Der Seelenhändler
ihre Mundwinkel zuckte es, ein erster Hinweis darauf, dass sie trotz ihres selbstbewussten Auftretens nicht auf Dauer verbergen konnte, was sie durchgemacht hatte.
Langsam, mit federnden Schritten, trat Katharina an den Tisch heran. Mit einer besitzergreifenden Geste umfasste sie die Lehne des noch einzig leer stehenden Stuhles.
„Wenn es die Herren interessiert, bin ich gerne bereit, die näheren Umstände meines plötzlichen Auftauchens zu erklären. Offensichtlich bin ich die Einzige, die dem Überfall entkommen konnte. Wäre dem nicht so, würde ich hier wohl auch die Herren Polo, Lombardi und dal Pietra begrüßen können; habe ich nicht Recht?“
Nur wenig später war Katharina ebenbürtiger Partner der Tischrunde und das Ziel einer Unmenge von Fragen geworden.
In kurzen Zügen unterrichtete sie die Männer über die Umstände des Überfalls und ihr Entkommen aus der Höhle. Was Letzteres anging, hatte sie zunächst versucht, sich selbst zu befreien, was ein äußerst mühseliges Unterfangen gewesen war. Dann aber hatte sie durch das Gewirr von Wurzeln hindurch einen alten Mann nahe der Höhle vorbeigehen sehen, der offensichtlich dabei war, Kräuter zu sammeln. Er hatte einen vertrauenswürdigen Eindruck gemacht, und so beschloss sie kurzerhand, ihn um Hilfe anzurufen. Zunächst gewaltig erschrocken ob der Stimme, die aus dem Erdreich zu kommen schien, hatte er ihr sogleich tatkräftig geholfen, die Höhle zu verlassen, und ihr anschließend den Weg nach Sankt Gallen beschrieben. Das letzte Stück hatte sie auf dem Fuhrwerk eines Bauern zurückgelegt.
„Um noch einmal auf den Überfall zu sprechen zu kommen … Ihr sagtet, das Letzte, was Ihr von Euren männlichen Begleitern wahrgenommen hättet, seien entsetzte Rufe und die Aufforderung Signor Polos gewesen, in den Wald zu verschwinden. Was danach geschah, entzieht sich Eurer Kenntnis?“ Jakob von Schmelzer hatte die Frage gestellt.
„Ja“, bestätigte Katharina geduldig. „Wie ich schon sagte: Ich bekam bei Weitem nicht das ganze Ausmaß des Desasters mit. Mit weiteren Einzelheiten kann ich Euch leider nicht dienen.“
Wolf von der Klause, neben den die Klingfurtherin zu sitzen gekommen war, erhob sich. „Ich denke, es erübrigt sich, Fräulein von Klingfurth mit weiteren Fragen zu behelligen. Sie hat uns über alles, was sie gesehen hat, ausführlich berichtet. Was das Schicksal der entführten Kaufherren und der Fuhrmänner angeht, kann sie uns jedoch nicht weiterhelfen, weil sie nichts darüber weiß.“
„Ihr glaubt tatsächlich, dass die drei Herren aus Venedig noch am Leben sind?“, fragte Katharina nun ihrerseits und sah Wolf an.
„Davon bin ich überzeugt, edles Fräulein“, antwortete Wolf. „Man fand am Ort des Überfalls nur die Leichen der Waffenknechte. Nicht die der Venezianer. Das heißt für mich, sie leben. Was übrigens auch für die drei Fuhrleute gelten muss. Auch ihre Leichen wurden nicht gefunden. Wenn der Bande nur an dem Geld und den Waren gelegen gewesen wäre, hätten sie mit den Herren aus Venedig ebenfalls kurzen Prozess gemacht. Und zwar an Ort und Stelle. Doch dies ist, wie gesagt, nicht der Fall gewesen. Die Herren wurden entführt. Und ich glaube, dass dieser Umstand dazu führen wird, dass wir über kurz oder lang etwas von der Bande hören werden.“
„Verstehe ich Euch richtig? Ihr glaubt, dass die Bande ein Lösegeld fordern wird? Daran habe ich bis jetzt noch gar nicht gedacht. Doch zugegeben, der Gedanke entbehrt nicht einer gewissen Logik“, meldete sich Metschacher stirnrunzelnd zu Wort.
„Eine Erpressung? Glaubt Ihr tatsächlich, dass die Mordbuben es wagen werden, mit der Forderung nach einem Lösegeld an irgendjemanden heranzutreten? Niemals! Dieses Risiko würden sie nie eingehen“, tönte Arnim von Hallstatt im Brustton der Überzeugung.
„Was macht Euch da so sicher?“, widersprach Wolf ruhig. „Wie Prior Metschacher bereits sagte: Der Gedanke hat etwas zwingend Logisches an sich.“
Arnim ärgerte sich. Da war es wieder: dieses Belehrende, Besserwissende in der Argumentation des Klausners. Was nahm sich dieser arrogante Hund nur heraus? Ihn so bloßzustellen! Und das noch in Anwesenheit dieser Frau.
Nur mühsam schluckte er seinen Ärger hinunter. „Nun ja, man wird sehen“, sagte er und zuckte mit den Achseln.
„Herr von der Klause hat mich auf diese Möglichkeit bereits gestern Abend aufmerksam gemacht. Und ich gestehe: Auch mir scheint sie schlüssig.“ Der Graf hatte
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