Der Seher des Pharao
er unvermittelt, während sie hinaus in den Sonnenschein traten.
Ischat hielt Huy auf. »Er weiß alles, nicht wahr? Über die verzogene Göre, die du idiotischerweise liebst? Und über die Hure?«
Huy schüttelte den Kopf. »Nicht über die Hure. Und hör auf, nur weil du eifersüchtig bist, Anuket zu beschimpfen«, fauchte er.
Ischat schnaubte höhnisch durch die Nase. »Ja, ich bin eifersüchtig, aber nach all dem, was du erzählst, ist sie wirklich eine verzogene Göre«, entgegnete sie. »Huy, ich weigere mich, das Tempellager zu durchsuchen, ehe ich etwas gegessen habe. Ich bin ganz schwach vor Hunger. Außerdem will ich wissen, welche Schrecken mich in der Tempelküche erwarten, wo ich ja dein Essen zubereiten soll. Ich nehme an, sie befindet sich auf der Rückseite der Anlage?«
Huy war auch hungrig, aber er wollte es nicht zugeben. Mein erster Gedanke ist immer, ihr zu widersprechen, dachte er, als sie im Schatten der Mauer außen um den Tempelbezirk gingen. Das war schon so, als ich noch klein war. Liegt es daran, dass sie über mich bestimmen will und ich das nicht haben will? Oder setzt sie mich auf andere Weise unter Druck? Er sah verstohlen auf ihre kräftigen braunen Fesseln und die bloßen Füße, die unter dem dicken Bauernkleid hervorlugten. Über die Felder zu rennen und durch das Haus und den Garten meines Vaters zu streifen, ist eine Sache. Aber in der Stadt darf sie nicht immer barfuß laufen, da kann sie sich zu leicht verletzen. Irgendwie muss ich ein Paar Sandalen für sie auftreiben.
Die Küche erwies sich als großer, an die Mauer gebauter Raum, vor dem sich zwei große Feuerstellen befanden. Eine versorgte einen Lehmofen zum Brotbacken mit Hitze. Auf einem langen Tisch waren Töpfe und Schüsseln in den unterschiedlichsten Formen gestapelt. Mehrere hüfthohe Gefäße an der einen Wand enthielten Wasser, und in den Regalen an einer anderen befanden sich kleinere versiegelte Krüge mit Wein und größere Fässer mit Bier. Zu Ischats Erleichterung standen auf dem Tisch auch mit Leinentüchern bedeckte Kessel, in denen gekochtes Fleisch, verschiedene Gemüse, eine scharfe Knoblauch-Zwiebel-Suppe und diverse getrocknete Früchte, darunter winzige geschrumpfte Äpfel, zum Vorschein kamen. »All das für zwei Priester, einen Gärtner und zwei Diener!«, staunte Ischat, als sie sich ein Stück von einer Rinderlende nahm.
Huy lachte. »Methen muss auch von Zeit zu Zeit adelige Besucher bewirten. Dies ist eine sehr kleine Küche, die sehr einfaches Essen für sehr wenige Personen liefert, Ischat. Eines Tages nehme ich dich mit nach Iunu. Der Tempel und der Küchenbereich dort werden dich wahrlich beeindrucken. Meinst du, du kannst hier gut kochen?«
»Erst einmal muss ich den Tempelkoch kennenlernen«, nuschelte sie mit vollem Mund. »Wenn er ein verträglicher Mensch ist, kein Problem. Allerdings wird dein Essen kalt sein, bis ich es über den Hof, um die Ecke und durch die halbe Gasse getragen habe«, stellte sie nüchtern fest. »Ich gehe davon aus, dass das Bierhaus nebenan gute Mahlzeiten zu bieten hat.«
»Zu einem guten Preis.« Huy kaute langsam und starrte den Pferch an der Rückwand des Bezirks an. Eine Kuh und ein schnüffelndes Schwein sahen neugierig herüber. Er verscheuchte seine Jugenderinnerung an Pabasts unverwechselbare Stimme. »Ich wünschte, ich könnte ein wenig mit Pfeil und Bogen üben und einen Wagen samt Pferd bekommen«, grübelte er. »Heby geht hier zur Schule, aber ich sehe keinen Sportplatz und keine Stallungen. Werde ich hier aus der Übung kommen?«
»Du wirst den Sohn eines unserer wenigen Aristokraten heilen oder seiner Frau eine günstige Prophezeiung machen. Dann erweist er dir seine Dankbarkeit, indem er dich seine Waffen benutzen und mit seinem Wagen durch die Stadt jagen lässt. Mach dir keine Sorgen, Huy – schon bald werden dich die Geschenke dankbarer Bittsteller reich machen.«
Huy schauderte und sagte nichts.
Nachdem sie mit Essen fertig war, durchstöberte Ischat die Küche. Sie nahm sich einen Korb und warf trotz Huys heftiger Proteste alles hinein, was sie für irgendwie brauchbar hielt: Lumpen, zwei große Töpfe mit Soda, einen Krug Lampenöl, Brot und Ziegenkäse. »Wir sind keine Diebe«, erklärte Huy, als er sah, wie sie einen Besen aus einer Ecke zog. »Das Essen ist gut für morgen früh, aber bei dem Rest müssen wir um Erlaubnis fragen.«
Ischat stellte einen kleinen versiegelten Bierkrug neben das Soda. »Ich denke, der Koch
Weitere Kostenlose Bücher