Der Seerosenteich: Roman (German Edition)
lächeln. Ein schiefes Grinsen war daraus geworden, als sie ihr für das Lob dankte. Irgendwie konnte sie ihr nicht mehr in die Augen sehen. Danach war Gretel an der Reihe gewesen, die gute, liebe Gretel. Sie hatte ihr schönstes Wollkleid angezogen und eine dicke Bernsteinkette angelegt. Sie und Ida waren vorher gemeinsam zum Friseur gegangen, und man merkte ihr an: Dies war auch ihr Tag. Mit geröteten Wangen hatte sie ihren Schützling zu sich heruntergezogen, an den Busen gedrückt und gesagt, daß sie nichts sagen könne, so aufgeregt sei sie. Dann war Puppe Mandel aufgetaucht – in einem nachtblauen Anzug im Mao-Stil mit Stehkragen und verdeckter Knopfleiste – und hatte ihr fest die Hand gedrückt. Sie verstanden sich auch ohne viele Worte, und niemand wußte so gut wie Puppe Mandel, was Isabelle geleistet hatte. «Viel Razzledazzle die letzten Wochen!» sagte Isabelle zu Puppe; sie lachten verschwörerisch und verabredeten sich für die nächsten Tage zu einem Mittagessen.
Selbst die Familie Marongiu war aus Italien angereist und sprach der neugebackenen Modeschöpferin ihre Anerkennung aus. Fernando küßte ihr etwas zu lange die Hand und bat um ein Rendezvous. Doch für einen Amour fou fehlten Isabelle nicht nur Feuer und Liebe, sondern auch Kraft und Zeit. Sie ließ ihn erneut abblitzen, signalisierte ihm aber charmant, daß noch nicht aller Tage Abend und in dieser Sache nicht das letzte Wort gesprochen sei.
Der Überraschungsgast des Abends war Alma Winter, Puppes frühere Direktrice, die extra aus München angereist war. Sie wirkte noch dünner als früher, aber sie strahlte vor Freude, als sie Isabelle die Hand schüttelte und sie über den grünen Klee lobte. Im stillen war sie der Meinung, es sei ihr Verdienst, daß Isabelle so weit gekommen war. Dies Empfinden für den eigenen Anteil am Erfolg der Modeschöpferin teilte sie mit vielen im Kreis um Isabelle. Der Erfolg hat viele Väter, heißt es im Volksmund, und wie so viele, stimmte auch diese Binsenweisheit. Alma, die mittlerweile ein einsames, glanzloses Leben als Pensionärin führte, fühlte sich für einen Abend herausgerissen aus dem Alltagstrott und emporgehoben in eine Welt, in die sie sich selbst auch immer gewünscht hatte. Isabelle bestärkte sie darin und gab etwas von ihrem Glück ab, als sie Alma daran erinnerte, was die ihr einst, als sie noch Lehrling gewesen war, mit auf den Weg gegeben hatte: «‹Guck dir alles mit den Augen und den Ohren ab›, haben Sie mir immer gesagt. Ich sollte mit den Augen und den Ohren stehlen. Das habe ich getan. Und sehen Sie ...» Sie machte eine ausladende Armbewegung.
«Ja, ich weiß!» Alma sah sich in dem schönen Ballsaal des Atlantic-Hotels um, in dem elegante Menschen Champagner tranken, sich von Kellnern im Frack Canaps servieren ließen und angeregt plauderten. «War mein Leben doch nicht ganz umsonst. War ich doch auch zu was nütze, nicht?»
«Aber Alma! Was reden Sie denn da?» Isabelle wurde plötzlich ganz nüchtern in all der Erfolgstrunkenheit. «So was will ich nicht hören. Ich habe Ihnen soviel zu verdanken.» Sie sah die Wehmut in Almas Augen, es war, als müsse sie bereits Abschied nehmen, inmitten des Festes. Es brach ihr fast das Herz. Deshalb versuchte sie, ein anderes Thema anzuschneiden. «Haben Sie mal wieder was von Remo gehört?»
Alma nickte. «Wollen Sie das wirklich wissen?» Ihr Blick fiel auf den Vorhang am Ende des Laufstegs, auf dem der Schriftzug der Modeschöpferin prangte, und sie fügte fast zärtlich hinzu, als wollte sie ihr nicht weh tun: «Belle?»
Isabelle nahm einen Schluck aus ihrem Glas. «Aber ja! Deshalb frage ich doch. Die Sache ist nun so lange her.» Sie guckte Alma ermutigend an. «Das tut nicht mehr weh. Keine Sorge. Ich bin drüber weg.» Das war gelogen, und beide wußten es. Wäre Remo an diesem Abend auf der Modenschau erschienen, sie hätte ihn erst rausschmeißen und dann ermorden lassen, dessen war sie sich sicher. Die Wunde war noch längst nicht verheilt.
«Es geht ihm gut. Er hat enorme Erfolge drüben in Amerika. Es ist sein Land, hat er mir geschrieben. Er schreibt nicht oft. Warum auch? Seine alte Tante – was ist an der schon interessant ...» Alma nippte an ihrem Wasserglas.
«Und privat?»
«Er ist immer noch ... also, ich weiß gar nicht ...»
«Nun?»
«Er hat noch seine Bekannte. Freundin. Mit der er seinerzeit rüber ist, diese Journalistin, soweit ich weiß.»
«Die bei dein Modemagazin Linda arbeitet!» sagte
Weitere Kostenlose Bücher