Der Seher des Pharao
deine Mutter und ich haben viel zu bereden.«
»Ich will nicht mit den Katzen spielen.« Heby glitt von Hapus herunter und sah Huy finster an. »Ich will auch Wein und ein Festessen, wenn er das bekommt!« Er zeigt auf Huy, der sich verfluchte, dass er dem kleinen Hitzkopf kein Geschenk, und wenn es nur eine Kleinigkeit gewesen wäre, mitgebracht hatte. Dann erinnerte er sich, dass er ein Kistchen mit Mandeln, das Thutmosis ihm geschenkt hatte, unten in seinen Beutel getan hatte. Er öffnete ihn rasch, kramte darin herum, holte das Kistchen heraus und hielt es Heby hin.
»Die habe ich dir mitgebracht, mein Lieblingsbruder«, sagte er feierlich. »Sie schmecken wunderbar und sind etwas Seltenes. Wenn du nicht willst, musst du sie mit niemandem teilen.« Hapu hob die Augenbrauen. »Mandeln«, flüsterte Huy.
Hapus Augen wurden groß. »Ein ziemlich kostbares Geschenk.« Seine Stimme war wieder scharf. Huy seufzte innerlich.
Hebys Blick flackerte zweifelnd zwischen Huy und dem Kistchen hin und her. Dann nahm er es vorsichtig und hob den Deckel. »Das sind merkwürdige braune Nüsse«, erklärte er. »Vater, soll ich eine davon essen?«
»Iss so viele du willst, aber lass deiner Mutter ein paar übrig«, antwortete Hapu mit schwerer Stimme. »So bald werden wir Mandeln nicht wieder zu sehen bekommen.«
Ärger stieg in Huy auf, aber er bekämpfte ihn und sagte seinem Vater nicht, dass er das kostbare Geschenk nicht selbst erworben hatte, dass er sich so etwas nie hätte leisten können, dass Thutmosis sie ihm geschenkt hatte, dass Thutmosis’ Familie ihm überhaupt das meiste geschenkt hatte, das er auf dem Körper trug, den Hapu unverhohlen taxierte.
Heby griff in das Kistchen, nahm eine Mandel heraus, steckte sie in den Mund und biss mit hörbarem Krachen darauf. »Sie ist bitter, aber ich mag sie«, erklärte er. »Ich esse noch eine. Danke, Huy.« Er stellte die Mandeln auf den Tisch neben dem Bett. »Kann ich jetzt in den Garten gehen?« Hapu nickte, und das Kind hüpfte in den Flur.
Ich bin also aufgenommen, dachte Huy erleichtert.
Hapu zeigte auf die Tür. »Komm mit ins Empfangszimmer und setz dich. Itu ist bald zurück. Dann kannst du uns alle Neuigkeiten berichten.« Huy nahm seinen Beutel und folgte ihm.
In dem Hauptraum des kleinen Hauses hatte sich nichts verändert. Zwei abgenutzte Kissen, ein niedriger Tisch für gemeinsame Mahlzeiten, ein paar Hocker, das waren auch die Möbel, an die sich Huy erinnerte. Er setzte sich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden. Sein Vater und er sahen sich einen Moment lang schweigend an. Dann sagte Hapu: »Itu hat sich immer sehr über deine Briefe gefreut, besonders, nachdem du sie selbst schreiben konntest. Jedes Mal, wenn einer gebracht wurde, haben wir den Boten gebeten, ihn uns vorzulesen, und anschließend saß Itu mit dem Papyrus im Schoß da und ist mit dem Finger über die Hieroglyphen gefahren, als könnte sie dich dadurch berühren. Deine lange Abwesenheit hat sie sehr traurig gemacht.« Aber dich nicht, warf Huy ihm im Geiste vor. Nun hast du einen anderen Sohn, ein normales, gesundes Kind, das nicht in einer anderen Stadt zur Schule geht, das nicht vom Wurfholz eines Aristokraten getroffen wird, das nicht stirbt und wiedererweckt wird. Nun kannst du dich wieder in der Sicherheit wiegen, die du früher genossen hast.
»Es gibt keine Rechtfertigung. Mein Leben war erfüllt von der Schule und meinen Freunden in der Stadt. Du, Mutter und Hut-Herib verschwanden in meiner Vergangenheit. Ich hätte öfter herkommen sollen, aber irgendwie erschien mir alles hier so klein und wie ein Traum. Es macht keinen Sinn, das zu leugnen.«
Hapus dicke Augenbrauen hoben sich. »Wenigstens machst du mir keine falschen Gefühle zum Vorwurf. Wenn Itu da ist, kannst du uns erzählen, warum du hier bist.« Denn natürlich hast du die weite Reise von Iunu nicht nur auf dich genommen, um uns zu sehen – hörte Huy als Fortsetzung, obwohl Hapus Mund bereits geschlossen war.
»Mein Bruder ist ein hübscher Junge«, sagte Huy. »Wie macht er sich in der Schule? Lernt er gern?«
Hapu lächelte. »Im Lesen und Auswendiglernen ist er seiner Klasse schon voraus«, sagte er stolz. »Beim Schreiben und mit den Zahlen ist er etwas schwächer als seine Kameraden. Unglücklicherweise können deine Mutter und ich ihm nicht helfen, da wir beide nicht lesen und schreiben können. Aber er besucht Ker ziemlich oft, und Heruben hilft ihm.«
»Ich war auch beim Lesen und mit den Zahlen
Weitere Kostenlose Bücher