Der Seelenhändler
seine starre Haltung auf, ging mit ausgebreiteten Armen auf Wolf zu und legte ihm beide Hände auf die Schultern.
„Ich habe schon viel von Euch gehört“, begann er herzlich. „Der Prior hat mir berichtet, wie sehr Ihr Euch um die Aufklärung der schrecklichen Dinge bemüht, die hier im Ennstal geschehen sind. Das Stift kann sich glücklich schätzen, Eure Hilfe in Anspruch nehmen zu können.“
Wolf verschlug es die Sprache. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht mit dieser plötzlichen Verwandlung seines Gegenübers. Er war irritiert: Hatte ihn der Inquisitor nach Admont zitiert, nur um ihm das zu sagen?
„Aber ich bitte Euch, Hochehrwürdiger Herr. Das ist zu viel der Anerkennung. Ich habe eben erst begonnen, die Untersuchung aufzunehmen. Noch kann ich keinerlei Erfolge vorweisen. Doch ich hoffe, bald auf einen Durchbruch“, hörte Wolf sich sagen. Er spürte, wie der Druck auf seiner Brust merklich abzunehmen begann.
„Ich bin sicher, dass Ihr den bald erreichen werdet“, entgegnete Olmütz freundlich. „In diesem Zusammenhang erlaubt, dass ich eine dringende Bitte an Euch richte. Ich wünsche mir, dass Ihr Eure Fähigkeiten auch in den Dienst der heiligen Inquisition stellt. Die Kirche braucht Männer, wie Ihr es seid, um gegen die Pest der Häresie vorzugehen, deren stinkender Atem bis in die hintersten Winkel dieser Gegend zu dringen droht. Ich wollte Euch diesen Wunsch heute noch mitteilen, da ich morgen nach Rottenmann weiterreisen werde, wo ich mein Offizium eingerichtet habe. Ich denke doch, ich kann auf Euch rechnen?“
Wolf stand wie vom Donner gerührt. Soeben noch war der Druck auf seiner Brust einer deutlichen Erleichterung gewichen. Jetzt spürte er ihn schlagartig wiederkehren.
Gleichzeitig wurde er gewahr, in welch schwieriger Lage er sich befand. Einerseits konnte er sich dem Inquisitor nicht brüsk verweigern, ohne sich selbst zu gefährden. Andererseits würde er niemals dem Ansinnen des Olmütz stattgeben. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Der Dominikaner erwartete seine Antwort.
Wolf kämpfte den Aufruhr in seinem Innern nieder und versuchte es zunächst mit einem Ausweichmanöver.
„Euer Vertrauen ehrt mich, Hochehrwürdiger Herr“, erwiderte er respektvoll. „Doch gestattet mir den Hinweis, dass ich fürchte, dieser großen Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Die Front, an der ich derzeit kämpfe, fordert den ganzen Mann. Ich müsste sie vernachlässigen, wollte ich Euer Angebot annehmen, und mich geradezu zerteilen. Mit einem halbherzigen Einsatz aber wäre Eurem heiligen Vorhaben gewiss nicht gedient.“
Heinrich von Olmütz schüttelte den Kopf.
„Das sehe ich anders. Vielleicht habt Ihr mich missverstanden. Ich verlange von Euch nicht, Euch zu zerteilen. Ich gehe davon aus, dass Ihr in absehbarer Zeit die Schwierigkeiten in Verbindung mit den fürchterlichen Verbrechen gelöst haben werdet. Sagen wir – in etwa zwei Wochen. Um dann dem Offizium mit all Euren Fähigkeiten zur Verfügung stehen zu können“, entgegnete er mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze und lächelte.
Wolf begann innerlich zu kochen. Trotzdem gelang es ihm, nach außen hin den Anschein kühler Ruhe zu wahren. Er sagte nichts. Er verbeugte sich lediglich, was Olmütz durchaus als Zustimmung werten konnte. Auch wenn es in Wirklichkeit keine war.
Metschacher war es, der ihm aus der Klemme half.
„Ich sehe, Herr Inquisitor, dass wir beide uns auf jeden Fall darin einig darin sind, dass zunächst die Verbrechen hier im Ennstal die ungeteilte Aufmerksamkeit Wolfs von der Klause erfordern“, wandte sich der Prior an den Dominikaner. „Sind diese aufgeklärt, wird man sehen, welche Hilfe Euch das Stift leisten kann, in dessen Dienst Wolf gegenwärtig steht. Allerdings fürchte ich, dass es dazu einer wesentlich längeren Zeitspanne bedarf, als Ihr es eben angedeutet habt. Noch ist nicht abzusehen, ab wann ich Euch Wolf von der Klause zur Verfügung stellen kann.“
Der Inquisitor runzelte unwillig die Stirn.
„Verstehe ich Euch recht, Herr Prior? Ihr stellt Eure Interessen vor die der Kirche und des allerheiligsten Glaubens?“
„Nein, Herr Inquisitor. Ihr wisst, dass davon keine Rede sein kann. Ich bin der Kirche und dem Herrn genauso verpflichtet wie Ihr. Auch ich hasse Ketzerei. Aber ihr wisst, dass Admont seit mehr als dreihundert Jahren ein Bollwerk des allerheiligsten katholischen Glaubens ist. Wer Admont verteidigt, verteidigt die Lehren der Kirche. Und wer Schaden von ihm
Weitere Kostenlose Bücher