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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Paul
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vorstellen: der passende Zeitpunkt, die passende Person, die passenden Umstände. Eine Weile lang waren sie ziemlich dicke Freundinnen. Und dann zog Vera in ihr neues Haus in Russian Hill.«
    » In der Nähe ihrer Praxis.«
    » Genau. Als dann nach einiger Zeit Vera wieder anfing zu arbeiten, sahen sie und Gina sich nur noch selten. Ich habe den Eindruck, dass Veras Arbeit ihr ganzes Leben ist. Besonders jetzt. Da bleibt nicht viel Zeit für Freundschaften.« Er dachte kurz nach. » Ich glaube, wenn du den ganzen Tag anderen Leuten zuhörst…«
    Moretti zuckte mit den Schultern. Sie schauten beide der Tai-Chi-Gruppe zu, die in eine neue Position hinüberglitt.
    » Schieß schon los«, sagte Moretti. » Wie lief dein Treffen mit ihr?«
    Fane erzählte Moretti fast alles und hielt nur so viel zurück, dass er immer noch das Gefühl hatte, Veras Vertrauen nicht zu verraten. Genau wie Roma war auch Moretti fasziniert, und er begriff sofort, in welch komplizierter Zwickmühle Vera steckte.
    » Das ist die Sache im Großen und Ganzen«, sagte Fane und streckte sich.
    Moretti sagte erst einmal nichts dazu, sondern verfolgte mit den Augen die Rinnsale, die aus dem großen Brunnenbecken aus rosa Marmor rieselten. » Sie hat Mut«, sinnierte er. » Ich frage mich, ob sie wegen ihres Ehemanns die Sache so angeht.«
    » Was meinst du damit?«
    » Vielleicht sieht sie eine Parallele zwischen jemandem, der ihre Akten stiehlt, und dem Kerl, der das Leben ihres Mannes gestohlen hat. Sie wird es diesmal nicht zulassen.«
    » Ich weiß nicht…«, setzte Fane an.
    Aber Shen beugte sich weit zu ihm herüber und sagte: » Du musst realistisch bleiben, was ihren Wunsch angeht, dass ihre Klienten nicht wissen sollen, was los ist. Dass sie nicht miteinander reden sollen. Natürlich kannst du versuchen, das so lange wie möglich durchzuziehen, aber ich rate dir: Scheiß drauf, sobald es dich bei irgendetwas behindert. Aber das weißt du eh schon, oder?«
    » Ja, ich weiß.«
    » Schau mal, Marten…«, begann Moretti zögerlich. » Mir ist klar, dass du diesen Fall magst. Der hat Saft. Ein richtig schönes Rätsel. Und mir ist auch klar, dass ich derjenige bin, der sie zu dir geschickt hat, aber ich hab verdammt noch mal nicht gewusst, dass Jeffrey Safra Currin in den Fall verwickelt ist. Das ist doch verrückt. Es gibt eine Million Dinge, die bei der Sache für dich schieflaufen können.«
    » Es ist nicht er, sondern seine Frau, die ein Problem hat.«
    » Mach dir nichts vor.«
    Eine Straßenbahn schepperte und klapperte die California Street hoch, und der Schwarm Tai-Chi-Schwalben bewegte sich in die nächste Stellung.
    » Ich mag die Vorstellung nicht, dass ich mich nicht mit dem Fall beschäftigen soll, nur weil die Frau von Jeffrey Currin darin verwickelt ist.«
    » Ich bitte dich, Marten.«
    » Lass gut sein.«
    Shen nickte, ja, ja, in Ordnung. Er konnte sich weitere Warnungen sparen. Fane hatte sich längst in den Fall verbissen. Und Shen Moretti hatte er eingeweiht, weil der ein gutes Rätsel genauso sehr mochte wie Fane selbst, und sein Bauchgefühl war unschlagbar.
    » Also gut. Was macht dir am meisten Kopfzerbrechen?«, fragte Moretti.
    » Was sie mir nicht erzählt«, sagte Fane.
    » Was sie absichtlich zurückhält? Oder Dinge, bei denen sie nicht weiß, dass sie wichtig wären?«
    » Beides. In dieser Reihenfolge.«
    » Fang mal mit dem Ersten an.«
    » Ich habe den Eindruck, dass Vera und Elise sich eher wie Schwestern verhalten und nicht wie Analytikerin und Klientin. Als Vera mir Elises Geschichte erzählte, bemühte sie sich, professionell zu klingen. Aber ich hatte immer wieder das Gefühl, dass sie in manchen Dingen nicht ganz objektiv war.«
    » Also kann es sein, dass Veras Unwillen, dich mit Elise reden zu lassen, auch damit zu tun haben kann, dass sie sie auf einer persönlichen Ebene beschützen will– und nicht nur mit ihren beruflichen Bedenken.«
    » Kann schon sein.« Fane beobachtete, wie Moretti diese Idee verarbeitete. Ein Taubenschwarm, der auf den Stufen in Richtung California Street herumgetrippelt war, flog plötzlich auf und brachte Moretti zurück in die Gegenwart.
    » Was auch immer er vorhat, dieser Kerl«, sagte Moretti, » es ist interessant, dass er es auf diese Weise tut.«
    » Wie meinst du das?«
    » Es könnte sein, dass er Lore entdeckt hat, nachdem er Veras Dateien nach Informationen über Elise durchsucht hat. Aber woher wusste er überhaupt, dass Elise zur Psychoanalyse geht? Hat sie es

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