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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Pferd, Wolf ebenso.
    Lorenz, einer der Stallmeister auf der Burg, der bei einem der Ochsenkarren stand, starrte die beiden mit offenem Mund an. „Aber Herr Ritter, der Befehl des edlen Herrn lautete, die Toten so schnell wie möglich zu bergen. Sie werden bald anfangen zu riechen. Kein Wunder, bei dieser Hitze.“ Lorenz – offenbar hatte er die Aufsicht inne – schien durch den Auftritt des Hallstatters reichlich verunsichert zu sein.
    „Ihr tut, was ich sage. Ihr werdet die Leichen nicht eher bergen, bevor Herr von der Klause den Ort, an dem die verruchte Tat geschah, untersucht hat. Er ist der Generalbevollmächtigte des Stiftes.“
    Wolf nickte dem Ritter dankbar zu und begab sich zum Waldrand.
    „Sag deinen Leuten, sie sollen sich vorerst auf die Straße zurückziehen. Sie könnten mir sonst die Spuren verderben“, wandte sich Wolf an Lorenz.
    Der Stallmeister gehorchte. Er steckte zwei Finger in den Mund – ein scharfer Pfiff und eine kurze Handbewegung ließen die Männer wieder auf die Straße treten.
    Wolf drang in das Unterholz am Rand des Waldes ein. Einige wenige Schritte durch hohes Gras und niederes Buschwerk führten ihn zunächst zur Leiche Geros, den er flüchtig gekannt hatte. Voller Grimm nahm er den Bolzen wahr, der ihm im Rücken steckte. Dann stapfte er langsam weiter, zwischen den Stämmen hindurch, den Blick zur Erde auf die Waffenknechte gerichtet, deren Leichname in ein Durcheinander aus Laub, Gräsern und Sträuchern gebettet lagen. Er beugte sich nieder und sah sich jeden Einzelnen näher an. Dabei versuchte er die bittere Erkenntnis, dass er darin ja schon eine gewisse Übung besaß, zu verdrängen.
    Vier von ihnen waren jeweils mit einem wohl gezielten Schuss von hinten niedergestreckt worden – offenbar hatten sie die Nachhut gebildet, stellte er bei sich fest. Über die Übrigen, die den Zug angeführt hatten und ein erhebliches Stück weiter vorne lagen, war offensichtlich ein wahrer Hagel von Geschossen niedergegangen. Nur wenige hatten ihr Ziel verfehlt, sie lagen überall auf dem Boden verstreut. Dafür steckten aber in dem einen oder anderen Körper gleich mehrere der kurzen, bauchigen, mit Eisenspitzen versehenen Bolzen, abgeschossen von Einfußarmbrüsten oder auch solchen, die mittels eines so genannten Geißfußes gespannt wurden; tragbare Katapulte, deren Geschosse sogar Rüstungen durchschlagen konnten. Wie durch Butter waren die Bolzen durch die dicken Lederwämse der Waffenknechte gedrungen. Offenbar war es nur wenigen von ihnen gelungen, zur Gegenwehr anzutreten. Wolf sah, dass zwei der Soldaten noch im Tod ihre Schwerter umklammert hielten. Die Waffen der anderen waren offensichtlich Beute der mörderischen Strauchdiebe geworden.
    Wolf überlegte. Gemessen an der Anzahl der Geschosse, die aus dem Wald geflogen waren, mussten die Wegelagerer an die drei Dutzend Personen gezählt haben. Aus dem Dickicht heraus, hinter Bäumen stehend, hatten sie die tödlichen Bolzen von den Sehnen schnellen lassen und die bewaffnete Eskorte, die die Venezianer hätte schützen sollen, blitzschnell niedergemäht.
    Wolf verließ das Dickicht und trat wieder auf die Straße. Schon auf dem Weg hierher hatte er, trotz des schnellen Rittes, mühelos die markanten Spuren verfolgen können, die der Tross auf der steinigen, sandigen Straße verursacht hatte. Doch hier, wo der Überfall stattgefunden hatte, stachen ihm noch andere Hinweise ins Auge: das Durcheinander unzähliger Stiefelabdrücke und Schleifspuren. Auch war gut zu erkennen, wo der schwere Wagen infolge des Überfalls plötzlich zum Stehen gekommen und irgendwann danach wieder weitergefahren war. Sämtliche Spuren waren gut erhalten.
    Wolf blickte die Straße entlang. Die Radspuren führten weiter in Richtung Norden und verschwanden hinter einer Wegbiegung.
    Sein Blick wanderte zu der Stelle zurück, an der das Gefährt angehalten hatte. Plötzlich stutzte er. Im Durcheinander der Schuhund Stiefelabdrücke, die sich um die Spuren der Vorderräder herum gruppierten, zeichneten sich ganz deutlich die Umrisse nackter Füße ab. Er betrachtete sie näher. Es handelte sich um die Fußabdrücke zweier Männer. Bei einem von ihnen waren sie ungewöhnlich spitz zulaufend. Die Abdrücke hatten sich im Umkreis von etwa sieben Schritt um die Spur des rechten Vorderrades herum in den Sand geprägt. Ansonsten waren sie nirgendwo zu finden. Das konnte nur eines bedeuten: Die beiden Männer hatten bis zum Zeitpunkt, da der Überfall

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