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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler
Autoren: Peter Orontes
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geheimnisvollen Kisten überhaupt drin? Hast du es immer noch nicht herausgefunden?“
    „Woher, zum Teufel, soll ich das wissen? Glaubst du, dass die vornehmen venezianischen Herren, die da hinter uns reiten, das ausgerechnet mir auf die Nase binden?“
    „Das nicht. Aber du bist der Hellere von uns beiden. Du verstehst doch ihre Sprache. Hast du aus ihren Gesprächen nichts heraushören können, was auf den Inhalt schließen lässt?“
    „Nein, die sind nicht gerade gesprächig. Was mich am meisten ärgert: Dieses arrogante Pack hat bislang noch nicht einmal einen einzigen Blick an uns verschwendet. Obwohl vor allem wir bei diesem verdammten Transport mächtig ins Schwitzen kommen – flohbepackte Venezianerbrut“, wetterte Engelbert und sah nach hinten. „Auf jeden Fall muss irgendetwas besonders Wertvolles in diesen dämlichen Kisten stecken. Sonst hätte der Graf uns nicht zehn seiner Waffenknechte entgegengeschickt, die uns begleiten sollen. Außerdem hat er die Straße für andere Reisende vorübergehend sperren lassen. Wir scheinen ihm ganz schön wichtig zu sein.“
    „Wo du Recht hast, hast du Recht. Der Saurauer wird schon wissen, warum er gerade unseren Transport so scharf bewachen lässt. Schließlich steht er im Dienst der Herrschaft zu Admont. Und die stiftischen Kuttenscheißer haben allen Grund, vermehrt auf die Sicherheit der Strecke zu achten. Zumindest für den Bereich, für den sie zuständig sind. Du weißt ja, dass es hier in der Gegend schon öfter Aufruhr gegeben hat. Hoffentlich erwischt es uns nicht.“ Martin bezog sich mit seiner Bemerkung auf einige Überfälle, die der Strecke in den letzten Jahren einen zweifelhaften Ruf eingebracht hatten.
    „Uns? Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass die sich an unseren Transport rantrauen. Zehn berittene Waffenknechte können selbst die nicht knacken“, tönte Engelbert im Brustton der Überzeugung und fuhr fort: „Außerdem denk daran, dass uns eine vornehme Dame begleitet.“
    Martin warf ihm einen fragenden Blick zu. „Seit wann hält eine vornehme Dame irgendwelche Schurken davon ab, einen Tross zu überfallen?“
    „Du missverstehst mich. So meine ich’s nicht. Überleg doch mal: Glaubst du, dass der Klingfurther seine Tochter in unserem Tross mitreiten ließe, wenn er glauben würde, dass Gefahr für sie besteht?“
    „Du meinst – ah, jetzt verstehe ich. Aber du irrst. Ihr Vater wollte sie ursprünglich ein paar Wochen später mit einer größeren Gruppe direkt nach Venedig reisen lassen, doch das wollte sie nicht. Es ging ihr nicht schnell genug. Also schloss sie sich uns an und nahm lieber den Umweg über Sankt Gallen in Kauf. Ihrem Alten war das gar nicht recht. Aber er konnte nichts gegen sie ausrichten. Diese Katharina verfügt über einen eisernen Willen, sage ich dir. In ein paar Tagen werden die drei arroganten Schnösel dahinten wieder zurückreisen und sie mitnehmen.“ Bei dem letzten Satz hatte Martin mit dem Kopf nach hinten gedeutet.
    „Ach, und woher weißt du das alles?“, fragte Engelbert erstaunt.
    „Ich hab rein zufällig ein Gespräch mit angehört, das sie in Salzburg mit einem reichen Wiener Kaufmann hatte, kurz bevor wir aufgebrochen sind.“
    „Dass sie Haare auf den Zähnen hat, sieht man ja schon allein daran, wie sie rumläuft. Traut sich sogar, Hosen zu tragen. Was andere darüber denken, schert sie einen Dreck. Obwohl die Pfaffen nicht müde werden, solchen Frauen ordentlich die Leviten zu lesen, sogar von der Kanzel runter.“
    „Du sagst es. Aber ein verdammt schönes Weib ist sie. Auch wenn die Männerkleidung einiges davon verbirgt. Was gäb ich drum, ihr mal beim Ausziehen behilflich zu sein. Ich glaube fast, diesen seltsamen Helm trägt sie nur, damit die Männer nicht verrückt werden, wenn sie ihr Gesicht und ihre Haare sehen.“
    Engelbert lachte. „Du hast vielleicht Gedanken.“
    Die beiden Brüder stammten aus einem kleinen Ort nahe Salzburg, wo sie einen kleinen Fuhrbetrieb unterhielten. Die Venezianer hatten sie angemietet, nachdem das Gefährt, mit dem sie von Venedig heraufgezogen waren, unrettbar zu Bruch gegangen war. Auch die italienischen Fuhrleute und das Bewachungspersonal waren bei dieser Gelegenheit ausgewechselt worden. Es war billiger so.
    Engelbert und Martin waren die Einzigen im Tross, die sich unterhielten, die anderen ritten schweigend vor sich hin. Eng nebeneinander hockten die Brüder auf dem Bock und ließen entspannt die nackten Füße baumeln; die Stiefel
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