Der Seelenleser
Elises und Lores Auto mit Sendern ausstatten zu lassen, ohne es ihnen zu sagen. Reed war gerade dabei, ihre Autos zu finden und die Technik anzubringen. Libby und ihr Team waren Experten in dieser Form der Überwachung, die es ihnen ermöglichte, das Ziel zu umzingeln, während sie gleichzeitig mehr als einen Straßenzug Abstand halten und so außer Sichtweite bleiben konnten.
Sobald Kroll auftauchte, um sich mit einer der Frauen zu treffen, welche auch immer er vorzog, würden sie seinen Wagen präparieren– falls sie ihn bestimmen konnten.
Fane und Roma kletterten aus dem Laster und stellten sich unter die Markise des Antiquitätenladens. Es regnete leicht, und immer wieder tropfte Wasser vom Rand der Markise herab.
» Wie läuft es bei Vera?«
» Die Stimmung ist angespannt. Sie arbeiten gut mit, aber sie hatten noch nicht wirklich Zeit und Gelegenheit, sich ernsthaft damit zu beschäftigen, was mit ihnen geschehen ist.«
» Weißt du, was sie sagen werden?«
» Nein, und sie können es auch selbst nicht genau wissen, bevor sie nicht Kroll gegenüberstehen. Ich kann das verstehen. Aber ich habe ihnen ausführlich dargelegt, was wir benötigen und wie sie mit der Situation umgehen sollen, damit wir vermeiden, ihn so zu irritieren, dass er verschwindet. Wir sind es wieder und wieder durchgegangen. Sie haben keine Illusionen mehr über die Situation, in der sie sich befinden.«
Roma schaute zu ihm herüber. » Werden sie in der Lage sein, das durchzustehen?«
Fane zuckte mit den Schultern. Roma kam immer gleich zum Kern der Sache– und dämpfte dadurch regelmäßig jeglichen Optimismus. » Wir haben zumindest einen Versuch«, sagte er.
Sie wussten beide, dass der emotionale Aspekt der Beziehungen von Elise und Lore zu Kroll die größte Unbekannte war, mit der sie rechnen mussten. Möglicherweise würden die Frauen sich unter Kontrolle haben. Vielleicht aber auch nicht.
» Wie geht es Vera dabei? Hält sie durch?«
Fane schüttelte den Kopf. » Wie betäubt. Sie sind alle wie betäubt. Sie sind durcheinander, weil sie nicht wissen, warum Kroll das alles getan hat. Ich kann mir vorstellen, dass Elise und Lore jedes einzelne Wort im Kopf durchgehen, das sie je zu ihm gesagt haben. Das kann alles nur verwirrend sein.«
» Und beide haben seit ihrem letzten Treffen nichts von Kroll gehört?«
» Nein. Aber anscheinend ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Woche oder zwei vergehen, bevor sie wieder von ihm hören.« Er blickte auf die Uhr. » Ich lasse mich besser da oben mal wieder sehen.«
Die Uhr zeigte bereits 20:45, als Vera endlich damit fertig war, die gefälschten Protokolle von Elises und Lores Sitzung in den Computer einzugeben. Die letzten Stunden waren für alle unangenehm gewesen. Die beiden Frauen hatten abwechselnd mit Vera in der einen Ecke des Zimmers am Computer zusammengesessen und leise mit ihr am Sitzungsprotokoll gearbeitet, sodass weder Fane noch die andere hören konnte, was gesagt wurde. Das ganze Vorgehen wäre ihnen gewiss lächerlich vorgekommen, wenn nicht die möglichen Konsequenzen aus diesen getuschelten Besprechungen wie ein Damoklesschwert über allen gehangen hätten. Doch sie wussten, was auf dem Spiel stand, niemand fand die Situation absurd.
Diejenige, die gerade nicht bei Vera saß, verbrachte die Zeit schweigend– sie ging den Flur auf und ab, saß gedankenverloren wie betäubt herum oder stand an den Fenstern der Praxis und blickte in die Dunkelheit.
Als Lore nach ihrer abschließenden Beratung mit Vera zum Sofa zurückkehrte und Elise ihren Platz einnahm, winkte Lore Fane zu sich ans Fenster. Sie standen dort einen Moment und blickten hinaus, dann drehte sie sich frontal zu ihm.
» Was geschieht, nachdem… Sie alles erhalten haben, was Sie von ihm wollen?«
Das war etwas, worüber er nicht mit ihr sprechen wollte.
» Ich glaube nicht, dass ich das wissen kann, bevor die Zeit gekommen ist.«
» Ich bin keine Idiotin«, sagte sie. » Sie haben sich längst Gedanken darüber gemacht. In Ihrem Beruf– was auch immer Ihr Beruf ist– machen sich die Leute Gedanken über solche Dinge. Was werden Sie mit ihm machen?«
» Schauen Sie«, versuchte Fane einzulenken, » es gibt so viele Möglichkeiten, was alles geschehen kann, dass es unmöglich ist, irgendetwas mit Genauigkeit vorherzusagen.«
» Dann seien Sie halt ungenau«, sagte sie giftig. » Szenarien– geben Sie mir ein paar mögliche Szenarien.« Lore hatte ihre Stimme wiedergefunden, und sie wollte
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