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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Dominikaners, obwohl Metschacher wusste, dass er, Wolf, sich unverzüglich um die Aufklärung jener rätselhaften Umstände kümmern wollte, die das Geständnis Mautners an den Tag gebracht hatte, um so endlich den Schleier, der über der Identität Bertrams lag, lüften zu können.
    Ärger über das opportunistische Verhalten Metschachers begann in Wolf zu lodern. Doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen – zu groß war die Gefahr, dass der Prior die wahren Beweggründe für seine Verweigerung erkennen würde.
    „Und was ist mit Basilius? Wir waren soeben übereingekommen, dass ich nach ihm suchen soll. Hat dies nicht Vorrang?“, kam er auf den entflohenen Cellerar zu sprechen.
    Erneut runzelte der Benediktiner die Stirn und begann, unentschlossen hin- und herzugehen. Dann aber blieb er abrupt stehen. „Nein, Wolf! In diesem Fall muss ich die Bitte des Inquisitors vorrangig behandeln. Ich kann es mir nicht noch einmal leisten, ihm zu widersprechen. Ihr versteht das doch sicher, nicht wahr?“, erwiderte er bestimmt.
    Ein bitterer Zug legte sich um Wolfs Mundwinkel. Dennoch beschloss er, einen weiteren Versuch zu wagen, den Prior umzustimmen. „Otto, Ihr wisst, wie sehr mich die Sorge um Bertram umtreibt. Ihr selbst habt mir dazu geraten, die Mörder der Familie Arnulfs ausfindig zu machen – um Bertrams willen, wie Ihr damals sagtet. Es ist höchste Zeit, dass ich mich intensiver darum kümmere. Und genau das werde ich auch tun. Mit oder ohne Euren Segen.“
    „Aber Wolf, ich begreife nicht, warum nicht beides unter einen Hut gehen sollte. Ihr kommt dem Inquisitor entgegen, und wenn der seinen Auftrag erledigt hat, kümmert Ihr euch um diesen Grafen von Rieden. Wo ist das Problem?“, entgegnete der Prior ärgerlich.
    Wolf trat näher an ihn heran; er merkte, wie er langsam die Geduld verlor. „Das will ich Euch sagen. Die Zeit drängt. Nur noch wenige Tage, und dieser Verbrecher taucht persönlich hier auf, wie Ihr wisst. Er wird nicht eher ruhen, bis er den Jungen beseitigt hat. Glaubt Ihr etwa, dass ich so lange warte?“, bellte er Metschacher an.
    Gerade wollte der Prior zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, als ein Pochen an der Tür ein weiteres Eskalieren der Auseinandersetzung unterbrach.
    „Ja, was gibt es!“, rief Metschacher unwirsch.
    Die schwere Eichentür öffnete sich ein Stück weit, und Theobald streckte den Kopf herein.
    „Ein Bote, ehrwürdiger Vater Prior. Aus Rottenmann. Vom hochehrwürdigen Inquisitor.“
    Metschacher zog fragend die Brauen nach oben. „Ein Bote des Inquisitors? Seltsam. Bitte ihn herein!“
    Die Tür schloss sich, um sich gleich darauf wieder zu öffnen. Der Bote trat ein. Es war einer der beiden Mönche, die Olmütz als persönliche Adjutanten dienten.
    Näher tretend, verbeugte sich der Dominikaner und legte die Rechte auf die Brust. „Pax tecum , ehrwürdiger Vater. Verzeiht die Störung. Ich komme im Auftrag des hochehrwürdigen Inquisitors, Heinrich von Olmütz. Mein Herr lässt Euch ausrichten, dass er Eure Einladung für den heutigen Abend ausschlagen muss; es tut ihm sehr leid; aber dringende Geschäfte fordern seine Anwesenheit in Salzburg. Er wird noch heute abreisen.“
    Wolf hatte alle Mühe, sich seine Erleichterung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen, während Metschacher einen deutlich konsternierten Eindruck machte.
    „Es ist gut, Bruder“, antwortete er mit spröder Stimme, „ich danke Euch für die Nachricht. Ihr seid schon seit einigen Stunden unterwegs und sicher müde. Ruht Euch ein wenig aus. Der Bruder Pförtner wird Euch ins Refektorium hinüberbegleiten, wo Ihr Euch erfrischen könnt.“ Metschacher griff nach dem silbernen Glöckchen auf dem Tisch und bimmelte nach Bruder Theobald.
    Noch einmal verbeugte sich der Dominikaner. „Der Herr sei mit Euch, ehrwürdiger Vater Prior“, verabschiedete er sich und verließ zusammen mit dem Pförtner das Scriptorium.
    Wolf stand noch immer in der Nähe des Tisches. Schweigend, mit auf dem Rücken verschränkten Armen, schritt Metschacher erneut zum Fenster. Gedankenverloren wanderte sein Blick zum gewaltigen Felsmassiv der Haller Mauern hinüber und strebte dann zum Himmel empor. An einem schwarzen, majestätisch dahingleitenden Schatten blieb er haften – hoch oben in der herrlichen Bläue zog, schwerelos und in beneidenswerter Freiheit, ein Steinadler seine kühnen Kreise.
    „Wir alle haben unsere Verpflichtungen, Wolf. Vor dem Herrn und vor den Menschen. Niemand ist wirklich

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