vorwiegend aus Erde, vermischt mit Lehm und Kohlenstaub. In den vergangenen Nächten war heftiger Regen niedergegangen und hatte den Boden aufgeweicht, daher die schwarzen Klumpen an den Füßen.
    Je gründlicher er über alles nachdachte, desto mehr kam er zu der Überzeugung, dass es so gewesen sein musste. So und nicht anders. Er beschloss, den Ort, an dem sich die Meiler befanden, in Augenschein zu nehmen, um dort seine Theorie bestätigt zu finden.
    Aber käme er dort auch der Antwort auf die alles umfassende Frage nach dem Warum näher?
    Wolf trat aus dem Zwielicht der Behausung nach draußen und atmete erst einmal tief durch. Er setzte sich ins hohe Gras, um nachzudenken. Nach einer Weile fiel ihm ein, dass er ja ursprünglich den Platz, an dem die Meiler vor sich hinschmauchten, hatte inspizieren wollen. Doch kaum dass er sich erhoben hatte, um zu der Lichtung hinüberzugehen, veranlasste ihn das entfernte Wiehern eines Pferdes, nach Süden zu blicken. Auf dem sanft geschwungenen Weg, der aus der Talsenke zu ihm heraufführte, konnte er drei Reiter ausmachen. Die „Amtshilfe“, dort kam sie angeritten. Ein verächtliches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Als die Männer nahe genug herangekommen waren, erkannte Wolf Hermann Jenninger, den Stadtrichter von Rottenmann, nebst zwei Bütteln. Offensichtlich hatte er es für nötig befunden, selbst zu kommen, anstatt seinen Vertreter zu schicken. Wolf erhob sich.
    Der Richter nickte ihm grüßend zu. Wolf nickte zurück. Sie kannten sich, mochten einander jedoch nicht.
    Hermann Jenninger sah Wolf an. „In der Hütte, also?“, fragte er kurz und trocken.
    „In der Hütte“, bestätigte Wolf, ebenso trocken.
    „Na, dann
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