Der seltsame Mr Quin
Thema kommen. Ich war heute in den Harchester Galleries. Und dort sah ich ein Bild, ohne das ich einfach nicht mehr sein kann. Ich wollte es kaufen, aber das ging nicht, weil Sie es bereits gekauft haben. Deshalb…« Sie machte eine Pause. »Lieber Mr Sattersway, ich muss es einfach haben! Mein Scheckheft habe ich mitgebracht.« Hoffnungsvoll sah sie ihn an. »Jeder hat mir gesagt, wie furchtbar nett Sie sind. Und zu mir ist jeder sowieso nett, verstehen Sie! Für mich selbst ist es zwar sehr schwierig – aber so ist es nun einmal.«
Das also waren Aspasia Glens Methoden. Innerlich blieb Mr Sattersway dieser so überbetont weiblichen Art gegenüber kalt und kritisch; dasselbe galt für ihre Art, das verwöhnte Kind zu spielen. Wahrscheinlich sollte es ihn reizen, aber das tat es nicht. Aspasia Glen hatte einen Fehler begangen. Sie hatte ihn als älteren Dilettanten behandelt, der von einer hübschen Frau leicht zu umschmeicheln ist. Hinter Mr Sattersways galanter Art verbarg sich jedoch ein gescheiter und kritischer Verstand. Er sah die Menschen ziemlich genau so, wie sie in Wirklichkeit waren, und nicht, wie sie sein wollten. Und so sah er nicht eine charmante Frau vor sich, die ihn um die Erfüllung einer Laune bat, sondern eine rücksichtslose Egoistin, die entschlossen war, ihren Willen aus irgendeinem Grunde, der ihm verborgen blieb, durchzusetzen. Aber er wusste sehr genau, dass Aspasia Glen ihren Willen diesmal nicht durchsetzen würde. Er würde das Bild des toten Harlekin nicht an sie ausliefern. Fieberhaft suchte er in seinen Gedanken nach der besten Möglichkeit, ihr auszuweichen, ohne sie allzu sehr zu verletzen.
»Ich bin überzeugt«, sagte er, »dass jeder Ihnen entgegenkommt, so gut er kann, und das mit größtem Vergnügen.«
»Dann wollen Sie mir das Bild also überlassen?«
Langsam und bedauernd schüttelte Mr Sattersway den Kopf. »Das ist, fürchte ich, leider unmöglich. Sehen Sie…« Er schwieg einen Augenblick. »Ich habe das Bild für eine Dame gekauft. Es soll ein Geschenk sein.«
»Ach! Aber sicherlich…«
Das Telefon auf dem Tisch läutete. Mit einer gemurmelten Entschuldigung nahm Mr Sattersway ab. Eine Stimme meldete sich, eine kalte kleine Stimme, die sehr entfernt klang.
»Kann ich bitte Mr Sattersway sprechen?«
»Am Apparat.«
»Hier ist Lady Charnley, Alix Charnley. Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an mich, Mr Sattersway, da wir uns vor vielen Jahren zum letzten Mal gesehen haben.«
»Meine liebe Alix. Natürlich erinnere ich mich an Sie!«
»Ich möchte Sie nämlich um etwas bitten: Ich war heute in den Ha r chester Galleries, und da hing ein Bild mit dem Titel Der tote Harlekin. Vielleicht haben Sie es wiedererkannt: Es ist das Terrassenzimmer von Char n ley. Ich… ich würde das Bild gern haben. Es ist an Sie verkauft worden.« Sie verstummte. »Mr Sattersway, ich möchte dieses Bild aus ganz bestimmten Gründen besitzen. Wollen Sie es mir verkaufen?«
Mr Sattersway dachte: Das ist wirklich wie ein Wunder. Und als er antwortete, war er dankbar, dass Aspasia Glen nur die eine Seite der Unterhaltung hören konnte. »Wenn Sie mein Geschenk annehmen, liebe Alix, würde es mich sehr glücklich machen.« Hinter sich hörte er einen Aufschrei und fuhr herum. »Ich habe es für Sie gekauft, wirklich. Aber hören Sie zu, meine liebe Alix, ich möchte Sie um einen sehr großen Gefallen bitten. Wenn Sie mir den erfüllen könnten?«
»Natürlich, Mr Sattersway! Ich bin Ihnen so dankbar!«
»Ich möchte, dass Sie zu mir kommen, möglichst sofort.«
Es folgte eine kurze Pause, und dann antwortete sie ruhig: »Ich komme sofort.«
Mr Sattersway legte den Hörer auf.
Schnell und ärgerlich sagte Miss Glen: »Ging es um das Bild, über das wir sprachen?«
»Ja«, sagte Mr Sattersway, »und die Dame, der ich es schenke, wird in wenigen Minuten herkommen.«
Plötzlich erstrahlte Aspasia Glens Gesicht in einem neuen Lächeln.
»Geben Sie mir die Chance, dass ich sie zu überreden versuche, mir das Bild zu überlassen?«
»Ich gebe Ihnen die Chance, sie zu überreden.«
Innerlich war er seltsam erregt. Er befand sich im Mittelpunkt eines Dramas, das wie von selbst einem vorbestimmten Ende zustrebte. Er, der Zuschauer, spielte eine Hauptrolle. Er wandte sich an Miss Glen. »Wollen Sie mich bitte hinüberbegleiten? Ich würde Sie gern mit meinen Freunden bekannt machen.«
Er hielt ihr die Tür auf, und nachdem sie die Diele durchquert hatte, öffnete er die Tür
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