Der Seerosenteich: Roman (German Edition)
Patienten, seine Pflichten. Er mußte zurück. Und er war verärgert darüber, daß sie nicht aufhörte zu betteln, er möge seinen Termin für die Rückkehr aufschieben. «Ich kann nicht, Isabelle, selbst wenn ich wollte.»
«Sei ehrlich: du willst nicht. Ich hab das doch auch geschafft, alles aufzugeben ... könntest du doch auch ...»
«Was willst du hier noch? Es ist ein fremdes Land, New York ist eine harte Stadt ... Ich habe ja gesehen, wie es dir ging, als ich ankam.»
«Das ist doch nicht der Punkt. Natürlich komme ich zurück nach Deutschland. Natürlich werden wir zusammen in Luisendorf leben, ich kann mir gar nichts Schöneres vorstellen. Aber ich möchte eben im Moment noch nicht weg. Ich bin ganz egoistisch, und ich will dich für mich allein haben. Hier. Dies ist mein Paradies. Und du hast es dazu gemacht. Du bist schuld.» Sie lachte hell auf. «Laß uns nicht länger streiten.»
«Aber reden müssen wir darüber.» Er küßte sie auf die Stirn. «Ich will nie wieder Mißverständnisse zwischen uns aufkommen lassen.»
«Hand drauf, Baby!»
Sie reichten sich die Hände. Isabelle schlug mit der Linken dazwischen, es war ein alter Aberglaube, und auf diese Weise wurde besiegelt, wie ihre Zukunft aussehen würde. Sie beschlossen, noch ein paar Tage zu bleiben, dann nach New York zurückzufahren; dort würde Jon seine Koffer packen und allein nach Hause fliegen. Vorausfahren: das war ihr Wort. Isabelle wollte sich mit ihrem Anwalt in Verbindung setzen, mit dem Verwalter des Hampshire House, ihre Wohnung gemeinsam mit Elena auflösen und verkaufen und dann nachkommen. Ein, zwei Monate würden sie getrennt sein, danach nie mehr, auf immer und ewig.
Am Abend vor der Rückreise lag sie in seinem Arm. Sie waren nackt. Es war spät. Draußen war es zappenduster. Die Fenster des Schlafzimmers hatten sie hochgeschoben, denn es war tagsüber sehr warm geworden, und das Holzhaus, schlecht isoliert, heizte sich schnell auf. Ein milder Sommerwind blähte die kurzen gerafften Gardinen auf. Die Zikaden sangen ununterbrochen. Von ferne hörten sie das Rattern des Zuges, der New York mit der Halbinsel verband und um diese Jahreszeit jede Stunde fuhr; ein langgedehntes Tuten ließ er jedesmal ertönen, wenn er sich am Bahnhof von East Hampton in Bewegung setzte und die Schranken bimmelnd heruntergingen. Es waren wohltuende, beruhigende Geräusche.
Isabelle hörte in Jons Armbeuge den Pulsschlag pochen. «Ich wünschte, wir würden doch noch eine Woche verlängern», sagte sie mit gedämpfter Stimme. Sie wollte den Zauber der letzten Nacht nicht zerstören.
«Ich auch. Aber jetzt ist es so entschieden. Und es ist gut so.»
«Ich hoffe, daß nichts dazwischenkommt ...» Sie streckte den freien Arm aus und klopfte mit der gekrümmten Hand auf die Holzplatte des Großmutter-Nachttisches.
«Was soll denn dazwischenkommen?» Er streichelte sie. «Du und dein ewiger Aberglaube, deine Ängste ... du mußt keine Angst mehr haben!»
«Ich weiß.»
«Willst du mich heiraten?»
Sie schaute zu ihm hoch.
Er wiederholte seine Frage. «Willst du, Isabelle Corthen, mich, Jon Rix, heiraten, drüben in Luisendorf, wenn du dort bist, und bei mir bleiben, bis daß der Tod uns scheidet?»
«Ja. Ja, das will ich!» antwortete sie und küßte ihn.
Schließlich kam der Tag der Abreise. Jon stand in seinem klimatisierten Hotelzimmer und packte. Isabelle saß ungeschminkt und schlunzig angezogen auf der Fensterbank. «Soll ich dir nicht doch helfen?»
«Ich bin doch gleich fertig.» Er war nervös. Große Reisen beunruhigten ihn. Er ging ins Badezimmer, kam mit Shampoo und Zahnpasta zurück, die er sorgfältig in einem Lederbeutel verstaute.
«So.» Er schaute sich um. «Ich glaub, das war's.»
Sie hüpfte von der Fensterbank herunter. «Das war's, das war's ...» Sie umschlang ihn von hinten, schmiegte ihren Kopf an seinen Rücken. Er hatte sich im Bad mit Givenchy Gentleman eingesprüht, er roch verführerisch, sie liebte diesen Duft. «Ich möchte gar nicht, daß du jetzt gehst ... Abschied, das ist wie ein kleiner Tod, nicht wahr?»
«Besser als ein großer, oder?»
«Ach, hör auf, Jon, so was steht dir nicht: Zynismus.»
«Was glaubst du, wie schwer es mir fällt. Ich möchte zaubern können, dich verkleinern, auf diese Größe ...» Mit den Händen deutete er die Größe einer Puppe an. «Dich im Handgepäck bei mir haben, während des Fluges im Arm halten, dich streicheln ...»
Innig küßten sie sich. Dann löste er
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