Der Seher des Pharao
Onkel herstellte, eine Mischung aus Zimt, Myrrhe und Kassia, die von weit her kamen und in Balan-Öl gelöst waren – etwas ganz anderes als der einfache Lilienduft, der Itu umgab. Auch dieses beliebte Parfüm kam von Onkel Ker, und Huy mochte es, weil sein Geruch bedeutete, dass sie in seiner Nähe war. Doch Tante Heruben roch nach fernen Orten, und das mochte er beinahe genauso gern.
Hapsefa kam mit einem Tablett zurück, und hinter ihr folgten Itu und Hapu. Sie überreichten ihm den traditionellen Blumenstrauß. »Wir geben dir Leben, lieber Huy«, sagte Hapu.
Huy verbarg sein Gesicht in den kühlen Blüten. Alle liebten ihn, und irgendwie hatte der Priester Methen seine Ängste verscheucht. »Ich bin ein glücklicher Junge, nicht wahr, Mutter? Darf ich heute Wein trinken?«
Alle lachten. Hapu nickte, und Hapsefa machte beinahe eine Doppelverbeugung, um ihm das Tablett hinzuhalten. »Dattelwein, Traubenwein oder Schedeh?«, fragte sie. Neben den Bechern lag ein gefaltetes, makelloses Leinenstück. Hapsefa deutete mit einer Kopfbewegung darauf. »Und das ist mein Geschenk für dich. Ich habe es selbst genäht.«
Es war ein Hemdchen, auf der Vorderseite und um den runden Ausschnitt herum mit gelben Anch-Zeichen bestickt. »Wie Gold«, sagte Huy und stand auf, um hineinzuschlüpfen. Es fühlte sich weich auf seiner Haut an. Probehalber zog er die Schultern hoch. »Es gefällt mir sehr, Hapsefa. Vielen Dank.«
Angesichts seiner echten Freude brummte die Dienerin. »Dann versuch, es nicht schmutzig zu machen, und zieh es nicht an, wenn du dich am Teich in den Matsch legen willst.«
Er durfte sich als Erster den Teller füllen, und er tat es mit dem grenzenlosen Appetit eines Kindes. Erst als er schon fast satt war, fiel ihm ein, dass er noch nicht einmal an die Geschenke gedacht hatte, die ihm seine Verwandten sicher mitgebracht hatten. Sie unterhielten sich leise mit seinen Eltern über die auszubringenden Saatmengen und die Gründe für den kümmerlichen Ertrag der Alraunen. Huy lehnte sich zurück ins Gras und betrachtete verträumt das Spiel von Licht und Schatten im Laub über ihm.
Jemand tauchte neben ihm auf. Er wusste, wer es war, noch ehe er sich umdrehte und sah, wie sich Ischat rasch den Teller volllud. Hapsefa hatte ihre langen schwarzen Haare mit einer roten Schleife nach hinten gebunden, ihre zerkratzten Füße waren nackt. Sie beugte sich vor, um sich Fischstücke und Gurkenscheiben zu nehmen. Huy richtete sich auf. »Ischat, du kommst zu spät, doch ich höre nicht, dass Hapsefa schimpft.«
Mit ihren kräftigen weißen Zähnen biss sie einen Halbmond aus einem Melonenschnitz und sah ihn aus den Augenwinkeln an. »Ich weiß«, antwortete sie. »Ich watete durch die Blumenbeete, während Vater die Dämme prüfte. Dabei bin ich gestolpert und hingefallen, sodass mein Schurz voller Matsch war.« Sie hob den Schurz über ihren Knien in die Höhe. »Ich musste ihn waschen, und er ist immer noch nass. Meinen anderen konnte ich nicht anziehen, weil er zu viele Flecken hat. Doch ich habe ein Geschenk für dich gefunden.«
»Ja?«
»Ich hätte es gern für mich behalten, aber ich bin viel netter als du, Huy, und deshalb habe ich beschlossen, dass du es haben sollst.« Obwohl sie erst drei Jahre alt war, wusste Ischat bereits instinktiv, dass Koketterie von der Kombination aus Zuckerbrot und Peitsche lebt. »Aber du bekommst es nur, wenn du mich nicht an den Haaren ziehst, sobald die anderen zum Nachmittagsschlaf hineingegangen sind.«
Huy musterte sie. An ihrem drahtigen kleinen Körper konnte sie unmöglich etwas versteckt haben. »Ich hasse dich, Ischat«, zischte er. »Du machst dich schon wieder über mich lustig.«
»Nein, aber du kannst warten, bis ich mit dem Essen fertig bin. Hat Mutter auch Dattelsaft herausgebracht? Sie will nicht, dass ich Wein trinke.«
Widerwillig reagierte Huy auf den Wink und gab ihr seinen Becher. Sie trank gierig, zog die Nase kraus und leckte den roten Rand von ihren Lippen. Dann zog sie ein Salatblatt unter dem Kichererbsenrest hervor, legte es neben sich ins Gras und setzte ihr Mahl fort.
Huy tat sein Möglichstes, desinteressiert zu erscheinen, doch seine Neugier war geweckt, und als Ischat schließlich ihre Finger in die Schale mit warmem Wasser tauchte, das bereits die Spuren der Erwachsenenhände zeigte, und dann am Schurz abtrocknete, war er kurz davor, böse zu werden. Sie schien zu spüren, dass sie eine Grenze erreicht hatte. Also griff sie neben sich,
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