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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Ja, offenbar war selbst ihre Zeit unter den Dächern von Paris in ihre Entwürfe eingeflossen – sogar der Stil und Geschmack von Yves Morny, den sie einst so gehaßt hatte. Die weißen Pailletten ... Isabelle lachte auf. Patrizia hatte ihr gesagt, sie müsse ihrer Kollektion ein Thema geben. Isabelle hatte sich daraufhin für das Motto «Weiß» entschieden.
    Die Farbe Weiß: schlichte, weiße Sommerkleider aus fließendem Jersey, lange weiße Leinenjacken im Cardigan-Stil zu passenden engen Röcken, weiße Strickjacken, kombiniert mit weißen Hosen. Weiß waren die Strandkleider aus Frottee, weiß und weit die Blusen, glatt und gerüscht. Es gab weißen Samt, aus dem Isabelle Westen und Cocktailkleider hatte anfertigen lassen, weiße Spitze, aus denen Abendroben genäht waren; es gab Lambswool, Seide, Organza, Chiffon, Brokat, und alles war weiß. Fasziniert hatten Isabelle bei ihrer Arbeit die unterschiedlichen Töne. Blaß, fahl und winterlich kalt konnte das Weiß sein, warm, frisch oder sommerlich klar, milchig-, cremig- oder beige-weiß; die Farbe von Butterbrotpapier konnte es haben, von Kalk oder Schnee; man nannte es Ecru, Eierschale, Vanille.
    Jäh wurde Isabelle aus ihren Gedanken gerissen. Es klingelte. Die Wohnungstür. Sie wußte nicht, wer es war, sie erwartete niemanden, und sie hatte keine Lust zu öffnen. Es klingelte erneut. Isabelle tauchte unter, das Wasser gurgelte und schäumte über ihrem Kopf. Ausgerechnet! dachte sie. Ich will niemanden sehen, ich will wenigstens einen Abend für mich. Noch mal: Sturmklingeln. «Hilfe», rief Isabelle und sprang aus der Wanne. Hastig zog sie ihren Frotteemorgenmantel über, lief barfuß zur Wohnungstür und öffnete.
    Es war Carl. «Tut mir leid, wenn ich dich so überfalle, aber dein Telefon ist seit Stunden besetzt und ... darf ich hereinkommen?»
    «Ja ... ja.» Sie trat beiseite.
    Carl sah zu Boden und stieg über die Badewasserpfütze auf den Parkettdielen hinweg. «Scheint dir gut zu passen, mein Besuch!» Sie schloß die Tür. «Ich habe gerade gebadet.»
    «Entspannungsbad?»
    «Sozusagen.» Sie begleitete ihn ins Wohnzimmer. «Gib mir deinen Mantel.» Sie streckte die Hand aus, er nahm den Trench von seinem Arm und reichte ihn Isabelle.
    «Ist noch richtig mild draußen, erstaunlich!» sagte er und trat auf den Balkon.
    «Bin gleich zurück», rief Isabelle, schnappte sich die im Wohnzimmer verstreuten Klamotten und verschwand wieder im Bad. Carl schnupperte an den Rosen und setzte sich auf einen der Teakholzstühle, die er ihr vermacht hatte, als Charlotte neue Gartenmöbel bestellt hatte. Ein Päckchen, das er unter dem Arm getragen hatte, lehnte er gegen die Mauer, an der mittlerweile der Efeu hochgerankt war.
    Carl sah an diesem Abend besonders elegant aus, so, als habe er noch etwas Besonderes vor. Sein maßgeschneiderter anthrazitfarbener Flanellanzug, dessen Weste ein wenig spannte (Carl hatte in den letzten Jahren leicht zugenommen, wie Isabelle immer wieder amüsiert bemerkte), das blaßblaue Hemd und die schwarzgepunktete gelbe Seidenkrawatte gaben ihm etwas Offizielles, Staatsmännisches.
    «Was ist los?» fragte Isabelle, als sie zurückkam – Hemd und Jeans hatte sie wieder angezogen – und sich ihre kinnlangen blondgesträhnten Haare mit einem Handtuch trockenrubbelte. «Warst du im Überseeclub? Anglo-German? Handelskammer?»
    «Wieso?»
    «Siehst so schick aus!»
    «Ich sehe immer schick aus.»
    «Das ist wahr.» Sie legte ihr Handtuch über die Lehne des zweiten Stuhls. «Willst du einen Wein?»
    Er nickte. Sie ging in die Küche, nahm aus dem Kühlschrank eine Flasche Soave – dem Trend der Zeit entsprechend, war sie auf italienischen Wein umgestiegen –, entkorkte sie, griff zwei Gläser aus dem Regal, schenkte ein, probierte und füllte dann auch das andere Glas. Dann zündete sie sich eine Zigarette an, schnappte sich einen Aschenbecher und ging mit allem beladen zu Carl zurück.
    Er nahm sein Glas in Empfang. «Schön hast du's hier. Ein Paradies, deine Terrasse, eine richtige grüne Hölle.»
    «Da kann auch kommen, was will, Belle Corthens Firma hin oder her: Meine Pflanzen kriegen Pflege. Ja ...» Sie hob eine herabgefallene Ranke des Efeus hoch, beschaute sich kurz die Unterseite der Blätter und steckte sie wieder an dem Bambusgerüst fest. «Man muß ihnen nicht nur Wasser und Dünger geben, man muß auch mit ihnen reden. Und ihnen ab und zu unter den Rock gucken.»
    Carl lächelte ironisch.
    «Sagt Gretel»,

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