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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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hättest den peinlichen Umstand meiner Impotenz nicht als Argument verwenden dürfen. Das war grausam.«
    »Ich wollte ihnen nur zu verstehen geben, dass ein jungfräulicher Seher viel Ansehen besitzt«, entgegnete sie empört. »Wo ist da die Peinlichkeit? Und was das Mit-mir-Schlafen angeht: Erstens weiß ich, dass deine Zuneigung immer noch dieser nichtswürdigen kleinen Angeberin gilt, die wahrscheinlich nicht einmal ihre eigenen Sandalen binden kann, und zweitens hast du mir ja bereits das Geheimnis deiner Unfähigkeit anvertraut. Das ist bei mir sicher, allerdings kann ich das nicht für unsere Mütter versprechen.« Sie packte ihn an der Schulter und brachte ihn zum Stehen. »Huy, ich will alles tun, um dir die beste Dienerin zu sein, die du je haben kannst. Ich verspreche dir, dich nicht in Verlegenheit zu bringen, deine Wünsche zu erfüllen, ehe sie dir selbst bewusst sind, und meine Gefühle für mich zu behalten. Du und ich sind uns seit der Kindheit nahe, und ich denke, ich kenne den Grund: Du wirst zum großen Seher werden, und ich steige mit dir auf, um deine Beschützerin und enge Freundin zu sein. Ja?«
    Oh Ischat, ich wünsche von ganzem Herzen, dass ich dich mehr als eine enge Freundin lieben könnte, dachte Huy und sah in das strahlende Gesicht, denn du bist zu einer schönen, temperamentvollen und intelligenten Frau herangewachsen. Du verschwendest dich an mich, während es irgendwo einen Mann gibt, der dich wirklich verdient. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ja.«
    Sie hob kurz das Amulett auf seiner Brust und ließ es wieder fallen. »Was ist das?«
    »Das nennt man Sa. Es hält die Dämonen von mir fern.«
    »In der Tat«, sagte sie nachdenklich. »Und du wirst mein Sa sein und die Chatiu von mir fernhalten. Bringst du mir Lesen und Schreiben bei?«
    Er konnte ihren Gedankensprüngen nicht folgen. »Natürlich, wenn du das möchtest.«
    »Gut.« Sie wandte sich wieder zum Weg. »Jemand muss es doch aufschreiben, wenn die Leute zu dir kommen, um geheilt zu werden oder etwas über ihre Zukunft zu erfahren, und du kannst dir keinen Schreiber leisten.« Sie kicherte. »Du kannst mir nicht einmal ein Paar Sandalen schenken, oder? Nun, macht nichts. Eines Tages werde ich in mit Gold verziertem Leder gehen.«

16
    Ischat schritt pfeifend davon, und Huy folgte ihr verwirrt. Um ihr neues Heim in Augenschein zu nehmen, brauchte sie nur ein paar Momente. Huy sah zu, wie sie rasch durch die drei winzigen Räume ging und die Nase wegen des Gestanks rümpfte. Als sie fertig war, stellte sie ihren Sack ab und versuchte, abwechselnd auf einem Bein stehend, erfolglos den Schmutz von ihren Sohlen zu wischen. Huy musste lachen, denn zuvor war sie barfuß durch den Staub und Dung der Stadt gelaufen. »Hast du einen Besen?«, fragte sie schließlich ohne große Hoffnung.
    Huy schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
    »Tücher? Soda? Kannst du Tünche bekommen?«
    »Ich weiß es nicht. Methen hat gesagt, er will den Tempelgärtner danach fragen.«
    »Götter. Wenigstens gibt es in unmittelbarer Nähe gutes Bier.« Sie deutete mit dem Ellbogen Richtung Bierhaus. »Was genau besitzt du eigentlich?«
    »Nur die Sachen, die ich in zwei Beuteln und einer Kiste von der Schule mitgebracht habe – einige Schurze und Lendentücher, ein Paar gute Sandalen und meine Andenken.«
    »Den Skarabäus? Hast du den Skarabäus noch?«
    »Natürlich. Er ist mein größter Schatz.«
    Ischat stöhnte, war aber auch erfreut. »Also bist du ärmer als mein Vater«, sagte sie genüsslich.
    Verärgert nahm Huy ihren Sack und seine Beutel und ging zum Durchgang. »Ich habe eine Stellung bei Methen. Ich bin Schreiber. Ich bekomme einige Möbel aus dem Lager des Tempels, aber wir brauchen noch ein Bett und Laken für dich. Komm mit und lern ihn kennen. Vielleicht ist er nicht mit dem Arrangement einverstanden, das du so eigenmächtig getroffen hast, Ischat.«
    »Ich habe ihn schon einmal getroffen«, entgegnete sie empört, »aber es kann sein, dass er sich nicht an mich erinnert. Er war oft in eurem Haus damals, vor Jahren, als du dich erholen musstest.«
    Der Lärm um sie herum schien Ischat nichts auszumachen. Sie schlängelte sich ohne Schwierigkeiten durch die Menge, wich den beladenen Eseln geschickt aus und war nicht sonderlich erleichtert, als sie den verhältnismäßig ruhigen Tempelhof erreichten – außer darüber, dass sie ihre Füße im Gras abwischen konnte. Methens Haus war leer. Huy führte sie hinein, und sie warteten

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