Der Seher des Pharao
spürte seinen Widerwillen. »Das ist einer der Paviane von Thot. Er klatscht, damit die Sonne aufgeht«, sagte sie. Huy stellte den Affen ab. Neben den irisierenden Farben des Skarabäus wirkte er krank und glanzlos.
Ker schenkte ihm ein Kästchen aus Zedernholz. In den Deckel war aus Silber der kniende Ewigkeitsgott Heh eingelegt. In jeder Hand trug er gerippte Palmwedel, die Zeichen für Millionen Jahre. Das feine Aroma des Holzes erreichte Huys Nase, und er wollte sich näher darüberbeugen. Der beringte Zeigefinger seines Onkels hielt ihn auf. »Siehst du die Hieroglyphen zwischen den Palmwedeln über dem Kopf des Gottes? Das ist dein Name, Huy. Deine Tante und ich wünschen dir viele gesunde Jahre voller Wohlstand. Wenn du den Deckel öffnest, entdeckst du mehrere kleine Fächer. Darin kannst du Dinge aufbewahren, die dir wichtig sind und die du vielleicht später hervorholst, um dich an eine Person oder ein Ereignis in deiner Vergangenheit zu erinnern. Jetzt hast du noch wenig Vergangenheit«, fügte er sanft hinzu, »aber wenn du erst ein alter Mann bist wie ich, werden dir solche Dinge wertvoll sein.«
»Danke, Onkel Ker«, entgegnete Huy leidenschaftlich. »Als Erstes werde ich meinen goldenen Skarabäus hineintun. Hapsefa gibt mir bestimmt ein Stück Leinen, um ihn daraufzulegen.« Die Erwachsenen lachten nachsichtig. Huy starrte die drei Zeichen an, die seinen Namen bedeuteten, und beschloss, am nächsten Morgen seine Farben hervorzuholen und sie an die Tür seines Zimmers zu malen. Dann bin ich den anderen Jungen in der Schule voraus, dachte er glücklich, und meine Lehrer werden zufrieden mit mir sein.
Seine Tante gähnte, und seine Mutter hatte sich auf den Ellenbogen gestützt. Hapsefa war knapp außer Hörweite und versuchte vergeblich, Ischat ein Zeichen zu geben. Doch die hatte sich auf den Bauch gerollt und starrte angestrengt in die Büsche. »Ich soll eure Gastfreundschaft nicht ausnutzen, hat meine Mutter gesagt«, murmelte sie. »Doch nachdem mir niemand gesagt hat, dass ich gehen soll, bleibe ich hier.«
»Sie wird mich für den Nachmittagsschlaf ins Bett bringen und hier aufräumen wollen. Doch wenn du willst, kannst du später zum Spielen wiederkommen, Ischat.«
»Das mache ich, wenn du dein Versprechen hältst, nie mehr garstig zu mir zu sein.«
Ker und Heruben verabschiedeten sich überschwänglich. Huy musste zahllose Küsse über sich ergehen lassen, ehe sie zu ihren Sänftenträgern gingen, die vor dem Haupteingang von Hapus Grundstück dösten. Ischat stand widerstrebend auf und verschwand in Richtung ihrer Hütte.
»Du siehst müde aus, Huy«, sagte Itu. »Du wirst heute Nachmittag gut schlafen. Hat dir dein Fest gefallen?« Sie hob ihn auf und umarmte ihn, doch er machte sich los, um seine Geschenke einzusammeln. In der einen Hand balancierte er den Affen auf dem Senet-Spiel, in der anderen den Skarabäus auf dem Zedernkästchen, während er vorsichtig zum Haus schritt.
Hapsefa zog ihn aus, grunzte zufrieden ob des immer noch makellosen neuen Hemds, stellte den Affen auf den Tisch neben seinem Bett, schob das Senet-Spiel darunter und gab Huy ein Stückchen weiches Leinen. »Das ist von dem Hemd übrig, junger Herr. Das ist das richtige Bett für deinen Skarabäus. Du solltest ihn auf den Rücken legen, damit seine Beinchen nicht abbrechen.« Doch Huy wollte den glänzenden Rücken im Blick haben, wenn er das Kästchen öffnete. Sobald Hapsefa ihm frisches Wasser hingestellt und die Tür hinter sich geschlossen hatte, drückte er das Leinen fest und setzte den Käfer ehrfürchtig darauf. Das Kästchen gegen die Brust gepresst, schlief er ein.
Er hielt das Versprechen, das er Ischat gegeben hatte, und in den folgenden Tagen spielten sie häufig miteinander. Wie üblich stritten sie sich oft, aber Huy dachte immer an den goldenen Schatz, den sie ihm geschenkt hatte, und lernte so, sein Verlangen im Zaum zu halten, auf ihre Sticheleien mit Schlägen oder Kneifen zu reagieren. Er vermisste sie schließlich, wenn sie nicht in den Garten stolzierte, um die Langeweile zwischen Nachmittagsschlaf und Abendessen zu vertreiben. Meist hatte sie gute Vorschläge, was sie spielen sollten, doch wenn er wollte, dass sie ein Wesir war und er der König, war sie selten einverstanden. »Wesire sind Männer«, sagte sie dann. »Und es ist sowieso langweilig, Wesir zu sein. Ich möchte die Königin Merit-Re-Hatschepsut sein. Und du kannst Pharao Men-cheper-Re Thutmosis sein.« Am Ende machten
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