Der Seelenjaeger
Knox kurzerhand zur Seite gerollt hatte.
Grummelnd kam dieser neben uns auf die Beine und marschierte zu der vollkommen verwirrt dreinschauenden Lara. Während ich Zad - oder Sam? - mit Küssen übersäte, hatten Lara und Knox sich ein wenig gegenseitig beschnuppert. Wobei, wenn ich das richtig betrachtete, standen Laras Mund und Augen weit offen und Knox quasselte ihr gerade ein Klavier an die Backe.
„Was ist denn passiert?“, setzte Zad an und schaute sich in dem Raum um, „Und wo zum Henker sind wir?“
„Ähm, das ist jetzt nicht ganz so einfach zu erklären“, begann ich. „Wir sind in dem Turm des Freizeitparks, allerdings ist von besagtem Freizeitpark nichts mehr zu sehen.“
„Genau“, kam es von Lara, die dankbar schien, sich in das Gespräch einklinken zu können. Eilig verließ sie den Platz an der Wand. Knox zog eine Grimasse, ließ sie aber ohne Widerworte ziehen.
„Wo auch immer wir eigentlich sind, ist erst mal egal“, beschloss sie, als sie neben uns trat, „Hauptsache, du bist wieder zurück.“ Sie beugte sich zu Zad herunter und drückte ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn.
„Das ist ja alles ganz süß und so“, erklang Knox' Stimme neben uns, „und wir freuen uns alle ganz dolle und bla, bla, bla ... Wir sollten hier schleunigst verschwinden!“, endete er und nickte bekräftigend.
„Verschwinden?“, fragte ich, während ich aufstand und Zad mit mir in die Höhe zog.
„Dann zücke doch bitte den Schlüssel und schließ diese Tür dort auf“, forderte ich und zeigte auf die massive Holztür.
„Ja, das könnte ich wohl tun“, begann er ganz ruhig, „wenn ich denn einen Schlüssel hätte. Doch bräuchte ich gar keinen Schlüssel, wenn nicht irgendein Dämlack diese Tür einfach ins Schloss hätte fallen lassen!“
Er beendete diesen Satz in beinahe hysterischem Tonfall und starrte vorwurfsvoll zwischen Lara und mir hin und her.
„Jetzt hör mir mal zu Schlaubischlumpf“, meldet sich Lara zurück. Sie hatte sich mit in die Hüften gestemmten Händen vor dem kleinen Krix aufgebaut und schaute mit genervtem Blick auf ihn herunter. „Ich habe gerade den wahrscheinlich größten Schock meines Lebens durchgemacht. Bin mit meinem besten Freund auf die Suche nach Zad gegangen, bin in tiefster Nacht in einen Freizeitpark eingebrochen, durch ein bescheuertes Glaslabyrinth gelatscht, um einige Beulen später festzustellen, dass sich der komplette Park in Wohlgefallen aufgelöst hat. Alles was noch existiert, ist dieser vermaledeite Turm, in dem wir Zad und auch dich von den Fesseln befreit haben. Da brauchst gerade
du
mir jetzt nicht mit irgendwelchen Vorwürfen, wegen einer beknackten Tür zu kommen! Haben wir uns verstanden?“, schloss sie und hatte die Nasenspitze während der Standpauke bis auf wenige Zentimeter an Knox' Gesicht herangebracht.
Ich wartete nur noch darauf, dass sie den blauen Quälgeist an den Schultern packte und durchschüttelte, dass die Glöckchen seiner bunten Mütze nur so klimperten.
Die Gesichtsfarbe des Krix hatte sich von dem kräftigen Blau verabschiedet und war einem blassen Violett gewichen. Im Inneren tobte ein Kampf zwischen Angst, Scham und Wut. Nicht viele durften so mit ihm reden. Gerade weil ich dies wusste, wartete ich gespannt auf seine Reaktion. Starr und mit offenem Mund schaute er Lara in die Augen. Ich musste grinsen. Schon damals hatte ich oft miterlebt, wie der Krix einem die Worte im Mund herumdrehte und diese, wie tödliche Geschosse auf sein Gegenüber feuerte. Aber auch Lara ließ sich ungern auf der Nase herumtanzen und das machte sie meist unmissverständlich klar. Sie rangen noch eine Weile stumm miteinander, bis Knox nachgab, die Schultern entspannte und nickte.
„Alles klar Chefin“, gab er sich geschlagen und stupste ihr mit der Faust spielerisch auf die Nasenspitze. Die breit lächelnde Gewinnerin richtete sich auf und schaute in die Runde. „Nachdem dies nun also geklärt ist, dürft ihr mir eure Vorschläge zur Flucht unterbreiten.“ Einen Moment herrschte Stille, dann platzten wir zeitgleich in lautes Gelächter los.
Wir schwärmten aus, suchten nach einem Weg, der uns zurück in die Freiheit führen würde. Knox, da er der Kleinste unserer Gruppe war, nahm sich die Turmmauern auf seiner Augenhöhe vor. Er schaute am Boden nach Löchern, Schlupfwinkeln oder verborgenen Mechanismen, für die solche Gebäude bekannt waren. Lara hatte sich eine ihrer Haarnadeln geschnappt und machte sich an der
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