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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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erfolgte, auf dem Wagen gesessen und waren dann offenbar heruntergesprungen. Der Wirrwarr an Abdrücken an dieser Stelle deutete darauf hin, dass die zwei offenbar sofort überwältigt worden waren und keine Gelegenheit zur Flucht hatten. Es konnte sich dabei nur um die Fuhrleute handeln, die vorne auf dem Kutschbock gesessen hatten. Vermutlich hatten sie, der Hitze wegen, die Stiefel ausgezogen. Der dritte musste sich hinten auf dem Wagen befunden haben. Wolf betrachtete die Spuren, die sich um die beiden Hinterräder herum gruppierten, konnte dort jedoch keine nackten Fußabdrücke erkennen. Offensichtlich hatte der dritte Fuhrknecht seine Stiefel anbehalten.
    Er kehrte an die Stelle zurück, wo Arnim von Hallstatt auf ihn wartete.
    „Ihr seid fertig?“, empfing ihn dieser schlecht gelaunt.
    Wolf nickte. „Was ich sehen musste, habe ich gesehen.“
    „Nun, dann können die Leute ja mit dem Bergen beginnen.“ Der Ritter nickte Lorenz und seinen Männern zu und bedeutete ihnen mit einer Geste, ihre traurige Arbeit erneut aufzunehmen. Dann wandte er sich wieder an Wolf. „Mich braucht Ihr ja nun nicht mehr. Ich muss zurück auf die Burg. Der Graf erwartet mich.“
    „Richtet ihm meinen Gruß aus und sagt ihm, dass ich ihn noch heute aufsuchen werde.“
    Der Hallstatter nickte kurz. Dann schwang er sich in den Sattel und sprengte in Richtung Norden davon.
    Auch Wolf folgte der Straße nach Sankt Gallen, wobei er die Spurrillen, welche die Wagenräder hinterlassen hatten, im Auge behielt. Hinter einer Kehre zweigten sie plötzlich in Richtung Westen auf einen schmalen Pfad ab. Er wunderte sich. Er kannte den Pfad und wusste, dass man auf ihm mit einem Karren, wie ihn die Venezianer mit sich führten, nicht weit kommen konnte.
    Tatsächlich endeten die Spuren schon kurz darauf, führten ihn seitwärts einen sanften Grashang hinunter und ein Stück weiter vorne einen verhältnismäßig steilen Hügel wieder hinauf. Dann, kaum dass sein Rappe den Hügelkamm erklommen hatte, sah er ihn auch schon: Der mächtige Karren stand mitten in der Senke. Um ihn herum drei schwere Kisten, die Deckel weit nach hinten geklappt. Eine schmutziggraue Plane lag schlampig zusammengerollt daneben. Eine Anzahl Pferde graste am Rand eines winzigen Rinnsals, das, von einer noch winzigeren Quelle gespeist, aus einem moosbewachsenen Felsen zu sickern schien und quer durch die Senke mäanderte.
    Er glitt aus dem Sattel und stieg, den Rappen hinter sich herführend, den sanften Hang hinunter. Gründlich inspizierte er den Karren und auch die leeren Kisten, ohne jedoch etwas Außergewöhnliches zu entdecken. Dann wandte er sich den Pferden zu; er zählte insgesamt achtzehn. Vier von ihnen waren unschwer als Zugtiere zu erkennen; muskulöse Kaltblüter, an schwere Lasten gewöhnt. Zehn weitere, allesamt Reittiere, trugen noch Sättel. Es waren die Pferde der ums Leben gekommenen Soldaten. Bei den vier restlichen handelte es sich um rassige Vollbluthengste, denen man die Sättel abgenommen hatte. Sie hatten den Venezianern gehört und der Frau, die in ihrer Begleitung gewesen war.
    Wolf schaute sich weiter um. An vielen Stellen war das hohe Gras niedergetreten und flachgewalzt worden. Offenbar hatte der Tross hier noch Rast gemacht, bevor er das Tal wieder verlassen hatte.
    Prüfend den Blick nach unten gerichtet, schritt er den Lauf des winzigen Rinnsals entlang, wo sich an verschiedenen Stellen Fußspuren in das Bachbett geprägt hatten. Offenbar hatten einige der Rastenden ihre nackten Füße ins kühle Nass gehalten. Einzelne Abdrücke konnte er unzweifelhaft den Fuhrleuten zuordnen, deren Spuren er bereits am Ort des Überfalls wahrgenommen hatte.
    Langsam ging er zu dem bewaldeten Hang hinüber – und hielt plötzlich inne. Im hohen Gras entdeckte er unzählige Spuren unbeschlagener Hufe, die etwas kleiner waren als die von Pferden – Abdrücke von Maultieren! Offenbar hatte die Bande den gesamten In-halt der Kisten hier auf Maultiere umgeladen. Verblüfft fragte er sich, warum und vor allem wo die Banditen die Tiere aufgetrieben haben mochten. Maultiere wurden eigentlich nur im wärmeren Süden als Saumtiere eingesetzt. In dieser Gegend des Reichs bevorzugte man gewöhnlich Pferde oder Ochsen. Was aber, wenn jemand beabsichtigte, große Mengen irgendwelchen Materials in schwer zugängliche Gebirgsregionen zu schaffen? In diesem Fall wären Maultiere für ihn unzweifelhaft die bessere Wahl. Trittsicherer als ein Pferd sowie zäh und

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