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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerri Russell
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Besorgnis beobachtete er, wie sie sich gegen die Reling lehnte, die Arme vor der Brust verschränkte und irgendwie versuchte, sich ein wenig zu wärmen. Ihre dünne, schäbige Kleidung bot kaum Schutz vor dem stärker werdenden Wind.
    Ihn sollte es nicht kümmern, wie sie sich fühlte, und doch wurde diese Einstellung immer stärker unterhöhlt, je länger er mitansah, wie sie fror. Er stöhnte leise auf. Als zukünftiger Ehemann war es seine Pflicht, seiner Braut wenigstens ein Mindestmaß an Beachtung zukommen zu lassen. Er stellte sich wieder zu ihr und legte ihr seinen Mantel über die schmalen Schultern. »Das sollte Euch wärmen.«
    Sie drehte sich um und schaute ihn herausfordernd an. »Ich danke Euch für Euren Mantel. Es mag sein, dass ich in diesem Moment Euren Schutz benötige, aber es muss mir nicht gefallen.« Ihre Bemerkung traf ihn völlig unvorbereitet. Er war noch nie einer Frau begegnet, die so sehr Hilfe nötig hatte wie sie, und doch weigerte sie sich, ihm die Oberhand zu überlassen. Wirklich faszinierend.
    Dieser unerwünschte Gedanke veranlasste Wolf, der Frau den Rücken zuzukehren und stattdessen den Uferstreifen von St. Kilda zu betrachten. Er konnte es sich nicht leisten, mit dieser Frau irgendwelche Gefühle zu verbinden, denn dann lauerten auf sie beide ernsthafte Gefahren. Keinem von ihnen blieb eine andere Wahl, als sich an dem Spiel zu beteiligen, das der König in Gang gesetzt hatte, und dabei so viel Abstand zueinander wie möglich zu wahren.
    »Wie lange wird es dauern, bis wir Black Isle erreichen?«, fragte sie plötzlich.
    »Wir haben einen Tag auf See und zwei weitere an Land vor uns.«
    »Und dann werden wir gezwungenermaßen verheiratet?«
    So unmöglich es auch schien, hätte er schwören können, dass ihre Haut noch etwas blasser geworden war. Es gab keinen Grund, ihr die Wahrheit vorzuenthalten, und doch zögerte er, da er überlegte, ob er mit einer Lüge ihre Gefühle schonen sollte.
    »Ich habe ein Recht zu erfahren, was mich erwartet.« Sie klang energischer als zuvor und stieß sich von der Reling ab.
    »Sobald wir Black Isle erreicht haben, werden wir heiraten.«
    »Ich verstehe«, gab sie betrübt zurück.
    Empfand sie ihn als so abstoßend? »Es ist ein Schicksal, dem sich keiner von uns entziehen kann.«
    Sie schaute hinaus aufs Meer, wo der Uferstreifen der Insel kaum mehr auszumachen war. »Möglicherweise.« Es hörte sich nach Resignation an, doch die Art, wie sie trotzig das Kinn reckte, sprach eine andere Sprache.
    Schweigend starrte er sie an und fühlte sich von ihrem Bild gefesselt, das sie verwundbar und stark zugleich erscheinen ließ. Auch das war wieder eine faszinierende Mischung.
    Sein Blick ruhte auf ihren vollen Lippen und wanderte dann weiter zum Hals und den Schultern, die mit Gischt bedeckt waren. Ihr Mieder bot eine Andeutung dessen, wie voll ihre Brüste waren, und Wolf begann sich auszumalen, was unter dem Stoff verborgen lag. Was er nicht sehen, aber sich ausmalen konnte, hatte eine erregende Wirkung auf ihn.
    »Wolf!«, riss Brahan ihn aus seinen angenehmen Gedanken und holte ihn zurück ins Hier und Jetzt.
    Abrupt drehte er sich um. »Was ist?«
    »Noch eine Vision.« Brahan hielt den kleinen weißen Stein in seiner Hand, steckte ihn jedoch zurück in die Schutzhülle, als er den missbilligenden Blick seines Gegenübers bemerkte.
    »Ich sagte dir doch, du sollst nicht …»
    »Ich musste mehr über diese Frau herausfinden«, fiel ihm Brahan hastig ins Wort. »Aber ich sah in der Vision ein Schiff, und jetzt haben die Männer es in der Ferne auch entdeckt.«
    Walter drehte sich an der Reling stehend zu Wolf um und sah ihn mit besorgter Miene an, die sein ohnehin hageres Gesicht umso schlechter aussehen ließ.
    »Piraten?«, rief Wolf ihm zu, um den starken Wind zu übertönen.
    Walter nickte. »Sieht so aus. Sie haben keine Flagge gesetzt.«
    »Ladet die Kanonen«, rief Wolf seinen Leuten zu, die sofort zur Tat schritten. Brahan und Walter standen in seiner Nähe und warteten auf ihre Order. »Wir müssen darauf gefasst sein, mit ihnen aneinanderzugeraten.«
    »Und die Frau?«, wollte Brahan wissen. »Was machen wir mit ihr?«
    Sie sah nach wie vor Wolf an, und sie stellte noch immer diese herausfordernde Miene zur Schau.
    Er hatte jetzt keine Zeit, mit ihr zu diskutieren. »Bring sie in meine Kajüte«, befahl er Brahan, war jedoch kaum zu verstehen, da ein lauter Knall die Luft erfüllte, dem ein fast gemächliches Heulen folgte.

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