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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler
Autoren: Peter Orontes
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abgebrochen und aus der Erde mit herausgerissen hatte.
    Der Beutel war aus fein gegerbtem Leder und gut erhalten, jedoch stark verschmutzt von der Erde, die ihn bis jetzt geborgen hatte. Vorsichtig befreite Wolf ihn vom gröbsten Dreck. Dabei ertastete er einen harten Gegenstand und zuckte plötzlich zurück. Etwas hatte ihn durch das Leder hindurch in die Hand gestochen. Blut quoll aus der kleinen Wunde, doch angesichts dessen, was da aus dem Beutel ragte, ignorierte er es: Es war eine Nadel. Und sie war zweifellos aus Gold!
    Also doch, dachte er. Arnulf und Agnes hatten kostbare Dinge besessen, die sie vor anderen verborgen hatten. Eine gewisse Enttäuschung bemächtigte sich seiner, vermischt mit leichter Bitterkeit; irgendwie fühlte er sich hintergangen.
    Er öffnete das Ledersäckchen, indem er die zugezogene, verknotete Schlaufe aufzog. Vorsichtig griff er hinein und zog den Gegenstand hervor: es war eine Brosche. Ein kostbar gearbeitetes Schmuckstück aus schwerem purem Gold.
    Sorgfältig betrachtete er seinen Fund, dabei packte ihn höchste Erregung.
    In das wie ein Eschenblatt geformte Stück war mit filigraner Kunstfertigkeit der Kopf eines Ebers eingearbeitet.
    Das gleiche Motiv wie auf der silbernen Gürtelschließe.
    Nur, dass der Eberkopf dort von einem Lorbeerkranz umgeben war.
    Nachdenklich steckte er die Brosche in seine Schultertasche zu der silbernen Gürtelschließe und fragte sich, was für überraschende Wendungen die Suche nach den Mördern wohl noch für ihn bereithalten würde.
    Ein letztes Mal noch sah er sich prüfend um – dann entschloss er sich, zurückzugehen.
    Die schwerste Aufgabe des Tages lag noch vor ihm.
    Arnulf und Agnes, Anna, Paul und Tassilo warteten darauf, ihre letzte Ruhestätte zu finden.

4
    Lärm drang in den Wald, der sich beiderseits der Straße nach Sankt Gallen hinzog.
    Träge bewegte sich der schwere Wagen, der im Zentrum des Trosses fuhr, voran. Rumpelnd und ächzend schürften die eisenbereiften Räder über den steinigen Weg. Den Mittelpunkt des Zuges, der an diesem Vormittag von Admont kam und sich über den Buchauer Sattel in Richtung Sankt Gallen bewegte, bildeten drei Fuhrmänner aus dem Salzburgischen, die für das Pferdegespann verantwortlich waren. Ferner drei venezianische Kaufleute, die, in kostbares Tuch gekleidet, auf mindestens ebenso kostbaren Pferden ritten, sowie eine schlanke, hochgewachsene Gestalt in leichter Rüstung und Lederhelm, deren Anmut auf den ersten Blick überraschte. Doch schon beim zweiten Hinsehen bemerkte man, dass es sich bei der auf einem Zelter reitenden Person um eine Dame handelte. Den notwendigen Geleitschutz stellten zehn Berittene: Waffenknechte des Burggrafen Friedrich von Saurau, der auf Burg Gallenstein residierte und die Venezianer im Auftrag des Admonter Stiftes bereits erwartete.
    Eigentlich hätte der Kaufmannszug erst am folgenden Tag auf Gallenstein eintreffen sollen, denn man hatte zunächst einen eintägigen Zwischenaufenthalt in Lietzen geplant. Dann aber hatten sich die drei Herren aus Venedig kurzfristig entschlossen, doch lieber weiterzureisen. Der Graf war durch einen Kurier darüber unterrichtet worden, dass man bereits heute eintreffen würde.
    Im Schneckentempo war der Trupp den Berg hinaufgekrochen, bis er den Buchauer Sattel passiert hatte. Jetzt ging es die Straße wieder vorsichtig hinunter. Die drei Fuhrleute hatten bislang gute Arbeit geleistet. Zwei saßen vorne auf dem Kutschbock. Der dritte hockte hinten auf einem Brett und bediente die Handkurbelbremse. Letzteres war, da es nun steil bergab ging, besonders wichtig, galt es doch, das klobige Fuhrwerk davor zu bewahren, zu schnell zu werden und unkontrolliert den Hang hinunterzurollen.
    Schon jetzt, es mochte um die Terz herum sein, deutete alles darauf hin, dass auch der heutige Tag wieder sehr heiß werden würde.
    „Verdammte Plackerei!“, schimpfte Engelbert, einer der beiden Fuhrleute, die vorne auf dem Wagen saßen. Stöhnend wischte er sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    „Was gäbe ich jetzt für ein kühlen Humpen“, seufzte Martin und leckte sich sehnsüchtig die ausgetrockneten Lippen.
    „Da wirst du dich noch ein Weilchen gedulden müssen. Wir haben noch nicht einmal Mittag. Mit dieser verdammten Ladung werden wir noch lange brauchen. Verflucht schwer ist sie diesmal. Hoffentlich hält der Wagen, bis wir auf der Burg sind, ohne dass vorher Deichsel oder Räder verrecken.“
    „Was ist denn in den
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