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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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abwendet, dient der Kirche ebenso wie Ihr. Insofern dient der Einsatz Wolfs von der Klause den gleichen Zielen, wie Ihr sie verfolgt.“
    Der Ton des Priors war zunehmend schärfer geworden. Metschacher verfügte über ein gesundes Selbstvertrauen. Und er war ein pragmatisch denkender Mann, der nicht einsah, dass die Interessen des Stiftes hinter denen des Inquisitors zurückstehen sollten. Nicht Häretiker bedrohten gegenwärtig die Lebensader Admonts. Sondern jenes mörderische Lumpenpack, das seit Jahren Angst und Schrecken im Ennstal verbreitete und damit auch die admontische Herrschaft zunehmend in Verruf brachte.
    Natürlich wusste Metschacher, dass er Heinrich von Olmütz gegenüber den Bogen nicht überspannen durfte. Der Inquisitor war mit einer Vielzahl außerordentlicher Rechte ausgestattet, denen er eine gewaltige Machtfülle verdankte. Als Hüter des allein selig machenden Glaubens genoss er große Autorität. Selbst einflussreiche Personen taten gut daran, sich genau zu überlegen, ob sie diese in Zweifel ziehen wollten.
    Aber Otto Metschacher wusste auch, dass Heinrich von Olmütz und Abt Wilhelm von Reisberg eine enge, fast freundschaftliche Beziehung pflegten. Er selbst wiederum genoss als Prior die Hochachtung seines Abtes und die des ganzen Konvents. Insofern war er überzeugt, dass er sich die eben geäußerte Widerrede durchaus leis-ten konnte.
    Olmütz trat an eines der verglasten Fenster und blickte hinaus. Er dachte nach. Er war ein scharfsinniger Mann und er hatte Erfahrung im Umgang mit Menschen. Darüber hinaus verfügte er über genügend Instinkt, um zu erkennen, dass es nicht weise war, um jeden Preis auf die ihm verliehene Autorität zu pochen. Gezielt Furcht zu schüren war zwar einerseits ein probates Mittel, um Häresie und Aufbegehren gegen Kirche und Klerus zu bekämpfen. Andererseits war es jedoch stets besser, auf Menschen zählen zu können, die aus Überzeugung und nicht aus nackter Angst heraus für eine Sache eintraten.
    Er drehte sich um und sah den Prior an. „Nun gut, wahrscheinlich habt Ihr Recht“, lenkte er ein. Dann wandte er sich an Wolf. „Ich gehe also davon aus, dass Ihr mir, sobald die Verbrechen aufgeklärt sind, mit Rat und Tat zur Seite stehen werdet“, sagte er. Sein Ton war kühler geworden.
    Wolf verneigte sich schweigend; ansonsten zeigte er keinerlei Regung.
    Ganz im Gegensatz zu Metschacher. Dessen Miene verriet, dass er mit dem Verlauf des Gesprächs überaus zufrieden war. Auch wenn er sich bewusst war, dass es nun galt, die zwischen ihnen entstandene Spannung schnellstens beizulegen.
    Er räusperte sich. „Nun, ich freue mich, dass die Dinge dann so weit geklärt sind. Im Übrigen, Bruder Heinrich – Ihr seid nun schon einige Stunden Gast in Admont. Höchste Zeit für einen Willkommenstrunk und einen kleinen Imbiss“, meinte er versöhnlich. „Wenn ich die Herren nach nebenan in den Speiseraum bitten dürfte …“
    Etwa eineinhalb Stunden später saßen Wolf und Katharina auf einer steinernen Bank in der Halle des Traktes, in dem die Klassenräume der äußeren Schule untergebracht waren. Sie warteten auf Bertram.
    Inzwischen hatte Wolf ausreichend Gelegenheit gefunden, die Klingfurtherin über seine Unterredung mit dem Inquisitor in Kenntnis zu setzen.
    „Das also war der Grund, warum er Euch unverzüglich zu sprechen wünschte“, bemerkte sie nachdenklich, als er zu Ende gekommen war.
    Er nickte. „Olmütz verlangt etwas, was ich ihm niemals werde geben können.“
    Jetzt war es an ihr, zu nicken. „Ja, ich weiß. Wahrscheinlich würdet Ihr lieber sterben.“
    „Sterben? Nein! Es gibt noch andere Möglichkeiten, sich dem Befehl des römischen Jägers zu entziehen.“
    „Ihr denkt an Flucht? Daran, einfach zu verschwinden? Dorthin, wo Euch niemand kennt?“
    Er sah ihr direkt in die Augen. „Glaubt mir, es wäre nicht das erste Mal“, antwortete er bitter.
    Plötzlich öffnete sich gegenüber der Bank, auf der sie saßen, eine mächtige Eichentür mit lautem Knarren.
    Etwa ein Dutzend Knaben unterschiedlichen Alters strömten in disziplinierter Stille aus dem Schulraum in die Halle. Soeben war der Unterricht zu Ende gegangen. Ihnen folgte ein großer, hagerer Mönch, Bruder Vitus, der Lehrer. An seiner Seite schritt, nur einen halben Kopf kleiner als er selbst, ein blonder, ernst dreinblickender
    Jüngling – Bertram.
    Wolf erhob sich und ging auf die beiden zu.
    Als Bertram den väterlichen Freund erblickte, verwandelte sich seine

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