Der Seelenhändler
Hiobsbotschaft; und jetzt auch noch die meines Neffen. Seht ihn Euch an“, entschuldigte sich der Saurauer und wies mit der Hand auf Arnim, der seitlich der Tür auf einem Stuhl saß.
Überrascht trat Wolf in den Raum und schloss die Tür. Jetzt erst bemerkte er den Ritter. Die finstere Miene des Hallstatters sprach für sich.
„Verzeiht, Arnim, ich sah Euch zuvor nicht. – Mein Gott, was ist mit Euch geschehen?“
„Er ist überfallen worden“, antwortete der Graf anstelle seines Neffen. „Heute Vormittag, irgendwo bei Rottenmann. Und das Beste: Man hat ihm meinen Siegelring abgenommen, den er zum Zwecke der Zeichnung einer Urkunde am Finger stecken hatte. Ihr wisst, was das bedeuten kann.“
„Euren Siegelring? – Man hat Euch den Siegelring Eures Onkels genommen? Wie konnte das geschehen?“, wandte sich Wolf an den Ritter.
Obwohl es den Hallstatter eine ungeheure Überwindung kostete, dem Klausner zu antworten, erteilte er ihm die gewünschte Auskunft, erhob sich dann allerdings, um den Raum zu verlassen. Der Überfall habe ihn arg mitgenommen, wie man sich sicher denken könne, darum wolle er sich in seine Kammer zurückziehen, bemerkte er.
„Dürfte ich Euch noch um eine Auskunft bitten, bevor Ihr geht?“, bat Wolf.
„Was wollt Ihr denn noch wissen, ich habe Euch bereits alles gesagt?“
Doch Wolf ignorierte die unwirsche Bemerkung und fuhr fort: „Ihr spracht von einem Stiefelabdruck, den Ihr in einer Pfütze entdecktet. Und Ihr sagtet, dass es das Einzige gewesen sei, was Ihr von dem flüchtigen Strauchdieb wahrnehmen konntet. Ihr seid ein scharfsinniger Beobachter und ein hervorragender Jäger, Arnim, und Ihr wisst, welche Bedeutung einer Spur zukommen kann. Ich denke, Ihr habt sie Euch genau angesehen. Ist Euch etwas Besonderes daran aufgefallen?“
Dem Hallstatter gefiel die Bemerkung seines Intimfeindes über seinen Scharfsinn, was es ihm leichter machte, zu antworten.
„Nun, ja, natürlich habe ich sie mir genau angesehen. Und da war tatsächlich etwas …“ – er zögerte – „… etwas Besonderes. Ihr müsst wissen, es war der Abdruck einer rechten Stiefelsohle – und im Bereich der Ferse konnte ich so etwas wie eine halbmondähnliche Kerbe wahrnehmen.“
Ein harter Zug legte sich um Wolfs Mund. „Eine Kerbe, sagtet Ihr? In Form eines Halbmondes?“
Rasch öffnete er seine Gürteltasche und zog ein Pergament hervor. Es enthielt eine Zeichnung – die Zeichnung eines Stiefelabdrucks.
„Etwa so?“, fragte er und hielt dem Ritter das Blatt vor die Nase.
Erregt riss der Hallstatter Wolf die Zeichnung aus der Hand.
„Verdammt! Was ist das? Das ist die Spur! Woher habt Ihr das?“
„Seid Ihr ganz sicher? Ist das der Abdruck aus der Pfütze?“, vergewisserte sich Wolf.
„Natürlich. Der Teufel soll mich holen, wenn er’s nicht ist! Woher habt Ihr das Blatt?“
In kurzen Zügen klärte Wolf den Ritter auf: „Ich habe die Zeichnung selbst angefertigt. An dem Tag, als ich die Kammer untersuchte, aus der die Tasche, die ich Lisa zur Aufbewahrung gegeben hatte, entwendet worden war. Der Graf hat Euch sicherlich davon berichtet. Bei dieser Gelegenheit entdeckte ich die Spur.“
Friedrich schaltete sich ein.
„Wenn ich es recht sehe, bedeutet dies ja wohl, dass der, der die Gürteltasche stahl, und der Gauner, der Arnim überfiel, ein und dieselbe Person sind. Wie erklärt Ihr Euch das?“, wandte er sich an Wolf.
„Ich habe noch keine Erklärung dafür. Alles, was wir bis zur Stunde wissen, ist Folgendes: Erstens: Der Mann, den wir suchen, ist einer der Schnapphähne. Das Zeichen auf dem Schreiben der Entführer beweist dies – es ist identisch mit dem Motiv, das der Siegelring aus der Gürteltasche trug. Zweitens: Er verfügt über Informationen, die nur jemand kennen kann, der regelmäßig auf Gallenstein aus und ein geht. So wusste er beispielsweise, dass verloren gegangene Dinge – also auch die Gürteltasche – von Lisa in ihrer Kammer aufbewahrt werden. Auch war er davon unterrichtet, dass die Venezianer einen Tag früher hier ankommen würden, etwas, das nur auf der Burg und im Stift bekannt war. Drittens: Der Überfall auf Euren Neffen geht offensichtlich ebenfalls auf das Konto der Schnapphähne. Der Bastard, der das tat, war gezielt auf Euren Siegelring aus. Das wiederum kann nur eines bedeuten: Man beabsichtigt, in welcher Form auch immer, Euren Namen zu missbrauchen. Allerdings stellt sich die Frage, wer davon wusste, dass Ihr Euren Neffen zum Siegeln
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