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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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ausdauernd, waren sie hervorragend geeignet, auf schmalen, steinigen Pfaden Lasten zu einem hoch in den Bergen gelegenen Ziel zu schaffen.
    Wolf erhob sich aus der Hocke und pfiff leise durch die Zähne. Ja, so musste es sein. Das Ziel der Bande lag dort, wo man nur mit gebirgserprobten Saumtieren hinkam. In diesem Fall gab es nur einen Weg, auf dem sie ihre Flucht hatten fortsetzen können: nordwestlich durch den Graben, der ein Stück weit an der Pölzmauer entlangführte, hinauf zur Admonter Höhe. Von dort gelangte man auf unterschiedlichen Wegen ins felsbewehrte Tal der Laussa hinunter und – so man wollte – über den Hengstpass weiter in die Berge um Windischgarsten, wo es viele Höhlen und damit auch unzählige Versteckmöglichkeiten gab.
    Spätestens in diesem Moment wurde Wolf bewusst, dass die mörderischen Strauchdiebe bestens organisiert waren und über hervorragende Verbindungen verfügten. An ihrer Spitze musste ein strategischer Kopf ersten Ranges stehen, denn um ein solches Vorhaben erfolgreich durchzuführen, bedurfte es mehr als der simplen Logik einiger tumber Wegelagerer.
    Und noch etwas glaubte er sicher zu wissen: Zwischen dem Mord an der Familie Arnulfs und dem Überfall auf die Venezianer musste es eine logische Verbindung geben.
    Allerdings gab es etwas, das in keiner Weise ins Bild passen wollte – die fehlende große Zehe an Pauls rechtem Fuß …
    Wolf prüfte den Stand der Nachmittagssonne. Dann schwang er sich aufs Pferd.
    Es war an der Zeit, den Grafen aufzusuchen.

7
    Friedrich von Saurau schaute mit versteinerter Miene aus dem Fenster der Stube, die sich im obersten Stockwerk des Turmes befand, den man auf der Burg den „Roten“ nannte. Hierher zog er sich meist dann zurück, wenn er allein sein wollte, um nachzudenken. Wie von selbst wanderte sein Blick zum dreigezackten Gipfel des Reichensteins, der über der Buchauer Senke aufragte. Irgendwo dort, wo die Straße vom Buchauer Sattel herabkam und in das Sankt Gallener Tal führte, lagen zehn seiner Waffenknechte in ihrem Blut. Ihrer Seele entleibt von elendem Diebsgesindel, das sich mit kühner Dreistigkeit und unglaublicher Rohheit dem Handwerk des Tötens und Raubens verschrieben hatte.
    Gestern, irgendwann am Vormittag, musste es geschehen sein. Schon kurz nach der Prim, so hatten die erst heute Morgen zurückgekehrten Wachen, die bei Weng die Strecke kontrollierten, ausgesagt, hatte der venezianische Kaufmannszug die Strecke zwischen Admont und Weng in Richtung Buchau ziehend passiert. Die Wachen waren die Letzten, die die Venezianer, die in ihrer Begleitung reitende Katharina von Klingfurth sowie die drei Fuhrleute und die bewaffnete Eskorte lebend gesehen hatten. Seitdem galt der Transport als verschollen.
    Nun stand er, die Arme auf den steinernen Sims gestützt, am Fenster, starrte zur Buchau hinüber und wartete auf seinen Neffen. Wo blieb er nur?
    Am späten Vormittag hatte er ihn ins Stift geschickt, um dem Prior die schreckliche Nachricht zu überbringen, die ihm selbst bereits am Morgen übermittelt worden war. Eigentlich hatte er schon gestern Abend gewusst, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste, nachdem der Trupp nicht eingetroffen war. Doch er hatte es zunächst einfach nicht wahrhaben wollen.
    Auf Gallenstein hatte man mit dem Eintreffen der Venezianer irgendwann am Nachmittag des gestrigen Tages gerechnet, nachdem tags zuvor, am Freitag, um die Mittagszeit herum ein Kurier auf der Burg eingetroffen war, um zu melden, dass die Venezianer bereits einen Tag früher als geplant das Gastrecht auf Gallenstein wahrnehmen würden.
    Als die Stundenkerzen auf der Burg jedoch den Beginn der Vesper anzeigten, ohne dass der Transport in Sicht war, hatte Friedrich zum ersten Mal begonnen, sich deswegen Gedanken zu machen. Doch er verscheuchte die Unruhe, die in ihm aufkam, sogleich wieder. Es war durchaus denkbar, dass der Bruch einer Deichsel oder eines Rades das Eintreffen des Transportes verzögerte.
    Nachdem aber bei Einbruch der Dämmerung von den Venezianern noch immer nichts zu sehen war, wurde der Saurauer von ernster Sorge erfasst. Er beschloss, einen Reiter in die Buchau zu schicken, der nach dem Rechten sehen sollte. Als dieser spät am Abend zurückkehrte und meldete, dass er bis zum Sattel hinaufgeritten sei, aber nichts von einem Kaufmannszug gesehen habe, hatte es der Graf schließlich mit der Angst zu tun bekommen. Was war mit dem Transport geschehen? Und was mit den Venezianern und der Eskorte, die er

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