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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Unvorsichtigkeit jedoch sogleich bereuen. Gequält stöhnte sie auf. Die Erdhöhle war tiefer, als sie angenommen hatte, und der aus dem Boden ragende Felsbuckel, auf dem sie aufgekommen war, war nicht einkalkuliert gewesen. Trotz des Schmerzes im linken Knöchel versuchte sie ihren fliegenden Atem, der dem schnellen Lauf geschuldet war, zu unterdrücken. Dann aber hörte sie, wie sich jemand ihrem Versteck näherte, und zwang sich, obwohl Panik in ihr hochstieg, vorsichtig über den Rand der Höhle zu spitzen und die Lage zu sondieren. Durch das Wurzelgewirr hindurch bemerkte sie, wie nur wenige Schritte von dem Erdloch entfernt der unendlich lange Kerl und der mickrig geratene Glatzkopf in alle Richtungen spähten.
    „Mist, wir haben sie verloren“, ärgerte sich der Glatzkopf. „Der Alte macht uns einen Kopf kürzer, wenn wir ohne sie wieder auftauchen.“
    „Du hast Recht. Auf mich ist Schwarzer sowieso schlecht zu sprechen, seit letzte Mal ich chabe Sache mit diese Weinhändler fast versaubeutelt“, erwiderte der Lulatsch radebrechend mit deutlich slawischem Einschlag.
    „Verdammt, Ivo, was machen wir jetzt?“, überlegte der Glatzkopf.
    „Sagen wir, Frau ist gestürzt und chat sich Genick gebrochen, und wir chaben sie in Graben dort geworfen“, schlug Ivo vor und deutete auf eine nicht weit entfernte Erdspalte im Waldboden.
    Kaspar, der Glatzkopf, überlegte eine Weile. „Ja, scheint wohl das Einzige zu sein, womit wir den Kopf aus der Schlinge kriegen“, bestätigte er. „Hoffentlich glaubt uns der Alte. Verdammt noch mal, dass ausgerechnet uns das passieren musste!“, setzte er fluchend hinzu und stampfte wütend mit dem Fuß auf den Boden.
    Dann trollten sich die beiden, weitere Verwünschungen vor sich hin murmelnd.
    Unterdessen waren Polo, Lombardi und dal Pietro an den Händen gefesselt und unter derben Tritten und Schlägen bis zu der Stelle hinter der Wegbiegung getrieben worden, an der sich das Fuhrwerk befand. Noch während sie sich ihm näherten, hatten sie mit Entsetzen die Leichen der zu Boden gestreckten Waffenknechte zur Kenntnis genommen, die an der Spitze des Zuges geritten waren. Auf sie musste ein regelrechter Bolzenhagel niedergegangen sein, der die Meisten von ihnen blitzschnell von den Pferden gemäht hatte.
    Nachdem die Venezianer mit ihren Peinigern den Karren erreicht hatten, wurden sie kurzerhand zu Boden geworfen und an das hintere der vier Räder gefesselt. Erstaunt stellten sie fest, dass auch die beiden Fuhrknechte, die vorne auf dem Bock gesessen hatten, an eines von ihnen gebunden waren. Zwar hatten Martin und Engelbert noch verzweifelt versucht, vom Karren zu springen und sich in den Wald zu schlagen, aber auch sie waren auf der Stelle überwältigt worden. Dennoch hatten sie das bessere Los gezogen als Diet-rich, der Bremser.
    Dieser hatte, als die Wegelagerer aus dem Dickicht brachen, natürlich ebenfalls versucht, Fersengeld zu geben. In panischer Hast war er von der Straße in das dichte Unterholz des Waldes gehetzt und hatte sich schließlich nach Luft ringend hinter einen morschen Baumstumpf niedergeworfen, in der Hoffnung, dort sicher zu sein. Dann aber nahm er entsetzt wahr, wie sich plötzlich ein mit einer schwarzen Halbmaske bedecktes Gesicht über ihn beugte, das nur Mund und Kinn freiließ und um dessen Mundwinkel ein zynisches Grinsen spielte.
    „Für dich, mein Freund, habe ich leider keine Verwendung“, sagte der Mund, und noch bevor Dietrich über den Sinn dieser Worte nachdenken konnte, war schon kalter Stahl in sein Herz gefahren und hatte sein Bewusstsein ausgelöscht.
    Währenddessen hatten einige der Maskierten begonnen, sich an der Plane des Wagens zu schaffen zu machen. Sie lösten die Stricke, mit der sie befestigt war, und zogen sie herunter. Drei große eisenbeschlagene und mit schweren Schlössern versehene massive Kisten aus Holz kamen zum Vorschein.
    Die Männer sahen sich an und lachten.
    Plötzlich löste sich die hochgewachsene Gestalt des Schwarzen aus dem Schatten der Bäume am Waldrand. Das Gesicht hatte er noch immer mit der Halbmaske bedeckt; nur Mund- und Kinnpartie waren frei.
    „He, Ivo, Kaspar, wo steckt ihr? Habt ihr das Vögelchen wieder eingefangen?“, brüllte er in die Runde der Strauchdiebe.
    Ängstlich eilten der Lulatsch und der Glatzkopf herbei.
    „Nein, hat sich nicht fangen lassen, kleines Vögelchen. Ist über Stamm gestolpert und hat sich dabei Genick gebrochen“, log Ivo und blickte Hilfe suchend zu

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