Der Seelenleser
ihm erzählt? Oder hat er Elise auch erst in Veras Protokollen entdeckt? Und falls das zutrifft, was zum Teufel überhaupt hatte er in Veras Dateien zu suchen? Ich frage mich, was bei diesem Kerl zuerst da war: die Unterlagen oder die Frauen.«
Fane war auf halbem Wege zu seinem Auto, das er an der Sacramento Street geparkt hatte, als sein BlackBerry summte. Es war Vera.
» Marten, ich hatte gerade meine Sitzung mit Lore Cha.«
Sie versuchte, nicht angespannt zu klingen, doch es gelang ihr nicht. » Ich habe einen Namen für Sie. Und ich glaube, ich habe es so arrangieren können, dass Sie mit ihr sprechen können.«
Als Vera ihren Bericht über die Sitzung mit Lore beendet hatte, war Fane an seinem Mercedes angekommen.
» Das ist jetzt der Stand«, sagte Vera. » Sie ist in der Stimmung, niemals wieder etwas mit dem Kerl zu tun haben zu wollen. Nie wieder. Ich weiß natürlich nicht, wie Sie damit jetzt weitermachen wollen.«
» Zuerst einmal war es eine gute Idee«, sagte er, » dass Sie Lore dazu gebracht haben, sich mit mir zu treffen. Ich werde mich mit ihr nachher in Verbindung setzen und dabei klarstellen, dass ich durch Mittelsmänner an ihren Namen und ihre Nummer gekommen bin. Dann sind Sie aus der Schusslinie.«
» Das ist gut, danke.«
» Und was lesen Sie aus den Geschehnissen mit diesem Kerl heraus, diesem Philip Krey?«
» Meine Güte, ich weiß es nicht, aber er bemüht sich auf jeden Fall nicht mehr, subtil zu sein. Er konzentriert sich jetzt auf spezifische Sachen, nimmt explizite Details aus meinen Notizen auf und arbeitet sie in das Rollenspiel ein.«
» Ist das nicht riskant für ihn?«
» Das kommt drauf an, was sein Ziel bei der ganzen Sache ist.«
» Er muss doch wissen, dass er ihr damit Angst einjagt.«
» Natürlich weiß er das. Was seine Gründe auch sind: Er macht die Beziehung intensiver.«
» Gut, das habe ich verstanden«, sagte Fane und versuchte, so zu klingen, als hätte er alles unter Kontrolle. » Konzentrieren Sie sich jetzt ganz auf den nächsten Schritt: Sie müssen Ihre Notizen zur Sitzung mit Lore erstellen. Lassen Sie ihn nicht von ihrer Panik wissen und auch nicht, dass sie mit ihm Schluss machen will.«
» Gut, ich mache mich gleich daran.«
» Was ist mit Elise?«, fragte Fane.
» Sie hat einen Termin morgen am frühen Nachmittag.«
» Gut. Auch hier gilt wieder: Versuchen Sie, einen Namen aus ihr herauszubekommen.«
» Das werde ich.«
» Sie haben Ihre Aufgabe hervorragend gelöst, Vera. Machen Sie weiter so. Und ich werde einstweilen Lore kontaktieren.«
Sobald das Gespräch beendet war, speicherte Fane die Telefonnummer von Lore Cha in seinem BlackBerry ab und wählte dann. Er wollte sie so schnell wie möglich anrufen. Indem er sie überraschte, konnte er das Gefühl der Dringlichkeit aufrechterhalten, das sie bereits antrieb.
» Hier ist Townsend«, sagte er.
» Wer bitte?«
» Spreche ich mit Lore Cha?«
Argwöhnisches Zögern. » Ja.«
» Ich habe gehört, dass Sie Hilfe bei einem gewissen Problem benötigen.«
» Vera hat Sie angerufen?«
» Ein Mann hat mich angerufen.«
Wieder Zögern. » Townsend ist nicht Ihr richtiger Name, oder?«
» Nein.«
» Wann können wir uns treffen?«
» Jetzt gleich.«
Zögern. » Hmmm…, gut, das kann ich einrichten. Wo?«
» Werden Sie beschattet?«
» Die Frage erwischte sie völlig auf dem falschen Fuß. » Ich…, ich…, nein.«
» Woher wissen Sie das?«
Schweigen.
» In Ordnung«, sagte Fane. » Ich werde Sie von einem Taxi abholen und zu einem Ort bringen lassen, wo wir uns ungestört unterhalten können.«
» Ist das denn nötig?«
» Falls Sie nicht sicher sind, dass es unnötig ist, dann ist es nötig.«
Sie sagte ihm, wo sie ihr Auto abstellen würde, und sie legten auf. Fane rief einen Taxifahrer an, der wusste, was zu tun war– und wie.
Dann rief er Bobby Noble an und bat ihn, einen Namen für ihn zu überprüfen: Philip Krey.
Kapitel 12
Lambeth Court war nicht einfach zu finden, und das war der Grund, warum er diesen Ort gewählt hatte. Das Gebäude stand inmitten eines der vielen Labyrinthe von Chinatown; er musste durch eine krumme Gasse und einen Hinterhof in das nächste Gässchen gehen, dann durch einen schmutzigen Korridor und eine Treppe mit klebrigem Geländer hinauf. Schließlich gelangte er in einen widerlichen Hausflur, in dem es nach altem Holz und Desinfektionsmittel stank.
Er hatte mehrere Ausflüge durch Chinatown gebraucht, um den richtigen Ort zu
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