Der Seerosenteich: Roman (German Edition)
wir kamen uns näher: nicht über die Erotik, das war das Komische. Wir haben uns gegenseitig getröstet.» Er erzählte Isabelle die ganze Geschichte dieser Beziehung, die voller Höhen und Tiefen gewesen war, sich von einer Affäre in eine Art Ehe verwandelt hatte («Puppe wollte nie heiraten!») und heute Freundschaft war.
«Freundschaft?»
«Ja», antwortete er, «irgendwann haben wir aufgehört, miteinander zu schlafen, und das hat auch etwas damit zu tun, daß ...» Er stockte.
«Ich komme mir vor wie ein Beichtvater!» sagte Isabelle scherzhaft. Sie wollte die Situation etwas auflockern, denn Carl sah plötzlich todernst aus. Erschrocken nahm sie seine Hand. «Was ist denn? Irgendwas ist doch noch. Es gibt doch einen Grund, daß du mir das alles erzählst ... Was meintest du vorhin damit: Du hättest so lange darauf gewartet, bis ich soweit bin ...?»
Sie spürte, wie er ihre Hand umklammerte.
«Ich liebe dich, Isabelle.»
Sie lächelte. «Ich hab dich doch auch gern, Carl.»
«Du verstehst mich nicht richtig. Ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Tag an, als ich dich in unserer Küche bei der guten Burmönken sah, du erinnerst dich, als Vivien ins Eis eingebrochen war – von da an habe ich dich geliebt.»
«Carl, du bist verrückt!» Isabelle sprang auf, ging zum Rollbureau hinüber, setzte sich auf den Freischwinger, der davor stand. «Ich war ein Kind damals! Keine Lolita, Mensch!»
Er erhob sich auf, legte das Kissen mit Bedacht an seinen Platz zurück und kam dann zu Isabelle. «Du warst ein junges Mädchen. Zu jung. Natürlich, zu jung. Aber du warst stark. Stark und schön, und ich habe es geliebt, mit dir im Ehmke gesehen zu werden, auf Puppes Modenschau ...»
Sie unterbrach ihn. «Es ist spät, du bist müde, und wir haben zuviel getrunken. Du gehst jetzt besser, Carl.» Sie stand wieder auf, wollte zur Wohnungstür gehen, doch er hielt sie am Arm fest.
«Ich habe gewartet. Jahre und Jahre. Ich habe mir nichts anmerken lassen. Ich war ein väterlicher Freund für dich, du warst wie eine Tochter für mich. Nicht mehr. Nicht weniger. Aber jetzt ... jetzt ...»
Isabelle glaubte nicht, was sie da hörte. Sie war schockiert. «Jetzt willst du zurückhaben, was du mir die ganzen Jahre über gegeben hast? Ist es das?» Sie nahm das Gemälde und versuchte, es ihm zurückzugeben. «Dann nimm es und geh. Dann ziehe ich da morgen meine Show durch, und danach lassen wir die Anwälte regeln, was zu regeln ist, dann müssen wir uns eben auch beruflich trennen ...»
«Was redest du?» Er ließ sie wieder los.
«So etwas mache ich nicht. Ich bin keine Geliebte. Ich bin erst recht nicht käuflich. Das ist was von gestern, Carl, so sind wir Frauen heute nicht mehr, glaub mir. Und außerdem: Ich will keinen Mann in meinem Leben, dafür ist kein Platz ...» Einen Augenblick hing sie diesem Gedanken nach, dachte an Jon, und ihr war plötzlich klar, daß in ihrem Leben sehr wohl Platz für einen Mann wäre, für den richtigen. Aber der war vergeben. Sie faßte sich wieder. «Carl!» sagte sie flehentlich. «Du machst alles kaputt.»
Er schüttelte langsam den Kopf. «Nein», erwiderte er, «du verstehst alles falsch. Ich wollte gerne, heute in der Nacht, vor deinem ... deinem ...», er suchte nach dem richtigen Wort, «Schritt in den Ruhm ...»
«Ach ...», fauchte sie und winkte ab.
«In der Nacht vor deinem Schritt in den Ruhm», wiederholte er, «mit dir ganz und gar offen und ehrlich reden. Es dich wissen lassen. So, wie man sich unter guten Freunden alles anvertraut. Alles. Zu niemandem, außer zu Puppe, zu niemandem habe ich solches Vertrauen wie zu dir, Belle. Ich habe diese Geschichte meiner Liebe zu dir so lange mit mir rumgetragen: Ich wollte auch für mich reinen Tisch machen, verstehst du? Bevor ... bevor ... Du wirst in eine andere Welt getragen werden, ab morgen ...» Er lächelte jetzt sogar. «Dir werden bald alle Männer zu Füßen liegen, wenn sie es nicht schon tun. Nein. Ich erwarte ja gar nichts. Ich erwarte nichts von dir. Außer, vielleicht: Respekt. Respektiere mein Gefühl. Bitte.» Er schaute sie ernst an.
Isabelle war plötzlich zu Tränen gerührt. Sie kam zu ihm. «Carl, entschuldige meinen Ausbruch, ich ...»
Sie standen dicht voreinander. Er legte seine Finger auf ihre Lippen. «Sag nichts ... mein Mädel ... Belle ...» Er ging zur Tür, öffnete sie. «Schlaf schön.»
«Carl ...»
«Gute Nacht.» Sanft zog er die Tür hinter sich ins Schloß.
Kapitel 21
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