Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
»Ich schätze mich glücklich, einer der wenigen Menschen zu sein, die Ihr in Euer Geheimnis eingeweiht habt.«
Einen Moment lang nahmen seine Gesichtszüge einen sanften Ausdruck an. »Ich habe nie jemandem davon erzählt, nicht einmal meiner Familie«, antwortete er und klang selbst ein bisschen überrascht.
Sein Eingeständnis löste bei ihr ein seltsames Kribbeln aus. Ihr Ehemann hatte mit ihr etwas geteilt, von dem niemand sonst etwas wusste. Dieses Wissen bereitete ihr eine wohlige Wärme.
Hinter den Bäumen verborgen, beobachtete eine schattenhafte Gestalt, wie Wolf und die junge Frau das Baumhaus verließen und den Weg zurückgingen, den sie gekommen waren. Längst außer Sichtweite sah er noch immer das Bild vor seinen Augen, wie sie diesen Mistkerl angeschaut hatte. Einen solchen Blick hatte er in seinem ganzen Leben nur ein paarmal gesehen, dennoch wusste er genau, wie er ihn deuten musste: als Leidenschaft, nicht mehr und nicht weniger.
Er hielt die Armbrust in seinen Händen fest umschlossen und ließ sich vom Schmerz führen, um den Zorn zu beherrschen, der loszubrechen drohte. »Verdammt sollst du sein«, flüsterte er mit eisiger Stimme.
Die Frau gehörte ihm, und er konnte mit ihr machen, was er wollte. Ein stechender Schmerz bohrte sich durch seine Wut, und seine Hand pulsierte unter dem Druck, den sein Griff auf die Waffe ausübte. Ein paar Tropfen Blut bahnten sich den Weg zwischen seinen Fingern hindurch und liefen über seinen Handrücken, bevor sie zu Boden fielen.
Der Mann lächelte nur. Blut würde vergossen werden, und nicht zu wenig. Der Schwarze Wolf von Schottland würde als Erster büßen müssen. Und sobald er aus dem Weg geräumt war, würde die Frau eine leichte Beute sein.
Er war es leid, dass alle anderen bislang versagt hatten, die an seiner Stelle diese Aufgabe erledigen sollten. Jetzt nahm er die Sache selbst in die Hand, und er würde sie zu Ende führen.
Er würde sich nehmen, was er wollte und was ihm zustand. Zu lange hatte er schon im Schatten gestanden. Es war an der Zeit, hart und schnell zuzuschlagen. Und diesmal würde sich ihm niemand in den Weg stellen.
Absolut niemand.
Siebzehntes Kapitel
Mondlicht fiel durch das offene Fenster und tauchte den Raum in ein silbriges Licht. Fiona folgte mit dem Finger dem Lichtstrahl, der sich seinen Weg durch die schwere Nachluft bahnte und auf die Decke von Wolfs Bett fiel. Der Lord und seine neue Braut saßen unten im Saal und speisten zu Abend.
Doch das würde sich schon sehr bald ändern. Man musste nur dem richtigen Diener ein paar Münzen in die Hand drücken, dann würde der dafür sorgen, dass Wolf nach oben in sein Privatgemach kam – und zwar allein. Mit zitternden Fingern strich sie das Bettzeug glatt und wartete darauf, dass die Tür aufging und er dorthin zurückkehrte, wo er hingehörte. Sie wollte nicht darüber nachdenken, wo – und mit wem – er den Tag verbracht hatte, dennoch ballte sie vor Eifersucht unwillkürlich die Fäuste.
Ein leises Klicken war an der Tür zu vernehmen, und sofort begann ihr Herz zu rasen. Der Augenblick war gekommen. Die Tür ging langsam auf, Fiona nahm die Hände vom Bettlaken und brachte ihren nackten Körper in eine verführerische Pose.
Wolf, der im Türrahmen nur als Silhouette zu erkennen war, blieb stehen. Sein Blick wanderte von ihren Füßen über die Beine, den Bauch und ihre Brüste, bis er ihr Gesicht erreichte. Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht, doch es blitzte in ihnen keine Leidenschaft mehr auf, wie es bisher stets der Fall gewesen war. Stattdessen sprachen seine unerbittlichen Gesichtszüge eine klare und eindeutige Sprache, dass er über ihr Verhalten nicht erfreut war.
»Zieh dich an!«, forderte er sie unwirsch auf.
Sie zwang sich zu einem gelassenen Lächeln. »Schon eigenartig. Bislang hast du das zu mir immer erst gesagt, nachdem wir unsere Leidenschaft gestillt hatten, nicht davor.« Als sie keine Anstalten machte, ihre Blöße zu bedecken, ging er zu ihr und warf ihr eine Wolldecke über und machte damit die einzige Waffe unschädlich, die sie noch aufzubieten hatte.
»Im Moment interessiert sie dich vielleicht, aber merk dir gut, was ich dazu zu sagen habe: Du wirst ihrer überdrüssig sein, nachdem du einmal das Bett mit ihr geteilt hast. Diese Frau hat genauso wenig Fleisch auf den Knochen wie ihr schmächtiges kleines Huhn. Was findest du bloß an ihr?«, platzte sie heraus, bevor sie ihren Zorn wieder in den Griff
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