Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
sie sich auf den Heimweg machten, lehnte sie sich gegen seine Brust, und er schlang die Arme um sie. Für einen kurzen Moment genoss er dieses Glück, doch schon einen Herzschlag später zählte nur noch die Wirklichkeit. »Ich werde auch ein anderes Versprechen einfordern, das du mir gegeben hast, Isobel.«
Sie sah ihn über die Schulter an. In ihren Augen blitzte ein Funke Trotz auf. »Und was für ein Versprechen soll das sein?«
»Dass du unter keinen Umständen die Burg verlässt.«
Angst sprach schlagartig aus ihrer Miene. »Was meinst du damit?«
Was er meinte, würde sie noch früh genug erfahren. Jetzt wollte er nur für den Augenblick leben. »Was für ein Ehemann wäre ich, würde ich nicht darauf achten, dass du in Sicherheit bist?« Er küsste sie auf den Mund, dann sah er ihr in die Augen, um festzustellen, ob die Angst nachgelassen hatte. Was er stattdessen entdeckte, war brennendes Verlangen.
Wolf lächelte und trieb sein Pferd zu größerer Eile an.
»Haben wir es eilig?«, neckte sie ihn.
»Wenn du nicht willst, dass ich dich hier auf dem Pferd verführe, dann haben wir es eilig.«
Kaum hatten sie den inneren Burghof von Duthus Castle erreicht, saß Wolf ab, nahm seine Frau in die Arme und trug sie nach drinnen.
Unmittelbar nach der Ankunft in der Burg hatte sich Wolf nach Walters Zustand erkundigt und erfahren, dass der seine Verletzungen überleben würde. Erleichtert hatte er sich dann mit Isobel in sein Privatgemach zurückgezogen.
Nun kniete Wolf vor dem Kamin und legte noch einen Scheit ins Feuer. Er und Isobel hatten gebadet, um ihre Haut auch von den letzten Schmutzund Blutresten zu säubern, bis nichts mehr an diesen letzten Kampf mit Grange erinnerte.
Der Schein des Kaminfeuers hüllte Isobels Körper in goldenes Licht. Ihre Brüste, ihre Schenkel und auch ihre zarten, verlockenden Füße reflektierten auf eine aufreizende Art die tanzenden Flammen. Seine Frau, seine Isobel. Sie war eine Kämpfernatur, die schon in jungen Jahren die Qualen des Kerkers überlebt hatte, dann die Misshandlungen durch die MacDonalds und ihren Vater. Und nun … nun würde er sie bitten, noch ein weiteres Mal zu überleben.
Er würde sie bitten, so weiterzumachen wie bisher, auch wenn er eines Tages nicht mehr da war.
Es war wie eine grausame Laune des Schicksals, dass sein eigener Vater ihm mit Isobel ein so kostbares Geschenk gemacht hatte, das er letztlich doch nur zerstören würde.
In seiner Brust verspürte er eine Leere. Nie zuvor hatte er sich eingehender mit dem Sterben befasst, es war stets etwas gewesen, das anderen Menschen widerfuhr. Wolf zwang sich, diesen Überlegungen jetzt nicht weiter nachzugehen. Er wollte diesen Augenblick nicht mit solch trübseligen Gedanken verderben. Stattdessen wollte er seine Frau genießen, solange er sie an seiner Seite hatte.
Als hätte sie gespürt, wie sehr er sich nach ihrer Berührung sehnte, streckte sie die Hand aus. Er kam zu ihr ans Bett, und sie zog ihn zu sich auf die Matratze, wo er sie in seine Arme schloss.
Bernsteinfarbenes Licht liebkoste ihre Haut, doch nicht mal die Schatten, die das Kaminfeuer warf, konnten über die Schwellung an ihrer Wange hinwegtäuschen. Bei diesem Anblick kam es ihm so vor, als würde sich eine zentnerschwere Last auf sein Herz legen, so gewaltig war seine Trauer darüber, welches Leid ihr durch den eigenen Vater zuteilgeworden war.
Er strich ihr sanft die Haare von der Wange, dann gab er ihr einen hauchzarten Kuss auf die geschundene Stelle. Mitleid und Schuldgefühle stürmten auf ihn ein, verwirrten seine Gedanken und erstickten seine Stimme, bis er nur noch einen Satz herausbringen konnte: »Ich liebe dich.«
Wieder und wieder flüsterte er diese Worte, während er ihren Hals, ihre Schultern und die Arme mit Küssen bedeckte.
An ihren Händen angelangt, hielt er inne und lehnte sich zurück, dann umfasste er ihre Finger und küsste gemächlich, zärtlich und liebevoll jede einzelne ihrer Verletzungen. Sie waren im Schmerz vereint und durch ihre Liebe miteinander verbunden. Er hoffte und betete, seine Zuneigung würde ihre Schmerzen und ihre Ängste lindern.
Sie unterbrach seine Bemühungen jedoch und legte ihm einen Finger unter das Kinn, damit er ihr in die Augen sah, in denen ein Hauch von Tränen zu erkennen war. »Niemals hätte ich davon zu träumen gewagt, dass mein Schicksal mich aus dem finsteren Verlies zu dir führen würde. Ich fürchtete vielmehr, ich könnte so wie meine Mutter dort
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