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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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gewiss: Bevor man dir das Leben nimmt, wird man dir noch die Grafenehre nehmen, an der du so sehr hängst.“
    „Tatsächlich? Du willst mich einem Richter überantworten? Oh, welch ein Ausbund an Gerechtigkeit du doch bist. Aber gut, gut, sei’s drum. Ich nehme dich beim Wort und ergebe mich dir. Ich will ein ordentliches Gericht“, sagte er, wobei für den Bruchteil eines Moments ein tückischer Ausdruck in seine Augen trat.
    Langsam hob er die Hand, mit der er das Schwert hielt und warf die Waffe mit einer kurzen Bewegung zur Seite. Dumpf schlug der Stahl auf der Erde auf. Im selben Moment ging er mit einem schmerzhaften Stöhnen zu Boden.
    Wolf ließ seinerseits das Schwert sinken und trat vorsichtig an seinen Widersacher heran. Dabei trat er auf die zerstörte Armbrust, die am Boden lag; achtlos schob er sie mit dem Fuß beiseite.
    „Siehst du, so ist es schon besser! Und nun wirst du dich flach auf den Bauch legen, Arme und Beine ausgestreckt, verstanden?“, forderte er den Grafen mit erleichterter Stimme auf.
    Sei es, dass Wolf angesichts des wehrlosen Anblicks, den sein Gegner bot, eine Spur zu sorglos war, sei es, dass ihm das kurze tückische Aufblitzen in seinen Augen entgangen war – auf das, was nun geschah, war er in keiner Weise vorbereitet.
    Mit der Unberechenbarkeit eines tödlich verwundeten Raubtiers schnellte der Oberkörper des Riedeners plötzlich nach vorne. Während er seinen Mund weit aufriss, packte er gleichzeitig mit einem kräftigen Griff seiner Rechten Wolfs Hand, die das Schwert nur noch locker umfasste – und stieß sie sich, ungeachtet der damit verbundenen Schmerzen, so tief es ging in den wunden Rachen. Dann presste er mit seiner Linke seine gebrochene Kinnlade nach oben und biss, so kräftig er nur konnte, zu.
    Der Schrei Wolfs drang markerschütternd durch das Gewölbe und auch der Graf bäumte sich ob des sich selbst zugefügten Schmerzes auf, doch die im Rachen steckende Faust seines Gegners dämpfte sein Gebrüll zu einem dumpfen Stöhnen. Wie unzählige kleine Messer gruben sich die spitzen, scharfkantigen Trümmer seines zerstörten Gebisses in die Hand seines Feindes, der, vor Schmerzen rasend, sein Schwert fahren ließ und in die Knie brach.
    Genau das hatte Hanno beabsichtigt.
    Der Graf nutzte die Gunst des Augenblicks, um sein Opfer gänzlich zu Boden zu reißen, und Wolf schlug hart bäuchlings auf der Erde auf. Schmerz und Überraschung lähmten ihn. Unfähig, sich zur Wehr zu setzen, spürte er, wie sich der stämmige Riedener auf seinen Rücken schwang. Gleichzeitig spürte er etwas Hartes unter seinem Oberkörper, ohne dass er jedoch hätte sagen können, worum es sich handelte. Plötzlich nahm er wahr, wie der Graf mit einer Hand in seinen Haarschopf griff und ihm den Kopf auf den Boden presste. Seine andere Hand griff derweil nach einem Gegenstand, der sich links von ihm befand; Wolf erkannte in ihm ein Stück der zerstörten Armbrust, an deren einem Ende noch die Sehne hing. Mit einem heftigen Ruck riss der Graf Wolfs Kopf empor und schlang ihm die Sehne um den Hals.
    Mehrmals bäumte Wolf sich auf und versuchte, den Riedener abzuwerfen – aber es war ein vergebliches Unterfangen, denn sein Gegner war kräftig und von schwerem Körperbau. Wolf spürte, wie die Sehne immer tiefer in seinen Hals schnitt und ihm den Atem raubte, und zum ersten Mal brandete Todesangst in ihm hoch. In Panik versuchte er Luft zu holen; reflexartig glitt seine Zunge aus dem weit aufgerissenen Mund, während er über sich den keuchenden Atem des Grafen vernahm; ein letztes, hässliches Geräusch, das ihn gleich in die Welt ewigen Schweigens hinüberbegleiten würde.
    Da registrierte er unter Auferbietung seiner letzten Kräfte und mit hervorquellenden Augen, wie unter seinem rechten Rippenbogen die Spitze eines Bolzens hervorlugte …
    … der Bolzen einer Armbrust.
    Der plötzliche Anblick schien ihn augenblicklich neu zu beleben. Es gelang ihm, seine ausgestreckte Rechte an den Oberkörper heranzuziehen und die vom Biss des Riedeners malträtierte Hand unter seinen Oberkörper zu schieben. Trotz der Schmerzen krallten sich seine blutigen Finger um das gefiederte Ende des Geschosses, schnellten, indem er seine Brust anhob und sich leicht drehte, zur Faust geballt unter dem Brustkorb hervor und führten einen kräftigen Stoß nach oben.
    Jäh endete das Keuchen über seinem Haupt – und während sich ein Schwall warmen Blutes in seinen Nacken ergoss, spürte Wolf, wie der

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